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Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
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dass mir der Geruch des Krankenhauses vertraut und angenehm war. Dafür, dass in der Portierloge kein Fremder saß, sondern ein Mensch, den ich schon lange kannte. Dafür, dass Hannes, mein Clownkollege und Freund, wartend am Eingang stand und mir einen Becher Kakao vom Automaten entgegenhielt.
    Der Becher Kakao vor dem Auftritt, mein ganz persönliches Ritual.
    Dankbar nehme ich einen Schluck.
    Wie immer. Nein – wie früher .
    Zitternd umklammere ich den Becher. Als könnte ich dadurch die Zeit festhalten. Eine Lebenszeit, die gerade dabei ist, mir zu entgleiten.

    Der allgegenwärtige Geruch von Desinfektionsmittel. Kakao in meinem Mund. Die Stimme meines Kollegen im Ohr. Ein Verhaltenspsychologe hätte seine Freude an mir gehabt. Wie bei einem Pawlowschen Hund regten sich eingeschliffene, alltägliche Reflexe, Resultate einer intensiven Prägung durch die langjährige Arbeit im Krankenhaus.
    Im Spital wird gelacht. Im Spital habe ich gute Laune. Im Spital ist es schön.
    Es gab Zellen in meinem Körper, die sich tatsächlich daran erinnerten, während ich vor dem Operationssaal saß und auf die Notärztin wartete.
    Mein Gehirn entsann sich der Tausenden Male, da ich von schwer kranken Kindern mit einem Lächeln beschenkt worden war. Der Momente, in denen ich auch den verzweifelten Eltern der Kinder auf der Intensivstation ein Fünkchen Lebensfreude hatte schenken dürfen.
    Für den Clown, den ich in diesen Räumen gespielt hatte, war alles Krankenhaustypische ein Anlass zu ansteckender Begeisterung gewesen. Das Weiß des Krankenzimmers: schön wie frisch gefallener Schnee. Das Desinfektionsmittel: ein herrlich duftendes Parfum. Der Aufenthalt: ein Gratisurlaub.
    Frische Wäsche, Frühstück ans Bett, freundliches Personal – was will man mehr?
    Ein Teil von mir hielt sich an das, was er kannte. Umsichtig setzte mir mein Lebenswille eine unsichtbare rote Nase ins Gesicht. Nahm mich fest bei der Hand. Mit einem aufmunternden Lächeln versprach er mir, dafür zu sorgen, dass ich irgendwann die Freude wiederfinden würde. Irgendwo, am Bett meiner Kinder, beim Einatmen
des Desinfektionsmitteldufts, beim leisen Summen eines Liedes. Oder anderswo.
    Clownregel Nummer eins: Keine Pläne. Keine Ideen. Lass dich überraschen und mach das Beste aus jeder Situation. Leere deinen Kopf, bevor du die Bühne betrittst. Die Neugierde ist dein Freund.
    Mein Kopf war leer. Plan hatte ich keinen. Ich war bereit für den Weg ins Ungewisse.
     
    Die Tür des Operationssaales geht auf. Eine kleine, zarte Frau im grünen Kittel sieht mich an und tritt auf mich zu. Sie wird mir gleich erklären, wie es um meine Kinder steht. Ob Thimo am Leben ist oder nicht. Ob Fini jemals wieder aufwachen wird. Sie wird mich in die Intensivstation bringen und mir zeigen, wo ich unter all den Schläuchen und Maschinen meine Kinder finde. Sie wird mir »viel Glück« wünschen und die Station wieder verlassen.
    Ich werde bleiben. Vier Tage lang. Gründonnerstag bis Ostermontag.
    Das Fest der Auferstehung.

Betreff: Der Tod und seine Überschreitung
    Von: Barbara Pachl-Eberhart
    Gesendet: Dienstag, 25. März 2008 17:25
    An: Alle Kontakte
    Betreff: Der Tod und seine Überschreitung
     
     
    Liebe Freunde, liebe Menschen, die ihr mir alle so sehr beisteht mit euren Worten, Nachrichten, Gedanken und Gebeten in diesen Tagen.
    Ich habe zwischen Donnerstag und Montag letzter Woche aufgrund eines schweren Autounfalls meinen Mann Heli und meine beiden Kinder Thimo und Valentina verloren. Ich war nicht dabei, war weit weg und bin am Leben und gesund.
    Ihr fragt euch, was man tun kann in so einer Situation, für mich. Was man sagen kann. Wie man helfen kann.
    Zunächst: Allein eure Nachrichten haben mir sehr geholfen, denn das Wichtigste für mich ist nun, das Gefühl zu haben, nicht allein zu sein. Auch die Spendenaktionen, die ins Leben gerufen wurden, helfen mir konkret sehr viel. Herzlichen, tausendfachen Dank dafür!

    Es hilft mir außerdem sehr, euch berichten zu dürfen von meinen Erfahrungen der letzten Tage. Ich möchte, dass nie etwas zwischen uns steht, sei es Angst, Scham, Tabus, Trauer oder was auch immer. Ich bin am Leben und möchte Teil des »ganz normalen« Lebens bleiben. Habt keine Angst, mich mit diesem Leben zu konfrontieren und mich dabei auch herauszufordern. Es tut so gut, das Leben in all seinen Facetten zu spüren!!!!
    Doch andererseits. Bin ich dem Tod drei Mal begegnet in den letzten fünf Tagen. Und ich möchte euch so gern erzählen,

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