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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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Holzschutzmittel, das heute meines Wissens nicht mehr verkauft wird, sondern auch der Spitzname eines unserer ehemaligen Mitarbeiter.
    Er war auf Empfehlung unseres finanzkräftigen Besitzers Wilhelm P. zu mir gekommen. Angeblich hatte der Xylamon ihm in seinem ehemaligen Job als Bankangestellter einmal aus der Patsche geholfen. Die Anstellung hat er dann aus irgendwelchen Gründen verloren und sollte nun bei mir Arbeit bekommen. Wir hatten genug zu tun, also drückte ich ihm einen Pinsel und einen Eimer Holzschutzfarbe in die Hand und deutete auf einen kurzen Zaun von etwa 5 Meter Länge neben unserem Bahnhof. Diesen Zaun sollte er anstreichen.
    Weil er Xylamon hieß?
    Nein, da hieß er noch anders.
    Aber gleich heißt er Xylamon?
    Ja, gleich heißt er Xylamon, pass auf.
    Der Mann mit dem zukünftigen Spitznamen Xylamon legte also los, und ich ging ins Büro. Als ich mich ein paar Stunden später daran erinnerte, ging ich rüber zum Bahnhof, um nach dem Xylamon zu sehen.
    Nach der Person oder nach dem Holzschutzmittel?
    Nach der Person.
    Aber die hieß doch noch gar nicht …
    Hör halt zu.
    Als ich dort ankam, war kein Xylamon mehr da.
    Wo war er denn?
    Herrgottsakra, der Xyl…, der Typ war schon noch da! Aber das ganze Xylamon war weg! Dafür war aber der Zaun nur bis zur Hälfte angestrichen.
    Die Eimer waren alle offen und lagen verstreut herum. Außerdem waren sie leer. Der Grund dafür war, dass mein Aushilfsanstreicher leider ein Alkoholiker war und …
    Der heißt doch jetzt bitte nicht Xylamon, weil er fünf Eimer Holzschutzmittel ausgesoffen hat!
    Schmarrn! Außerdem wär er dann sofort tot umgefallen. Das Zeug ist brutal giftig.
    Also das … ich meine der Xylamon lag besoffen neben dem Zaun, und fünf Eimer giftiges Holzschutzmittel waren im Boden versickert. Ich hab gedacht, ich dreh gleich durch. Wir haben dann versucht, so gut es ging, die Erde abzutragen, bevor das Zeug ins Grundwasser geht. Eine Plackerei war das bei der Hitze, einfach nur brutal. Und der Xylamon …
    … wurde dann den Umweltregularien entsprechend entsorgt.
    Nein! Ich meine, ja, wir haben das Xylamon entsorgt, natürlich nicht den Xylamon. Aber der …
    … hatte jetzt endlich seinen Namen.
    Richtig. Der lag seelenruhig neben dem halb angestrichenen Zaun, um seinen Rausch auszuschlafen, während wir das verseuchte Zeug ausgegraben und weggeschafft haben.
    Weil ich ihn aber nicht sofort wieder feuern konnte, wurde der Xylamon schließlich der erste Banker unserer No Name City National Bank.
    Zu doof, um einen Zaun anzustreichen, aber für einen Job in der Bank reicht’s.
    So gesehen, ja.
    Dazu muss ich erst einmal erklären, warum wir überhaupt eine Bank hatten: Um innerhalb von No Name City irgendetwas kaufen oder bezahlen zu können, mussten alle Besucher Geld in unsere Währung »Nuggets« umtauschen. Das hatte viele Vorteile. Zum einen waren diese Scheine außerhalb von No Name City vollkommen wertlos, was die Diebstahlgefahr deutlich reduzierte, und zum anderen war die Abrechnung für unser Servicepersonal natürlich denkbar einfach. Außerdem waren die Gäste schon etwas spendabler, wenn sie nicht ihr eigenes Geld aus der Brieftasche ziehen mussten, sondern unser »Spielgeld«.
    Die Nuggets waren ziemlich fälschungssicher, und auch die Betreiber der Läden in No Name City haben mit mir in Nuggets abgerechnet. Das war als Kontrollsystem recht erfolgreich, wir konnten beim Rücktausch gleich die Pacht abziehen.
    Der Nachteil war nur, dass man dauernd anstehen musste, um zu wechseln.
    Ja, weil die Gäste am Anfang ihres Besuchs meistens zu wenig gewechselt hatten. Wenn die Nuggets dann aufgebraucht waren, sind sie natürlich alle erst einmal zurück in die Bank gerannt.
    Dafür hatten wir im Saloon eine Durchreiche zur Bank installiert. Und damit zurück zum Xylamon. Bei ihm wechselten die Gäste also ihre Deutsche Mark in unsere Nuggets. Und wie das so ist in einem Saloon, hatten die Gäste vor allem an den Abenden dabei auch mal ein Bierglas in der Hand. Das konnte man dann auf der kleinen Theke an der Durchreiche abstellen, damit man mit beiden Händen das Geld abzählen und die Nuggets in Empfang nehmen konnte. Und weil man beim Geldzählen meistens recht konzentriert ist, war das gleichzeitig die Chance für den Xylamon.
    Um sie beim Wechseln zu bescheißen!?
    Schmarrn, ihr Bier hat er ausgesoffen und das Glas leer wieder hingestellt.
    Das darf nicht wahr sein …
    Freilich. Ich hab’s doch selbst

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