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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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verbrachte ich in großer Anspannung. In jeder Ecke wurde gebastelt und präpariert. Keine unserer Operationen zuvor war so intensiv vorbereitet worden. Die Kampfmittelbeseitiger bauten Sprengrohre, um Hindernisse schnell beseitigen zu können, die Infanteristen reinigten ihre Waffen, die Sanitäter prüften ihre Tragen. Und wer sich sonst wenig um sein staubiges Gewehr kümmerte, war nun fleißig dabei, alles wieder in Schuss zu bringen. Die überall sichtbaren Vorbereitungen flößten mir jedoch kein Vertrauen ein. War es ein Anflug von Angst, den ich in Gedanken an das Bevorstehende spürte? Ich konnte mir selbst keine Antwort geben, wusste nur, wie mich dieses Gefühl im Bauch bedrückte.
    Am Nachmittag des dritten Tages saßen wir mit der ganzen Gruppe zusammen, Golf eins war unter sich. Muli wies uns in die Planung ein, verteilte die Aufgaben.
    Wir bleiben abseits der Straßen, die Gefahr wegen der Bomben ist zu hoch, berichtete er. Wir werden über die linke Seite in das Dorf gehen.
    Er deutete auf eine Karte und malte Striche darauf.
    Als Erste.
    Dieser Satz überraschte mich nicht.
    Muli fuhr fort: Dahinter folgt uns Mü mit Golf zwei, Brandys Gruppe. Anschließend kommen der Hotel und der Foxtrott Zug. India wird die Flanke abdecken, von der Stadt Kundus aus stößt die andere Infanteriekompanie in unsere Richtung vor, die afghanische Armee befindet sich rechts von uns, nachdem wir bis zur Mitte des Dorfes vorgerückt sind. Die Amerikaner werden kurz vor unserem Abmarsch das Nachbardorf Nar-i Sufi angreifen, damit alle Aufständischen beschäftigt sind.
    Warum gehen wir wieder als Erste?
    Hardy sprach das aus, was ich dachte, aber nicht formulierte, weil ich die Antwort kannte.
    Wir gehen fast immer vor, wir haben die meiste Erfahrung, sagte Muli beschwichtigend.
    Sein Lächeln ließ erkennen, wie überzeugt er von unseren Fähigkeiten war.
    Weil wir am abgefucktesten von allen sind, war Simbos etwas treffendere Bemerkung.
    Alle lachten laut und zustimmend.
    Ich schmunzelte leise. Es schien, als würden wir den offensiven Grundsatz des Chefs immer mehr beherzigen, als würden wir trotz der beiden Bombenanschläge und der vielen Gefechte nach wie vor eine Motivation zeigen, die weit über ein normales Maß hinausging. Aber wie lange würde das gut gehen? Wie lange würden wir noch auf so günstige Umstände treffen, dass nichts passierte? Bisher hatte niemand diese Frage laut gestellt. Ob Hardy ernsthaft zweifelte oder doch nur einen zynischen Kommentar geben wollte, konnte ich an seinem Tonfall nicht erkennen.
    Nossi schien etwas gespürt zu haben.
    Hört mal, sagte er. Seine Stimme war ruhig und deutlich.
    Muli und ich haben euch erklärt, wie unser Vorgehen hier sein wird. Ich darf euch das eigentlich gar nicht erzählen, aber es gibt Stimmen in der Kompanie, die sagen, dass der Chef übertreibt. Die interessieren uns aber erst mal nicht. Wir schauen nur auf uns selbst. Wenn jemand von euch will, dass wir einen Gang zurückschalten, dann machen wir das als Gruppe. Wir werden niemanden ausschließen, nur um weiterzumachen wie bisher.
    Im Raum herrschte Stille.
    Seine Ansprache schien alle überrascht zu haben. Wir schauten einander an.
    Was denkst du?, fragte ich schließlich.
    Nossi überlegte nicht lange.
    Wenn die Kompanie nicht so gearbeitet hätte wie bisher, antwortete er, wären wir nicht so erfolgreich. Wir haben den Gegner unter Druck gesetzt, haben ihn in seinen Rückzugsraum gedrängt. Haben schon etliche von denen erwischt. Seit Jahren kann sich die Bundeswehr nur noch auf den Hauptstraßen bewegen, und wenn ein Vorstoß unternommen wird, endet es wie am Karfreitag mit drei Toten. Weil wir ständig in die Offensive gehen, sind wir so erfolgreich. Das ist die große Chance, die wir erarbeitet haben.
    Er atmete tief ein.
    Und schließlich sind wir als Gruppe so erfolgreich, weil wir gut zusammenarbeiten.
    Muli und Russo nickten energisch.
    In diesem Augenblick fühlte ich mich mitgerissen, überlegte für einen Moment nicht mehr, was alles passieren könnte. Ließ zu, dass mein ungutes Bauchgefühl von einer Woge der Begeisterung über unser tolles Team hinweggeschwemmt wurde.
    Außerdem sind wir nicht immer vorne, beschwichtigte Muli. Jeder Zug hat seinen Bereich im Dorf, wir werden abwechselnd vorrücken. Aber wir werden die Ersten sein und am weitesten nach Norden marschieren. Mein Trupp geht vorne, gleich dahinter Nossi mit den anderen. Wer von euch geht als Erster?, fragte er.
    Mit einem

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