Vier Mäuse und ein Todesfall
Als er ins Bett kroch, drehte sie sich zu ihm herum, und er sagte ihr, alles sei gut.
Tucker, die immer gern ganz nah bei Harry war, sagte: »Er wird bald aufwachen.«
Harry sah zu dem kleinen Hund hinunter, den sie so liebte, und lächelte. Obwohl sie keine Ahnung von Tuckers Vorhersage hatte, kniete sie sich hin, gab ihrer Freundin einen Kuss und ging dann wieder in die Küche.
Tucker wusste wirklich, wann Fair aufwachen würde. Wenn seine Haut sich abkühlte oder erhitzte, witterte der Hund Veränderungen in seinem Geruch. Unabhängig von der Jahreszeit erwachte Fair immer leicht schwitzend.
»Wieso hast du Rindfleisch gekriegt?« Pewter ließ sich von Harrys Rückkehr in die Küche nicht stören.
»Weiß ich doch nicht. Wieso hast du Hühnchen gekriegt?« , erwiderte Mrs. Murphy ihrer quengelnden Freundin.
»Ich will was von deinem abhaben.«
»Bedien dich, Pewter.« Die Tigerkatze trat von ihrem Napf zurück, und Pewter stürzte sich darauf.
»Hey! Hey, was machst du da?« , kreischte die graue Katze, den Mund so voll, dass sie Futter auf die Anrichte fallen ließ.
»Du isst mein Futter. Ich ess deins.«
»Ich hab nicht gesagt, du darfst mein Hühnchen essen!«
So früh es auch war, Mrs. Murphys Geduldsfaden war schon hauchdünn. Sie holte aus und versetzte Pewter einen kräftigen Hieb – und zwar mit ausgefahrenen Krallen.
Pewter, nicht feige, stellte sich zum Boxen auf die Hinterbeine. Böse Wörter fielen. Keine Katze wollte klein beigeben. Fellbüschel flogen auf die Küchenanrichte.
Harry gab ihnen das Frühstück da oben, weil Tucker das Katzenfutter stibitzen würde, sobald Harry ihr den Rücken zukehrte. So brav Tucker auch war, sie liebte Katzenfutter. Es enthielt einen höheren Fettanteil als Hundefutter. Abends dagegen war es anders. Die drei Tiere bekamen ein leichtes Futter alle zusammen auf dem Küchenfußboden, weil Harry in der Küche blieb und kochte. Morgens hatte die hübsche Frau überall im Haus zu tun.
Jetzt sah es hier nach einem Fellsturm aus.
»Schluss jetzt!«
Die Kämpfenden ignorierten Harry.
Fair, mit einem Handtuch um die Mitte, Strubbelhaaren, Pantoffeln an den Füßen, kam hereingetaumelt. »Himmel, das hört sich ja an wie im Wildkatzenhaus im Zoo.«
»Ich bin ein Löwe.« Pewter versetzte Mrs. Murphy einen Seitenhieb, worauf die Tigerkatze sich blitzschnell umdrehte.
»Ein Fettlöwe!« , höhnte Mrs. Murphy.
Der Kampf eskalierte. Harry griff sich den Küchenbesen, fegte über den Boden, erwischte die Tigerkatze unterm Hintern und schob sie aus der Tür auf die Veranda.
Pewter stürmte Mrs. Murphy nach, doch Harry erwartete sie schon mit dem Besen in der Tür. Pewter knallte dagegen.
»Ha!« Mrs. Murphy lachte hämisch.
Wieder auf den Beinen, sprang Pewter über das Besenunterteil. Mrs. Murphy schoss aus dem Tiertürchen der Veranda. Pewter wurde von der zurückschwingenden Klappe getroffen und fiel rücklings um. Das erzürnte die graue Katze dermaßen, dass sie spuckte wie ein Lama.
Verblüfft über die Heftigkeit des Streits, setzte Tucker sich aufs Hinterteil.
Sogar Fair war baff. Er ging zur Fliegentür.
Harry trat zu ihm. »Die sind komplett plemplem.«
»Ich geh nicht raus, sie trennen« , erklärte Tucker.
Die zwei Katzen rannten in großen Kreisen. Dann rannten sie durch den Stall. Die Pferde auf der Weide hörten auf zu fressen, um sich das Katzen- NASCAR -Rennen anzugucken.
Shortro, noch Heu im Maul, sagte: »Ich wusste gar nicht, dass Katzen so schnell laufen können.«
Tomahawk schüttelte den grauen Kopf. »Besonders die dicke.«
»Dicke« gab Pewter den Rest. Schließlich wurde sie langsamer. Mrs. Murphy setzte sich etwa dreißig Meter von ihr entfernt auf einen Zaunpfahl. Sie funkelten einander grimmig an.
Pewter kreischte aus vollem Halse: »Ich hasse dich. Ich hasse euch alle. Ich hasse die ganze Welt!«
Sie machte kehrt und stapfte entschlossen mit schwerem Schritt Richtung Haus. Am Walnussbaum machte sie eine Verschnaufpause und erblickte Matilda, die am Schwanz hängend zu Pewter hinuntersah.
»Mich hasst du nicht, oder?« Die Kletternatter lachte boshaft.
Pewter machte den Mund auf, brachte aber keinen Ton heraus. Im Turbogang sauste sie ins Haus, wo sie mit Fair zusammenstieß, dem das Handtuch herunterfiel.
»Apropos komplett plemplem.« Harry legte die Hand auf den Mund und lachte so hemmungslos, dass sie Seitenstechen bekam.
»Ich bin nicht plemplem.« Er lachte auch.
»Was mich freut.« Sie gab ihm das Handtuch,
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