Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
mürrisch zu Boden gerichtetem Tunnelblick die Mainstreet entlangstapfen, weil er mal wieder auf irgendeinem Problem herumkaute, aber er war immer da, immer zuverlässig und immer freundlich zu den Gästen. Bis auf ein einziges Mal …
Ich weiß, was du meinst! Da gibt’s auch ein Foto!
Genau, das mein ich. Kannst du das raussuchen? Dann packen wir es in den Bildteil vom Buch.
Das müssen wir finden, das ist eins der besten Bilder.
Bitte blättern Sie jetzt noch nicht vor in den Bildteil. Warten Sie noch! Danke.
Vor dem Saloon stand ein großer Wasserbottich, wie sich das gehörte, wenn das Hauptverkehrsmittel aus »Pferd« bestand. Und wenn es mal wieder besonders heiß war, konnte man schon der Idee verfallen, sich in der Jacuzzi-förmigen Wanne wohlig abzukühlen. Sobald aber irgendeiner der Gäste auf diese gloriose Idee kam und sie dann johlend in die Tat umsetzte, dauerte es nicht lange, und die Situation geriet außer Kontrolle. Innerhalb weniger Minuten war der Bottich voll mit Menschen, das Wasser pritschelte in den Sand und degenerierte unsere Stuntshow zu profanem Schlammcatchen. Außerdem war der Behälter voll mit großen glitschigen Steinen, was immer wieder zu Verletzungen führte, und zu guter Letzt hatten unsere Pferde dann auch keine Tränke mehr vor dem Saloon.
Also wiesen wir immer mal wieder mehr oder weniger höflich darauf hin, dass die Pferdetränke kein Erfrischungsbad darstellte und solcherlei Zweckentfremdung nicht geduldet werden konnte.
Bitte blättern Sie immer noch nicht vor, auch wenn Sie jetzt schon wissen, dass Sie nach einem Bild mit Wasserbottich suchen müssen! An dem Tag, von dem ich berichten will, wurde der Volker beim Verlassen des Saloons eines Mannes ansichtig, der seinen überhitzten Leib samt Kopf just mit einem seligen Grinsen im kühlen Nass der Pferdetränke versenkte.
Volker trat an die Tränke heran und wartete notgedrungen, bis der Kerl wieder auftauchte. Prustend und lachend brach er da auch schon durch die Oberfläche und spuckte feixend einen Wasserstrahl auf seinen Kumpel, der ihm gegenüber stand. Der ließ sich nicht lumpen, und bevor Volker dazwischenrufen konnte, war auch er schon kopfüber im Bottich untergetaucht.
Abermals wartete Volker, bis die beiden wieder Oberwasser hatten, und hub dann umso bellender an zu sprechen, dass dieser Behälter keine Badewanne sei.
Die zwei Typen kippten sich gegenseitig Wasser über den Kopf, spritzten fröhlich ihre anderen Kumpel nass und lachten dabei laut. Volker, der direkt hinter ihnen stand, ignorierten sie dabei so absolut, wie man nur was ignorieren kann – also völlig.
»Hallo!«, rief Volker, »das ist keine Badewanne! Hallo! Hey!« Die zwei frechen Heinis nahmen aber einfach mal so gar keine Notiz von ihm und lachten nur noch lauter. Volker atmete tief durch. Dann versuchte er es noch einmal. Diesmal deutlich forscher.
»Hier gilt das Hausrecht! Ihr steigt jetzt sofort da raus oder ihr verlasst umgehend den Park!«
Plansch, plansch, spritz, kicher, kicher.
»HEY! RAUS DA! SOFORT!«
Blubb, kicher, kicher, feix, feix.
Es folgte der Moment, wo sich in Volker die Fassungslosigkeit Bahn brach. So unverschämt hatte ihn noch nie jemand ignoriert. Was also sollte er tun? Die beiden an den Haaren herauszerren? Einen Alarm in die Luft ballern und die Kollegen zu Hilfe rufen? Wegen zweier Wildplanscher?
Und exakt in dem Moment, als Volker die ratloseste aller ratlosen Gesten machte – das große Achselhochziehen mit ausgestreckten Armen und nach oben gedrehten Handflächen plus entsprechendem Gesichtsausdruck –, muss wohl jemand auf den Auslöser seines Fotoapparats gedrückt haben. Des Schicksals glückliche Fügung ließ es zu, dass das Foto die Zeit überdauerte und uns und Ihnen nun im Bildteil dieses Buches vorliegt. Jetzt sollten Sie das Foto mal in Augenschein nehmen und dann wieder hierher zurückkehren. Bis gleich.
…
Des Rätsels Lösung ahnen Sie vielleicht schon. Hätte Volker nicht hinter, sondern vor den beiden gestanden, wäre ihm vielleicht Erfolg beschieden gewesen. So aber sahen die zwei Badebuben ihn nicht und konnten folglich auch nicht von seinen Lippen ablesen. Das wäre aber dringend nötig gewesen, denn die beiden waren taubstumm.
Wir haben sie dann natürlich nicht rausgeschmissen.
Weil du dank ihnen jetzt so ein tolles Foto hast?
Richtig.
Kapitel 26: Der Xylamon
oder: Was alles so versickert
Von Heinz Bründl
X ylamon ist nicht nur ein giftiges
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