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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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springen durfte. Ich hatte panische Angst davor, hatte mich durch den wochenlangen Lehrgang gequält, wollte schließlich das alles nur noch irgendwie hinter mich bringen. Aber kurz vor dem ersten Fallschirmsprung, als es um die Auswahl der Türspringer ging, die für einige Minuten in der bereits geöffneten Tür des Flugzeugs stehen mussten, wollte ich um jeden Preis auf diese Position. Wollte diese Höhe, vor der ich so gewaltige Angst hatte, so nah wie möglich an mich heranlassen, um ihr zu begegnen. Trotz meiner panischen Angst. Warum verstand ich selbst nicht.
    Ey, du hast ja Bob Marley, unterbrach Simbo meine Gedanken. Er spielte an meinem Handy herum, das ich hier draußen als Musikplayer benutzte.
    Ja klar, der ist super. Ich wusste gar nicht, dass du auf so was stehst, war meine Antwort.
    Er legte das Handy auf die Sandsäcke vor uns und lehnte sich mit dem Rücken gegen die hinteren.
    Und während die Morgendämmerung einen neuen Tag ankündigte, tat ich es ihm gleich. Der breite, helle Streifen am Horizont wurde mit jeder ablaufenden Minute größer. Im ganzen Tal war kein Laut zu hören. Der Himmel hüllte sich langsam in ein klares Blau. Nur am Horizont verrieten die dunkelroten und gelben Streifen, dass die Sonne sich bald zeigen würde. In diesem Licht erschien mir die Landschaft gar nicht mehr so wüst und leer. Die Büsche leuchteten in der Morgendämmerung in einem satten Grün, und die Lehmhäuser von Isa Khel lagen vor uns friedlich im Schatten der wenigen Bäume.
    Weder Simbo noch ich sprachen ein Wort. So konnten wir zwar den Fuß des Hügels nicht mehr beobachten. Aber wir dachten nicht daran, diese Magie des jungen Morgens mit Krieg in Verbindung zu bringen. Und während in den Büschen ein paar Vögel anfingen zu singen, war uns das auch egal. Dieser ganze Mist schien weit weg zu sein.
    Simbo drückte auf eine Taste meines Handys und leise Musik ertönte. Ich stellte das Handy so laut es ging, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und blickte in den Himmel. Vollkommene Entspannung und Harmonie breitete sich in mir aus. Ein Gefühl von Freiheit, das ich schon lange nicht mehr gespürt hatte. Und während der kraftvolle Bob Marley heiser aus meinem Handy erklang, konnte ich über uns tatsächlich einen Greifvogel sehen, der im Morgenlicht langsam seine Bahnen zog.

SHOW OF FORCE
    Diesmal war es ein besonderer Genuss, ins Feldlager zurückzukommen. Nach den langen Tagen auf Höhe 432 erschien mir das enge und beschränkte Feldlager mit seinem bürokratischen Mikrokosmos wie das gelobte Land. Heiße Duschen, ein weiches Bett, frisch gekochtes Essen in der Kantine, saubere Wäsche.
    Am Nachmittag nach unserer Rückkehr klopfte TJ an meinen Container.
    Kannst du mal bitte mitkommen? Irgendwie fühlt sich inzwischen niemand mehr für das Fahrzeug zuständig, ich muss alles allein machen, brummte er genervt.
    Ich hatte überhaupt keine Lust, aus meinem Bett aufzustehen. Ich wollte meine Ruhe haben, niemanden sehen oder sprechen. Und mit Sicherheit wurde uns an einem der freien Tage wieder ein geselliger Grillabend aufgebrummt.
    Ich komm schon, maulte ich.
    Mica saß mit unserem Maschinengewehr vor den Containern. Er war bereits geduscht, hatte sauber zur Seite frisierte Haare, wirkte schon wieder taufrisch. Jetzt war er eifrig dabei, die Fahrzeugwaffe zu reinigen. TJ und ich fuhren langsam und vorsichtig zur Instandsetzung, wo wir das Fahrzeug vom Schmutz befreiten.
    Bei meinem späteren Besuch in der Bekleidungskammer begrüßte mich Herr Ajmal mit einem breiten Lächeln. Ich mochte diesen höflichen und zurückhaltenden Mann sehr und kam gerne vorbei, um mich mit ihm zu unterhalten. Er holte eine kleine Tüte hervor und legte den Inhalt auf den Tisch. Die neuen Klettabzeichen für die erste Gruppe gefielen mir ausgesprochen gut. Schwarz, mit weißer Schrift. Task Force Kundus war darauf zu lesen. Außerdem Golf eins und ein Motto, das ich für unsere Gruppe zutreffend fand: Lead the way, immer vorn.
    Golf eins würde damit ein würdiges Erkennungszeichen erhalten. Ich war schon sehr auf das Urteil der anderen gespannt und hatte ebenfalls im Hinterkopf, der zweiten Gruppe vorzuschlagen, die Eins in unserem Abzeichen durch eine Zwei zu ersetzen und den Patch ebenfalls zu verwenden.
    Am nächsten Tag wurden wir zum Kompanieantreten befohlen. Mal wieder. Unterbrechung unserer knappen Freizeit, Verlassen des gemütlichen Containers.
    Was wollen die denn diesmal, brummte TJ.
    Der Chef verkündete,

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