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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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nach hinten gegelt, perfekte Rasur. Wären da nur nicht die zwei, drei Stellen, an denen er sich geschnitten hat, wahrscheinlich aus Nervosität. Ein Schiffbrüchiger, der seine letzte Leuchtrakete abschießt, während das letzte Schiff vorüberfährt.
    Dann hat Salvatierra gesagt, was er zu sagen hat, und wartet nun seinerseits (alle warten: Ruso, Pittilanga, Cristo, alle außer ihm, der sich kaum aus seinem Knäuel aus Vorahnungen und Zweifeln befreien kann), bis der Präsident von Al-Shabab zu Ende gesprochen und der Mann zu seiner Rechten übersetzt hat.
    »Señor Zalhmed sagt, er findet die Summe von vierhunderttausend Dollar ein wenig zu hoch. Trotz der unbestreitbaren Qualitäten von Mister Pittilanga.«
    Als der Übersetzer eine Pause macht, sieht Fernando verstohlen zu Ruso rüber und findet bestätigt, was er schon vermutet hat: Ruso sieht mit glänzenden Augen zu Cristo, kann sein Lachen kaum unterdrücken, wäre am liebsten damit herausgeplatzt, weil er dieses »Mister Pittilanga« so urkomisch findet. Und Cristo erwidert diesen Blick mit einem schelmischen Grinsen.
    »Deshalb bietet Al-Shahab eine Summe von zweihundertfünfzigtausend Dollar für den Transfer des Spielers.«
    Fernando spielt mit seiner leeren Tasse, weil er die anderen nicht ansehen will. Welch ein Glück, dass es Salvatierra ist, der ein »Das ist noch zu wenig«-Gesicht aufsetzen muss, der dagegenhalten muss, um die Summe nach oben zu treiben. Soll er sich seine Kommission verdienen, der Blödmann. Fernando hätte sich am liebsten verzogen.
    In diesem Moment beginnt Rusos Handy, das auf dem großen Tisch liegt, kleine Hüpfer zu machen. Nach einigen Hüpfern setzt der Klingelton ein: »Bombón asesino«. Und wird zu allem Überfluss von Sekunde zu Sekunde lauter. Salvatierra gerät aus dem Konzept, und die Araber sehen das Handy an, als wäre es ein abstoßendes Insekt. Ruso fährt seinen Arm aus, schnappt es sich und hält es sich vor die Nase, um nachzusehen, wer ihn da anruft. Fernando hätte ihn am liebsten umgebracht dafür, dass er so unfähig ist, so augenblicksverhaftet, so zerstreut, dass er überhaupt nicht kapiert, dass er das Ding ausschalten muss. Stattdessen sieht ihn Ruso entgeistert an, will ihm offenbar etwas mitteilen, was er aber nicht kapiert, steht auf und zieht sich in eine Ecke des Saals zurück, um den Anruf anzunehmen. Fernando hat wieder dieses ungute Gefühl, dass sich die Wirklichkeit in zwei Teile teilt, wie auf einem Fernsehbildschirm, wenn beim Kampf um die Meisterschaft zwei Partien simultan übertragen werden. Wieder diese blöde Fußballmetapher. Einerseits ist da Salvatierra, der den Faden wieder aufnimmt und seine Argumente wiederholt, um zu rechfertigen, dass Mario Juan Bautista Pittilanga die vierhunderttausend Dollar wert ist – oder wenigstens dreihundertachtzigtausend; andererseits ist da Ruso, der wie ein bestrafter Schüler in der Ecke steht (ein Schüler von vor fünfzig Jahren, denn heutzutage wird man nicht mehr zur Strafe in die Ecke gestellt), mit dem Gesicht zur Wand, und leise flüstert. Und wie bei dem zweigeteilten Bildschirm versteht Fernando rein gar nichts, weder das auf der rechten noch das auf der linken Seite, weder Salvatierra, der den Arm der Araber fast auf den Tisch gedrückt hat, noch Ruso, der wie eine Vase in der Ecke steht.
    Zum Glück beendet Ruso das Gespräch (zum Glück ist nicht der richtige Ausdruck, denn das Gesicht, das er macht, als er sich ihnen wieder zuwendet, das Handy zuklappt, Fernando ansieht, verheißt nichts Gutes, aber wenigstens hat die Schizophrenie des zweigeteilten Bildschirms ein Ende) und setzt sich wieder hin. Er setzt sich und kratzt sich am Kopf, aber nicht wie jemand, den es juckt, sondern wie jemand, der sich die Haare raufen will, sich aber vor fremden Leuten nicht traut. Fernando erkennt trotz der Hand im Gesicht, dass Ruso Tränen in den Augen hat. Er will schon aufstehen und zu Ruso gehen, da holt der einen Kugelschreiber heraus, reißt ein Blatt aus einem Heft, kritzelt einige Worte darauf und schubst es über den Tisch in seine Richtung. So stark schubst er es, dass das Blatt an einer Kante abhebt, so dass Fernando es einfangen und wieder auf den Tisch drücken muss.
    Fernando liest: Das war Williams. Hat angekündigt, dass Mauricio kommt. Wir sollen das Treffen unterbrechen, erst weitermachen, wenn er da ist. Es steht noch etwas auf dem Zettel, aber Fernando hebt den Blick und sieht Ruso an, weil er nicht versteht, wie Williams dazu

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