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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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zum Sport nach draußen. Abends saß ich fast immer mit den Übersetzern in ihrem kleinen Gebäude zusammen. Es war gemütlich eingerichtet. Sogar einen kleinen Gebetsraum hatte man ihnen im Feldlager zur Verfügung gestellt. Das Häuschen sah aus wie eine Moschee. Wir sprachen nicht über Politik. Wir sprachen über die Familie, ihre Heimat, meine Heimat und wie unterschiedlich die Landschaften waren. Ich war sehr vorsichtig mit den Informationen, die ich preisgab. Aber trotzdem führten wir sehr herzliche und intensive Gespräche. Sie luden mich zum Essen ein und wollten sogar wissen, was ich gerne mochte.
    Etwas Landestypisches, gab ich zur Antwort.
    So kam ich eines Tages dazu, das erste Mal in meinem Leben Knochen zu essen. Rindsknochen, die so lange gekocht wurden, bis sie weich waren und man davon abbeißen konnte. Da sich mein Appetit nach den monatelangen Entbehrungen nicht geschmälert hatte, probierte ich das Fremdartige begeistert aus.
    Als ich Stunden später ins Bett fiel, war ich ziemlich müde. Aber die Nacht sollte nur kurz werden.
    Raketenalarm!, brüllte jemand und hämmerte gegen unsere Tür.
    Der Weckruf war unnötig, denn wir alle hatten die Sirene gehört.
    Schon wieder Raketenalarm, stöhnte Hardy, ich kotz gleich.
    So ’ne Scheiße, wetterte TJ, der sich auf dem Flur vor den Containern seine Hose anzog.
    Man müsste so ’nen Raketenalarm mal auf ’nem deutschen Bahnhof einführen, wo diese ganzen Deppen immer zu zweit oder zu dritt nebeneinandergehen. Was glaubst du, wie schnell die Gänge leer wären, grinste Purzel, mein Mitbewohner, der offenbar gute Laune hatte.
    Wir gingen zügig in den Innenhof des gegenüberliegenden Gebäudes und suchten uns irgendwo einen Platz.
    Als ob es hier sicherer wäre. Da hätten wir auch im Bett bleiben können, maulte Dolli.
    Befehl ist nun mal Befehl, und hier ist unser Sammelbereich, versuchte ihn jemand zu belehren.
    Ja, aber das ist ein schwachsinniger Befehl, gab Dolli gelangweilt zurück.
    Wir hockten auf dem Boden, lehnten an den Wänden, saßen auf Kisten oder ein paar Plastikstühlen. Es war der 17. September. Am nächsten Tag sollten Parlamentswahlen in Afghanistan stattfinden. Ein großes Ereignis für das Land, Demokratie und Ordnung würden immer mehr Einzug halten. So hatte man es uns gesagt.
    Zu blöd, dass wir nicht in der Raumverantwortung sind, bemerkte Mica. Jetzt werden die uns in unserer Freizeit wieder irgendwo einsetzen. Es geht ja jetzt schon los.
    Die erlösende Entwarnung ließ fast zwei Stunden auf sich warten. Eine Explosion hatten wir nicht gehört. In der Dunkelheit trotteten wir zurück in unsere Container.
    So was Lästiges, kommentierte Purzel den Raketenangriff entspannt. Er hatte seine gute Laune nicht verloren.
    In der gleichen Nacht schreckte ich noch einmal aus dem Schlaf. Wieder ein Alarm.
    Wir beeilten uns nicht, aus dem Bett zu steigen. Gelassen zog ich meine Trainingshose an und griff nach meinem Handy.
    Dann kann ich wenigstens Tetris spielen, bemerkte ich knapp zu Purzel.
    Der Flur vor den Containern füllte sich mit Kameraden, die ebenfalls nicht begeistert waren, zum zweiten Mal in dieser Nacht aus dem Schlaf gerissen worden zu sein. Es war fünf Uhr morgens und wir wankten noch ein wenig benommen in den Innenhof gegenüber. Wer bereits munter war, schimpfte lautstark.
    Schon wieder so eine Scheiße, wetterte einer.
    Ob die uns nun hier oder im Container treffen, meckerte ein anderer.
    Echt, Hauptsache, wir können nicht durchschlafen, sagte ein Dritter.
    Wir saßen dort, warteten wie üblich und wussten nichts mit uns anzufangen. Jemand hatte einen Laptop dabei und startete einen Film. Ein paar spielten mit ihren Gameboys. Während Purzel und ich anfingen, einige Ameisen mit Kartoffelchips zu füttern, fühlte ich mich wie auf einem Schulhof, auf dem Grüppchen gezwungenermaßen versuchten, die Zeit totzuschlagen.
    Die Stunden vergingen, aber Entwarnung wurde nicht gegeben. Die Sonne ging auf, und viele lehnten bereits an den Wänden und schliefen. Der Flur, der an den Innenhof grenzte, hallte wider vom Schnarchen der Soldaten.
    Diese Wixer wollten uns am Tag der Parlamentswahl beschäftigen, sinnierte Jonny vor sich hin.
    Plötzlich ging ein Raunen durch die Wartenden. Getuschel, Rufe. Die Ersten sprangen auf, liefen ins Freie. Endlich erreichten auch uns die wenigen Informationen.
    Wir wurden alarmiert!, rief jemand. Alle Züge sofort bei den Zugführern sammeln.
    Mü lehnte kraftlos an einem Tisch in der

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