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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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beim Zähneputzen verbraucht. Also gingen wir dazu über, uns nur noch das staubige Gesicht und die Achseln zu waschen. Nach kurzer Zeit stanken alle furchtbar.
    Während die Bauern auf dem Feld vor uns ihre Ochsen antrieben, versuchten wir in den wachfreien Stunden neue Möglichkeiten zu finden, uns zu beschäftigen. Wir veranstalteten Wettbewerbe im Mäusefangen. Dachten uns ständig neue Fallen aus, mit denen wir den nervigen Nagern nachstellten. Hielten die Ergebnisse auf einer Strichliste fest.
    Manchmal fielen irgendwo Schüsse, dann mussten wir in Gefechtsausrüstung in den heißen Stellungen hocken und abwarten. Abwarten, ob die Schüsse uns galten oder woher sie kamen, denn sehen konnten wir das nicht.
    Für die Wachen waren wir in kleine Teams aufgeteilt worden, und so sahen wir die anderen nur noch zum Wachwechsel, weil wir uns in der Hitze des Tages meistens in die stickigen Schlafräume zurückzogen, die wenigstens etwas Schatten boten. Die Tage zogen sich wie Kaugummi hin.
    Um ein wenig Abwechslung in unseren eintönigen Notrationsspeiseplan zu bringen, fingen wir schon nach kurzer Zeit an, Nahrungsmittel auf den Feldern zu kaufen. Immer wenn ein paar Kinder aus den Dörfern vorbeikamen und versuchten, uns anzubetteln, gingen Nossi und ich herunter und machten ihnen begreiflich, was wir haben wollten. Ich hatte meine einfachen Dari-Kenntnisse verbessert und auch Nossi konnte sich mit dem einen oder anderen Satz behelfen. Den Rest ergänzten wir mit Englisch, wovon die Kinder aber nur ein paar Brocken verstanden. So machten wir deutlich, dass wir Melonen, Zwiebeln, Tomaten und Knoblauch haben wollten.
    Über die Tage entwickelte sich ein richtiger Handel mit den Kindern, die uns nach erfolgreicher Lieferung dankbar die Dollarscheine abnahmen. Eine Melone oder ein paar Zwiebeln für einen Dollar war sicher eine gute Bezahlung. Natürlich wussten wir nicht, ob sie es für sich behalten konnten oder abgeben mussten oder ob sie die Früchte einfach auf den Feldern stahlen. Aber diese Waren mit Geld zu bezahlen, erschien uns als ein ehrlicher Handel.
    Als wir einen jungen Mann nach Brot fragten, erklärte dieser, dass er das Brot nicht einmal selbst bezahlen könne. Äußerst misstrauisch gaben wir ihm einen Vorschuss und erwarteten eigentlich nicht, unsere Dollars jemals wiederzusehen. Umso größer war unsere Freude, als der junge Mann am nächsten Tag mit einer Plastiktüte unter dem Arm zurückkehrte. Wir freuten uns sehr darüber, dass unser Vertrauen nicht enttäuscht worden war. Ich drückte ihm einen zusätzlichen Dollarschein in die Hand und bedankte mich freundlich. Der Kontakt zu diesen Menschen machte mir großen Spaß.
    Auch auf den Feldern ringsherum tat sich einiges. Die bereits gepflügten Äcker wurden von zahlreichen Füßen begangen. Unkraut und Grünzeug wurden vom Rand entfernt, Steine aufgesammelt und zusammengetragen.
    Eigentlich wie bei uns, dachte ich. Nur langsamer und mit den Händen. Als der Boden genug bearbeitet worden war, wurden Pfähle auf den Feldern aufgestellt. Es wurden immer drei Stück verbunden und mit einem Haufen aus Ästen und Blättern bedeckt, der wie ein Vogelnest aussah. Dann kamen kleine Mädchen aus den Dörfern und setzten sich in dieses Nest. Die Felder waren voll von ihnen, es sah sehr merkwürdig aus. Erst dann fingen die Männer und Frauen an, die neue Saat auszubringen. Und immer wenn sich ein Vogel den Feldern näherte, machten die Mädchen ein wildes Geschrei und schwenkten bunte Tücher. Lebende Vogelscheuchen, kam es mir in den Sinn, und ich empfand Mitleid mit den armen Mädchen, die dort vom frühen Morgen bis zum späten Abend sitzen mussten, um die Saat zu beschützen.
    Unsere Verpflegung bestand aus Notrationen, die wir mit den Feldfrüchten aufbesserten und mit viel Erfindungsreichtum zu äußerst interessanten Gerichten gestalteten. Kruschkas Fehlen machte sich jetzt besonders bemerkbar, der als gelernter Koch sicher das eine oder andere hätte zaubern können. Aber auch so entstanden interessante Zwiebelsoßen, Tomatenpfannen oder Knoblaucheintöpfe. Den kulinarischen Höhepunkt stellten die Melonen dar. Wir hatten hier oben einen kleinen Kühlschrank, der zusammen mit der Funkanlage über das Notstromaggregat betrieben wurde. Dort kühlten wir die Melonen einen ganzen Tag lang. Dass die Früchte meist unreif waren, störte uns nicht. Ich konnte mir jedenfalls keine größere Erfrischung vorstellen, als nach Tagen ohne Dusche, bei

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