Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
der ganzen Zeit in No Name City hab ich ihm zu verdanken. Er stand eines Abends mitsamt seinem Pferdegesicht und dem Buckel an der Bar im Saloon, und ich war in der Nähe. Nicht zu nah an ihm dran, begreiflicherweise, aber nah genug, um zu hören, wie ihn ein Typ anspricht, der sich gerade an der Bar ein Bier holt. »Mei, bist du greislig …«, sagte der zum Undertaker und wühlte dann in seiner Brieftasche.
Ich dachte noch, der will ihm jetzt einen Drink spendieren oder so was. Aber da holte er doch glatt einen Geldschein raus, drückte ihn dem Undertaker in die Hand und sagte: »Du bist so eine arme Sau, da hast hundert Mark.« Nahm sein Bier und ging.
Ich dachte, ich brech’ zusammen. So was sieht man nicht einmal im Kino, weil einem das schon im Film zu übertrieben vorkommt. Und ich war live dabei, unfassbar.
Leider hat er sich dann die Zähne richten lassen. Das war wirklich schade.
Schade für dich vielleicht …
Na logisch für mich. Für ihn war’s super! Er hat dann recht schnell eine Freundin gefunden.
Hat die dann auch im Sarg übernachtet?
Ja, ab und zu.
Warum frag ich …
Viel Platz haben sie ja beide nicht gebraucht und, ich sag mal so, die haben eher selten nebeneinandergelegen.
Die beiden waren dann so glücklich, dass man mir meinen besten, echtesten, greisligsten Undertaker glatt weggeheiratet hat. Irgendwie find ich das heut noch unglaublich. Und schade.
… aber dann denkst du an die Socken …
… und dann bin ich eigentlich ganz froh, ja.
Kapitel 28: Duell am Samstag
oder: Wie deppert kann man sein
Von Tommy Krappweis
I ch habe mich ja an anderer Stelle schon genug und mit viel Hingabe darüber ausgelassen, wie unfassbar saudumm ich war.
Jetzt nicht generell, sondern in einem ganz bestimmten Bereich. Na ja, vielleicht auch in mehreren Bereichen, aber für dieses Buch ist eben nur der eine Bereich relevant: Ich schreie immer viel zu schnell: »Hier, ich, ich, ich mach’s!«
Diese Eigenschaft teilte ich mir in No Name City mit Robert Böhnlein, mir damals nur bekannt als »Long John«. Auch Long John war schnell zu begeistern, weil er immer Lust hatte, irgendwas zu machen. Die meisten anderen Kollegen waren da etwas weiser. Sie waren eben auch viel erfahrener. Hermann Nehmdahl und Volker Keller zum Beispiel hatten jahrzehntelange Zirkuserfahrung, genau wie Peter Bento. Mehmet und Nello waren vorher in anderen Freizeitparks beschäftigt gewesen, und sie alle wussten sehr genau, dass man mit Angeboten für zusätzliche Aktionen vorsichtig sein musste. Im schlimmsten Fall gefiel es nämlich. Und dann musste man das von nun an regelmäßig durchziehen. Das war Long John und mir zwar schon klar, aber wir konnten einfach nicht an uns halten.
Ich fand das immer gut, wenn ihr was gemacht habt.
Wir eigentlich auch, irgendwie. Aber in dem Fall …
Du warst doch selber schuld.
Ich weiß, Heinz. Ich weiß …
Immerhin hatten wir das Glück, dass uns die Idee an einem Samstagabend kam. Wäre uns das unter der Woche passiert, hätten wir von da an täglich unter der Idee gelitten. Ich glaube, ich muss jetzt mal erklären, um was es eigentlich ging. Es geht um ein Duell.
Schon von Beginn an hatte es mir nicht so richtig getaugt, dass der Banküberfall über Lautsprecher anmoderiert wurde. Natürlich war mir auch klar, dass dies ein Ding der Notwendigkeit war. Die Leute mussten Platz machen und hinter die Absperrung treten, die wir zwischen den Pfosten spannten, Fotoapparate mussten ebenso wie unsere Waffen geladen und dicke Kinder mit Eis nach vorne geschoben werden.
Ich fragte mich immer wieder, ob die Kinder in der Reihe dahinter es wirklich zu schätzen wussten, dass ihre Eltern zum Drängeln zu höflich waren. Schließlich glotzten sie dank deren Umgangsformen nicht auf ballernde und purzelnde Cowboys, sondern auf die massigen Hüften ihres Vordermanns. Ich schweife ab.
Ich hätte es auf jeden Fall viel großartiger gefunden, wenn die Bankräuber urplötzlich aufgetaucht wären, das ein oder andere dicke Kind mit dem Gesicht in sein Eis gedrückt und sich dann mitten zwischen den Leuten ein Feuergefecht mit den Sheriffs geliefert hätten. Dass das nicht praktikabel war, leuchtete mir zwar intellektuell ein, emotional wollte ich mich damit aber nicht abfinden, und es ließ mir keine Ruhe.
Irgendwann formte sich dann so etwas wie eine Idee in meinem Hirn, und ich wusste, ich brauchte nur noch drei Dinge: Kollaborateure, Schminke und Patronen.
Ich fand alles innerhalb
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