Vier Tage im August
beschäftigt, sondern auch mit Emilys Beinen. Seine Augen kamen von ihren Beinen nicht los, sie tasteten sie ab; und das gefiel ihr außerordentlich. Es gefiel ihr, ihm zu gefallen, ihn zu erregen und verrückt zu machen. Es pulsierte und floss ein Wechselstrom; etwas an ihm zog sie an. Gerade dass sein Körper nicht besonders muskulös war, weckte ihr Verlangen. Schmetterlinge im Bauch hatte sie mit solcher Heftigkeit noch nie erlebt. Überdies schadete Sex der Form überhaupt nicht, Sex stimulierte sogar die Leistung.
Borem verzehrte Sushi.
Emily hatte erste Erfahrungen mit einem Kunstspringer gesammelt, der athletisch und kompakt war. Seit einiger Zeit schlief sie mit Borem. Er hatte einmal verwegen Sex auf der Plattform des Zehnmeterturms vorgeschlagen.
Machst du einen Witz?
Das wäre doch ein geiler Ort.
Im Mentaltraining hatte Emily das Visualisieren geübt. Es ging um Bilder, die sie stark machten. Wenn sie mit Borem auf dem Sprungturm schlief… setzte sich der Akt als Bild in ihrem Kopf fest. Sie könnte nicht mehr bis zur Kante vorgehen, ohne über ein Liebespaar steigen zu müssen.
Emily lachte.
Und wenn du hinunterfällst, ins Wasser?
Sie könnte jetzt nach Borem greifen. Doch er, statt die Hände auf ihren Po zu legen, benutzte sie, um seinen Drink und die frischen Sushi zu halten. Frech fand sie, wie er sich, ohne um Erlaubnis zu bitten, an Papas Hausbar bediente und, statt ihre Beine zu streicheln, Eis und Wodka in seinen Energydrink schüttete, und das nicht zu knapp.
Fährst du wirklich weg, Em, fragte er.
Sie ging nicht auf die Frage ein.
Vier schöne Frauen, ganz allein…
Seine ständige Eifersucht ödete Emily an.
Ich nehme die Tage frei und fliege mit.
Das geht nicht…
Sie strafte ihn mit einem Blick ab.
Emily hatte es ihm schon hundertmal beizubringen versucht, er sollte es endlich begreifen. Sie reiste nicht zum Vergnügen, sondern mit der Absicht, in Hamburg richtig gut zu springen und im Camp den Feinschliff für anstehende, entscheidende Wettkämpfe zu holen. Er kapierte es nicht. Sport war das Wichtigste in ihrem Leben.
Turmspringen– nicht Borem.
Sie hatten sich heftig gestritten, so schlimm wie noch nie.
Wenn Emily den Maßstab einer Wettkämpferin anlegte, war ihr Freund ein Schlaffi. Ohne Verständnis für extreme Schwierigkeitsgrade, für hochgesteckte Ziele, die nur der schaffte, der sein Herz daran hängte.
Es gab nicht nur den maßlos eifersüchtigen Borem. Ihr Freund war auch ihr Fan und bewunderte sie. Emily konnte von der gläsernen Plattform über dem Grand Canyon ohne Höhenangst in die Tiefe blicken. Sie würde über dem Abgrund den Handstand wagen. Ihr Mut flößte Borem Respekt ein. Bei Wettkämpfen saß er mit seinem Pokerface im Publikum. Er war auch ein Wichtigtuer. Fest davon überzeugt, dass Emily nicht abstürzte, weil er die Gefahren gar nicht erkannte. Sein Vertrauen in ihr Können schmeichelte ihr. Aber er glaubte auch, alles falle ihr leicht. Er prahlte mit Emily. Sie war das perfekteste Mädchen, das man sich vorstellen konnte.
Die Männer, die Emily näher kannte, Leistungssportler, hatten klar definierte Muskeln und erfüllten pedantisch ihre Trainingspläne. Borem war anders geschaltet. Die anderen hatten nur ihren Sport im Kopf, ihren Erfolg. Sie studierten sogar Siegerposen vor dem Spiegel. Borem übte andere Dinge. Vor dem Spiegel posierte er mit coolen Sonnenbrillen. Seinen Klamotten widmete er mehr Zeit als seiner Muskulatur. Emily würde ihn beim Armdrücken besiegen. Sie hatte ihn vergeblich herausgefordert.
Borem hatte einen Männerkörper, an dem nichts erarbeitet, gepusht oder gestählt war. Und nichts kaputt. Das gefiel Emily, er hatte etwas offen Kindliches, etwas, das sie betörte und elektrisierte. Aber er hatte auch keine Vorstellung davon, was man aus einem Körper machen und herausholen konnte. Für das Wesentliche ihres Sports fehlte Borem das Verständnis. Dafür blieb er ruhig, wenn Emily bei einem Sprung versagte.
Schlechte Noten?
Borem nahm die Sonnenbrille ab und küsste Emily auf den nassen Hals. Er tröstete sie. Er ärgerte sich nicht wie die strenge Trainerin, die sich über jede schlechte Note aufregte und Emily Vorwürfe machte.
In der Schwimmhalle hatte sie Borem kennengelernt, vor einem halben Jahr, bei einem Wettkampf. Vor ihrem Auftritt erschrak Emily, weil ein Zuschauer, während sie die Leiter hoch auf den Turm kletterte, mit dem Laserpointer auf ihr Gesicht zielte, um sie zu blenden, und als sie
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