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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Kontrolle. Aber weil diese Infanterieeinheiten aus Mazar-e-Sharif kurz vor dem Ende ihres Einsatzes standen und in einer Woche zurück nach Deutschland fliegen durften, sollten wir sie hier in Baghlan ablösen, um die verbliebenen Kameraden zu entlasten.
    Der Golf Zug musste die Stellungen im OP North übernehmen. Der Chef fuhr mit den Zügen Foxtrott, Hotel und India zu einem entfernten Vorposten im Tal. Sie hielten einen kleinen Posten und bewachten eine gesprengte Brücke, die von unseren Pionieren durch eine unserer Panzerschnellbrücken ersetzt worden war.
    Wir vom Golf Zug dagegen blieben auf den Hügeln, um den OP North zu bewachen. Solche kräftezehrenden Aktionen wären mit nur einer zusätzlichen Infanteriekompanie pro Feldlager überflüssig. Unsere Kameraden aus Mazar-e-Sharif in ihrem Zuständigkeitsbereich in Baghlan im Notfall zu unterstützen war selbstverständlich. Aber ihre Stellungen zu übernehmen, weil sonst die Übergabe an ihre Nachfolger nicht funktionierte, erschien mir vermeidbar. Da wir die Situation nicht ändern konnten und weil die Lage äußerst ruhig war, nutzten wir die Zeit, um diesen kargen Vorposten zu erkunden.
    Die Hügel von Baghlan waren der staubigste Ort, den ich jemals erlebt hatte. Der Sand im Außenposten war so fein wie Zementpulver und nach kurzer Zeit in jedem noch so kleinen Spalt. Ein paar große Zelte standen herum, ein paar Dixie-Toiletten. Wenige Container. Trostlose Wüste. Neben den deutschen Soldaten waren hier auch eine Einheit der afghanischen Armee und einige amerikanische Special Forces untergebracht, von denen ich ein paar Kartons mit Notrationen bekam.
    Es war hier noch trostloser als das Polizeihauptquartier bei Kundus. Denn dort war immer irgendetwas los. Hier waren die wenigen Einheiten auf dem großen Gelände weit verstreut, und wir kamen uns schnell verlassen vor. Über Funk bekamen wir mit, unter welchen Bedingungen die anderen Züge an der Brücke und dem kleinen Vorposten hausen mussten. Sie waren völlig ungeschützt in feindlichem Gebiet und konnten sich nur auf wenigen Metern bewegen.
    Und so wechselten wir uns mit dem Wachdienst auf den Hügeln ab, standen oder saßen in den alten russischen Stellungen herum, beobachteten die einsamen Hügel ringsum und zählten die Stunden bis zur nächsten Pause. Natürlich war diese Aufgabe wichtig, aber wir stellten uns trotzdem die Frage, warum wir alle jetzt hier sein mussten. Mü bekamen wir in diesen Tagen immer weniger zu Gesicht.
    Schon nach kurzer Zeit war uns so langweilig, dass wir uns gegenseitig auf die Nerven gingen. Muli wollte unbedingt in ein eigenes Zelt, weil er Simbos Schnarchen nicht ertrug. Nossi nervte ihn so lange mit dem Gedanken, dass tschetschenische Ausbilder unter den Aufständischen seien und ihn nachts überfallen könnten, dass Muli mich schließlich halb ernst, halb grinsend fragte, ob ich zu ihm ins Zelt ziehen wolle.
    Die Züge Foxtrott, Hotel und India hatten währenddessen größere Herausforderungen zu meistern. Aus der Ferne konnten wir den Gefechtslärm mit bloßem Ohr ausmachen. Die Aufständischen hatten eine große russische Rakete auf die Stellung unserer Kameraden abgefeuert. Gleich darauf griffen sie im Dämmerlicht erneut von allen Seiten den kürzlich von unseren Kameraden aus Mazar-e-Sharif mühsam freigekämpften Vorposten an. Mit Sorge verfolgten wir die Ereignisse über das Funkgerät. Als der Kampf langsam abflaute, war ich unendlich froh, dass wir nicht zur Unterstützung gerufen worden waren. Unsere Kameraden hatten die Situation in diesem für uns unübersichtlichen und unbekannten Gelände unter Kontrolle. Das war eine starke Leistung.
    Irgendwann schickte man uns unsere Schwesterkompanie aus Kundus zur Ablösung. Diese sollte noch deutlich länger hier bleiben als wir, was in Kundus für eine erhebliche Belastung der dort verbliebenen Kräfte sorgen sollte. Als wir nach sieben entbehrungsreichen Tagen ohne Zwischenfall ins Feldlager in Kundus zurückkehrten, hofften wir einfach nur, nie wieder an diesen staubigen und entlegenen Ort zu müssen …
    Zurück im Feldlager blieben uns nur wenige Tage zur Erholung. Die nächste Raumverantwortung stand bevor und sollte uns wieder ins Polizeihauptquartier von Chahar Darrah führen. Kurz vorher ging TJ endlich zum Zahnarzt. Sein inzwischen vereiterter Backenzahn musste behandelt werden, und er fiel für die Raumverantwortung aus. Stattdessen durfte ich den Dingo fahren, was für mich eine wirklich

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