Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
jeder wissen, welche Rolle ihm in dieser Angelegenheit zukommt.« Er legt eine theatralische Pause ein, setzt sich auf den einzigen Sessel, der noch frei ist, und kramt in seinem Aktenkoffer. »Als da wären: der Spieler, sein Agent« – er zeigt jeweils auf die entsprechende Person –, »die hypothetischen Käufer und der Vertreter der Verkäuferin.« Bei Letzterem zeigt er auf sich selbst.
»Was? Was sagst du da?« Rusos Stimme überschlägt sich fast, aber Fernando achtet nicht auf ihn, weil er zu begreifen beginnt und ein eisiger Schmerz sich in ihm breitmacht, eine brutale Enttäuschung. Von seinem Platz aus kann er die Unterschriften des Schreibens erkennen, das Mauricio gerade aus dem Aktenkoffer geholt hat. Eine dieser Unterschriften kennt er in- und auswendig.
»Ansonsten hat hier niemand was zu suchen, der zwar guten Willens sein mag, aber nur die Verhandlungen stört. Um ein Beispiel zu nennen«, sagt er und richtet sich direkt an Salvatierra: »Der Preis, über den hier verhandelt wird, deckt sich nicht mit unserem Erwartungshorizont.«
»Unserem? Wer ist uns?« Ruso erhebt sich etwas aus seinem Sessel. »Wer, verdammt?«
Mauricios Gesichtsausdruck wird hart, als würde er die Kiefer stark zusammenpressen.
»Das will ich gern klarstellen«, sagt er, streckt Salvatierra die Papiere hin und fordert ihn mit einer Geste auf, sie an die Araber weiterzureichen. »Señora Margarita Nuñez de Raguzzi, die rechtmäßige und einzige Inhaberin der Transferrechte an dem Spieler Mario Juan Bautista Pittilanga, ist meine Mandantin.«
»Mag ja sein«, räumt Salvatierra ein, »aber Margarita hat die Vollmacht zu gleichen Teilen an euch drei übertragen.«
»Hatte«, schneidet ihm Mauricio das Wort ab, »hatte.«
Wieder legt er eine Pause ein, die noch theatralischer ausfällt als die vorigen, und tippt mit dem Zeigefinger auf das Schreiben, dessen Unterschrift Fernando bereits gesehen hat, was dazu führt, dass er nicht nachfragt, nicht zweifelt, ja nicht einmal hasst.
»Mit diesem Schreiben«, fährt Mauricio fort, »das ihr euch gern genau durchlesen könnt, überträgt sie mir als Vertreter der Kanzlei Williams & Co. die alleinige Vollmacht. Und diese Vollmacht«, fügt er hinzu und trommelt rhythmisch mit dem Zeigefinger auf die erste Seite, »setzt die bis dahin gültige Vollmacht außer Kraft.«
Eine Weile hört man noch, wie der Übersetzer die letzten Sätze dieser irrsinnigen Szene übersetzt. Dann tritt Stille ein. Salvatierra nimmt den Vertrag und liest.
»Es stimmt. Hier wird dir das alleinige –«
»Und das da ist die Aufhebungsklausel.«
Salvatierra liest die Stelle, auf die Mauricio zeigt. Dann legt er den Vertrag zurück auf den Tisch.
»Stimmt auch«, bestätigt er.
»Von wann ist diese neue Vollmacht?«, fragt Ruso, dessen Gesicht rot angelaufen ist.
Salvatierra blättert zur letzten Seite. »Von gestern.«
»Ich kapier gar nichts mehr, Polaco«, meldet sich Pittilanga, der bis dahin kein Wort gesagt hat.
»Ich auch nicht«, schließt sich Ruso an. »Und ehrlich gesagt macht es mich ganz nervös, dass –«
»Da gibt es nichts zu verstehen«, fällt ihm Fernando ins Wort, der eine seltsame Kälte verspürt, eine Distanz, eine Betäubung, als hätte er schon immer gewusst, dass es einmal so enden würde. »Oder doch. Mauricio hat meine Mutter überredet, eine neue Vollmacht zu unterzeichnen, die die alte außer Kraft setzt. Und mit dieser neuen Vollmacht ist er der Einzige, der Verhandlungen führen darf. Wir sind raus aus der Sache.«
»Was? Wieso?«, fragt Ruso alle und niemanden, mit einem Gesicht, das sich inzwischen dunkelrot gefärbt hat.
»Ich schlage vor, du beruhigst dich erst mal«, hebt Mauricio an.
»Und ich schlage vor, du hältst deine Fresse«, entgegnet Fernando. »Sprich ja nie wieder mit ihm. Nie wieder.«
Mauricio presst die Zähne aufeinander und sieht weg. Fernando wiederum starrt den Tisch an.
»Irgendwie hat dein Freund Mauricio meine Mutter davon überzeugt, dass ich dabei war, ein schlechtes Geschäft zu machen. Und dass sie uns die Vollmacht entzieht, damit er die Sache in die Hand nehmen kann. Er und sein Chef, dieses Arschloch.«
»Sein Chef?«
»Hast du nicht gehört? Williams, sein Chef.«
»Was hat der denn damit zu tun? Wir drei kriegen es nicht hin, den Jungen zu verkaufen, und plötzlich glaubt er, dass er es allein schafft?«
»Nicht ganz«, erklärt Fernando, der immer klarer sieht, was vor sich geht. »Marios Ausleihe endet bald. Er
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