Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)
Wasserlauf gelegt. Die Dankbarkeit der Einheimischen, die diese wichtige Straße auch benutzten, war eine große Genugtuung für uns. Sie bewies, dass wir hier wertvolle Arbeit verrichteten und unsere Hilfe bei den Menschen ankam.
Für den nächsten Tag plante der Chef eine Fußpatrouille nach Khalalzay, einem Nachbardorf von Qara Yatim, was wir als Ausgleich für die abgeblasene Operation interpretierten.
Er will nicht rumsitzen, sondern was machen, kommentierte Muli diese Entscheidung. Golf eins wird an der Spitze gehen, dahinter Hotel. India unterstützt mit den Schützenpanzern, aber die bleiben außerhalb des Dorfes. Als wir auf der Höhe 432 waren, ist der Foxtrott Zug kurz vor dem Dorf angegriffen worden. Diesmal will der Chef ins Dorf rein.
Während Muli erzählte, lief es mir abwechselnd heiß und kalt den Rücken hinunter. Dieses unangenehme Gefühl verbreitete sich in letzter Zeit immer öfter in mir. Ich versuchte es mit Lachen zu überdecken und starrte gleich darauf wieder auf den Boden. Als Muli die Reihenfolge bekanntgab, wurde mir noch heißer.
Wir gehen als Erste, dann Nossis Trupp, verkündete er. Wer geht vorne?
Ich war wieder nicht in der Lage, meinen Arm zu heben. Ich ärgerte mich über mich selbst und war doch total erleichtert, als sich Mica wieder bereit erklärte.
Okay, antwortete Muli, als würde er sich gar nicht wundern, dass es nicht mehr meine Hand war, die bei dieser Frage nach oben schnellte.
Joe, ich brauch dich in der Mitte, um die Verbindung zu Nossis Trupp zu halten. Ich will, dass du die Männer zusammenhältst, das kannst du gut.
Ich war unendlich froh darüber und fühlte mich auf einmal nicht mehr nutzlos oder schäbig, weil ich nicht vorne gehen wollte.
Als letzte Änderung gab Muli bekannt, dass Simbo nun in unseren Trupp eingegliedert wurde. Offenbar hatte er sich mit Nossi geeinigt, um die Situation nicht noch weiter eskalieren zu lassen. Das bedeutete, dass wir jetzt über das große Maschinengewehr verfügten. Nossi fehlten jetzt bereits zwei Männer. Aber weil Russo, Butch und Dolli bei den Fußpatrouillen nicht für die Fahrzeuge gebraucht wurden und dabei waren, fiel es im Moment nicht so ins Gewicht.
Es war noch dunkel, als wir am nächsten Tag aufbrachen. Der Chef wollte früh im Dorf Khalalzay sein, um den Gegner zu überraschen. Der Fußmarsch war angenehm, die aufgehende Sonne brannte nicht. Schnell ließen wir das Polizeihauptquartier hinter uns. Ein paar afghanische Polizisten begleiteten die Kompanie. Wir gingen einige Meter auf der Hauptstraße und bogen dann nach Norden ab.
Muli grinste Simbo an.
Ich finds ja gut, dass du jetzt bei uns bist. Aber ich will hier im Trupp nichts von deiner Ghettosprache hören, verstanden?
Wir können ja eine Fluchkasse für Simbo einführen, lachte Hardy. Fünfzig Cent pro Schimpfwort.
Auf halber Strecke befand sich ein einsames Gehöft, wie immer von einer hohen Mauer umgeben. Wir näherten uns mit Misstrauen, da nie klar war, was sich hinter den Mauern verbarg. Als wir den festungsartigen Komplex erreichten, scheuchten wir jedoch nur ein paar Hühner auf, die aufgeregt zwischen uns umherflatterten. Kein Mensch weit und breit. An dieser Stelle war der Foxtrott Zug beschossen worden, als wir uns das letzte Mal auf der Höhe 432 aufhielten. Den kurzen Halt nutzte der Chef, um sich zu orientieren, dann ging es im Dunst des Morgens weiter.
Der Hotel Zug übernahm zunächst die Führung, um uns später sichern zu können, wenn wir auf das Dorf vorstießen. Wir stolperten über kleine Wälle, mussten über ein paar Wassergräben springen und bewegten uns leise und vorsichtig an zierlichen Baumreihen entlang. Es war ein mühsamer Zickzack-Kurs, aber nur so konnten wir uns unerkannt nähern. Schließlich lag das Dorf still und friedlich vor uns. Der Hotel Zug war an der letzten Baumreihe in Stellung gegangen und beobachtete das Geschehen. Als wir an ihnen vorbeischlichen, hatten wir nur noch eine Freifläche zu überqueren, bevor wir die ersten Häuser erreichten. Ein bauchhohes Mohnfeld lag dazwischen, an dessen Rand eine niedrige Baumreihe Deckung versprach. Misstrauisch beobachtete ich die Umgebung durch mein Zielfernrohr. Endlich gab Muli den Befehl zum Vorrücken, und wir arbeiteten uns in einer langen Reihe Richtung Dorf vor. Vor den ersten Häusern standen ebenfalls ein paar Bäume, die die Sicht verdeckten, und als ich die schmalen Fenster der Häuser erblickte, die wie Schießscharten wirkten, wurde mir
Weitere Kostenlose Bücher