Vier Frauen und ein Mord
Poirot neugierig.
»Bloß die übliche Geschichte einer nicht ganz einwandfreien Vergangenheit. Sie ist ein Taxigirl gewesen – und ein lebenslustiges Mädchen mit vielen Freunden! Sie war gar keine Kriegswitwe, als sie sich hier in Broadhinny niederließ. Nur, was man heute eine ›Lebensgefährtin‹ nennt. Nun, das hätte natürlich einem steifen Konservativen wie Guy Carpenter nicht gefallen; so hatte sie ihm eine ganz andere Geschichte erzählt. Und sie war toll vor Angst, dass alles herauskommen würde, wenn wir einmal anfingen, in der Vergangenheit der Leute herumzugraben.«
Er trank einen Schluck Kaffee, dann lachte er leise vor sich hin. »Und dann die Wetherbys. Ein düsteres Haus. Hass und Bosheit. Und was steckt dahinter? Nichts Düsteres. Bloß Geld. Einfach Pinkepinke.«
»So einfach ist das!«
»Deirdre Henderson hat das Geld – eine ganze Menge. Hat’s von einer Tante geerbt. So hält die Mutter sie in einem eisernen Griff, damit sie nicht heiratet. Und der Stiefvater hasst sie, weil sie das Moos hat und die Rechnungen bezahlt. Er selbst hat bei allem, was er versucht hat, versagt. Ein übler Kerl – und Mrs Wetherby, die ist reines Gift in Zuckerlösung.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung.« Poirot nickte zufrieden. »Es ist ein Glück, dass das Mädchen Geld hat. Da kann man ihre Heirat mit James Bentley so viel einfacher zustande bringen.«
Kommissar Spence blickte überrascht auf.
»Sie heiratet James Bentley? Deirdre Henderson? Wer sagt das?«
»Ich sage das. Ich beschäftige mich mit dieser Angelegenheit. Jetzt, da unser kleines Problem gelöst ist, habe ich wieder zu viel Zeit. Ich werde mich damit beschäftigen, diese Heirat zu fördern. Bisher haben die beiden Betroffenen noch keine Ahnung. Aber sie mögen einander. Wenn man sie allein ließe, würde nichts geschehen – aber sie haben es mit Hercule Poirot zu tun. Sie werden sehen! Die Sache wird funktionieren.«
Spence grinste.
»Ihnen macht’s wohl nichts aus, wenn Sie Ihre Nase in die Angelegenheit anderer Leute stecken, wie?«
»Mon cher, aus Ihrem Munde klingt das nicht sehr gut«, sagte Poirot vorwurfsvoll.
»Ah, da haben Sie mich geschnappt. Aber der James Bentley, das ist doch ein armseliger Wurm.«
»Gewiss ist er ein armseliger Wurm. Augenblicklich ist er tief betrübt, dass er nicht gehängt wird.«
»Der sollte vor Dankbarkeit vor Ihnen auf den Knien liegen«, sagte Spence.
»Sie sollten lieber sagen, vor Ihnen. Aber er ist offenbar anderer Meinung.«
»Komischer Bursche.«
»Wie Sie sagen. Und doch sind zumindest zwei Frauen bereit, sich für ihn zu interessieren. Die Natur ist oft recht überraschend.«
»Ich dachte, Sie würden ihn mit Maude Williams zusammentun.«
»Er wird selbst wählen«, beschied Poirot. »Er soll – wie sagt man doch – den Apfel zuteilen. Aber ich glaube, er wird Deirdre Henderson wählen. Maude Williams ist zu energisch und lebenslustig. Da würde er sich noch tiefer in sein Schneckenhaus zurückziehen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, warum eines dieser beiden Mädchen ihn haben möchte.«
»Die Wege der Natur sind wirklich unerforschlich.«
»Na, aber Sie haben ein ganz schönes Stück Arbeit vor sich. Erst müssen Sie ihn an den Start bringen, dann müssen Sie die Henderson von ihrer giftmäuligen Mutter loseisen, und die wird sich mit Zähnen und Krallen wehren!«
»Der Erfolg liegt bei den großen Bataillonen!«
»Bei den großen Schnurrbärten, wollen Sie wohl sagen!«
Spence lachte laut auf. Poirot streichelte behaglich seinen Schnurrbart und schlug vor, sie sollten einen Kognak trinken.
»Dagegen habe ich gar nichts, Monsieur Poirot.«
Poirot bestellte.
»Ach«, sagte Spence, »ich wusste, dass ich Ihnen noch etwas erzählen wollte. Erinnern Sie sich an die Rendells?«
»Natürlich.«
»Nun, wir haben auch ihn überprüft. Und da haben wir etwas recht Eigenartiges erfahren. Als seine erste Frau in Leeds starb, wo er damals seine Praxis hatte, bekam die Polizei dort ein paar recht üble anonyme Briefe über ihn, in denen behauptet wurde, er hätte sie vergiftet. Natürlich sagen Leute so etwas manchmal. Sie war von einem anderen Arzt behandelt worden, einem Mann mit bestem Ruf, und der hielt ihren Tod für völlig einwandfrei. Man hatte keinen anderen Anhaltspunkt als die Tatsache, dass die beiden ihr Leben zugunsten des Ehepartners hoch versichert hatten, und das ist ja eigentlich ganz normal… Soweit nichts, woran man sich halten könnte, wie ich schon
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