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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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kampfeslustiger zu werden. Wir drifteten mehr und mehr auseinander, und ich fragte mich, was als Nächstes passieren würde.
    Wenige Stunden später sprach mich ein Hauptfeldwebel an. Er war Gruppenführer im Foxtrott Zug und auf der Suche nach Muli.
    Wir müssen gleich wieder raus, ihr sollt noch Munition empfangen, weil ihr heute geschossen habt, sagte er schnell.
    So viel war das nicht, oder sollen wir wieder als Erste raus?
    Sofort bereute ich meine Äußerung. Ich wusste nicht, ob es an meiner Müdigkeit lag, als sie mir unüberlegt herausrutschte. Aber es war undiplomatisch gewesen und die Reaktion entsprechend.
    Na klar, schnaubte er ärgerlich. Ihr seid ja sowieso die coolen Kampfschweine hier!
    Dann drehte er sich eilig um und ging.
    Ich stand etwas verlassen in dem düsteren Flur herum und war wütend. Auf meinen Kommentar und auf die Antwort des Hauptfeldwebels. Man konnte vielen Menschen vorwerfen, dass sie sich in den Mittelpunkt spielen wollten. Aber in unserer Situation bedeutete das Lebensgefahr. Der Vorwurf, wir wollten uns nur aufspielen, ergab gar keinen Sinn!
    Nossi hatte von der Spaltung berichtet, die sich nach und nach durch die Kompanie fraß. Der Graben zwischen denen, die die offensive Haltung des Chefs teilten, und denen, die lieber einen Gang herunterschalten wollten, wurde immer offensichtlicher. Würde der Chef seinen Kurs aufrechterhalten können, wenn etwas Ernstes passierte? Bisher gab ihm der Erfolg recht. Aber er würde seine Herangehensweise wohl kaum weiter durchsetzen können, wenn die Hälfte seiner Feldwebel gegen ihn arbeitete. Das schaffte selbst er nicht.
    Als ich weiterging und auf Muli traf, kam dieser gerade aus der Lagebesprechung.
    Wir müssen raus, zu Fuß. Alle.
    Er verkündete es knapp. Ein paar Minuten später folgte in der beginnenden Dunkelheit der Nacht die genaue Einweisung.
    Okay, alle da?, wollte Muli wissen.
    Wir stimmten gähnend zu.
    Also, fuhr Muli fort, der Feind hat auf unseren Vorstoß nach Khalalzay reagiert. Die haben wahrscheinlich eine Bombe in den Doppelculvert gelegt, der direkt vor der kleinen Brücke bei der Westplatte liegt. Einer der Jungs von Foxtrott hat es durch Zufall gesehen. Er hat Männer im Graben bei der Unterführung beobachtet und war sich nicht mal sicher, ob er das überhaupt melden sollte. Wir rücken aus. Der Chef will aber nicht, dass noch mal jemand in so eine Killbox gerät wie wir in dieser einen Nacht. Also geht die gesamte Kompanie raus, um das zu klären. Außerdem kann die Gruppe vom Foxtrott Zug nicht von der Westplatte runter, solange wir nicht wissen, ob’s ’ne Bombe ist, denn die müssen da ja drüber. Der India Zug und Teile der anderen Züge werden auf der Straße bleiben. Wir werden mit dem gesamten Golf Zug rechts der Straße vorrücken, um die Räumarbeiten zu Fuß abzusichern. Mü bleibt im Polizeihauptquartier, der hat ’ne Erkältung oder so. Also muss ich den Zug führen. Nachtkampfbereitschaft herstellen, Abmarsch in zehn Minuten. Fragen? Wegtreten.
    Als wir das dünne Metalltor des Polizeihauptquartiers durchschritten, empfing uns die Dunkelheit der Nacht.
    Ich find das so zum Kotzen, maulte ich zu TJ, der vor mir ging. Immer diese Nachteinsätze!
    Hast recht, antwortete er leise. Vor allem immer, wenn wir uns grad hinlegen wollen.
    Ich sollte wieder die Verbindung zwischen den Trupps halten. Das war in dieser Situation eine enorm wichtige Aufgabe. Mir fiel Mulis Bemerkung über Mü während der Lagebesprechung wieder ein. Es hatte sich so angehört, als ob Mü nicht mit raus wollte. Hing es mit dem Eindruck zusammen, den ich in letzter Zeit von ihm hatte? Mit seinem blassen Gesicht?
    Wir schwenkten nach Norden in die Felder, während die Fahrzeuge und Panzer auf der Straße langsam in Richtung Doppelculvert rollten. Das Polizeihauptquartier verschwand schnell hinter uns. Auf einem der Wachtürme waren Scharfschützen in Stellung gegangen.
    Wir haben zwei Männer aufgeklärt, die euch beobachten, hörten wir nach einer Weile durch das Funkgerät. Sie sind bewaffnet.
    Gleich darauf peitschte ein Schuss durch die Dunkelheit. Unsere Scharfschützen.
    Wir versuchten uns den beiden Männern nach ihren Angaben zu nähern, aber diese bewegten sich ebenfalls. Als wir eine große Industrieruine erreichten, die noch aus russischer Zeit stammte, entwickelte sich ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel. Die Nacht war pechschwarz. Selbst durch die Nachtsichtgeräte war eine Orientierung nur schwer möglich. Meine

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