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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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willkommene Abwechslung darstellte. Ich konnte mich aufs Fahren und damit auf eine neue Aufgabe konzentrieren, die mich für ein paar Tage meine Unruhe vergessen ließ.
    Noch mehr Abwechslung stellte sich ein, als wir kurz vor der Abfahrt noch Verstärkung erhielten, um die Lücke auszugleichen, die Kruschka und Simbo in Nossis Trupp hinterlassen hatten.
    Na, ihr Pappnasen, schmetterte Pello uns fröhlich entgegen und warf seine Tasche in den Flur vor den Containern.
    Pello war ein Angehöriger unserer Kompanie, hatte genau wie Nossi eine Spezialausbildung durchlaufen und war kurz vor uns schon einmal für vier Monate in Kundus gewesen. Seine Erfahrung war eine wertvolle Ergänzung für uns. Noch auffälliger war sein Charakter. Er hatte eine typische Berliner Schnauze und eigentlich immer gute Laune. Der sportbegeisterte Pello war im Gespräch nicht nur der Lauteste, sondern sagte immer ehrlich und gerade heraus, was er dachte.
    Ick hab jehört, in Baghlan wars nüscht so toll, meinte er grinsend.
    Tja, ich hab keine Ahnung, wer uns da wieder hingeschickt hat, brummte TJ missmutig.
    Pello war nicht zu bremsen.
    Ach, weest doch, wie’s is, lachte er laut, Bomben und Orden fallen immer uff die Falschen. Also macht euch nüscht draus!
    Wir alle waren der Meinung, dass er prima zu uns passte.
    Die nächste Raumverantwortung verging schnell – vielleicht auch weil ich als Fahrer des Dingo eine neue, interessante Aufgabe hatte. Jedenfalls ergaben sich durch die Frontscheibe ganz andere Einblicke auf das Treiben auf der Straße als durch das schmale Seitenfenster.
    Nach unserer Rückkehr aus der nächsten Raumverantwortung ins Feldlager war uns allen viel leichter ums Herz. Endlich lag der größte Teil des Einsatzes in Afghanistan hinter uns. Die Container sollten statt des Holzdaches eine Panzerung erhalten, damit wir sie während der Raketenangriffe nicht mehr zu verlassen brauchten, und Pello brachte mit seiner guten Laune frischen Wind in unseren Alltag. So schöpfte auch ich neue Zuversicht, dass unser Team die restliche Zeit gut hinter sich bringen würde. Neben Pello wurde unsere Kompanie noch durch einen Oberleutnant verstärkt, der gerade sein Studium beendet hatte und in unsere Kompanie versetzt wurde. Er war ein sympathischer, junger Mann und wurde zunächst in der Nähe des Chefs eingesetzt, weshalb wir ihn in der ersten Zeit nicht richtig wahrnahmen. Auf diese Weise hatte es im Laufe des Einsatzes schon einige Personalveränderungen gegeben. Einige waren gegangen, andere gekommen. Und den meisten Neuankömmlingen war dieser neugierige, aber unsichere Gesichtsausdruck zu eigen, den wir selbst am Anfang gezeigt hatten.
    So begann der 7. Oktober als ein Tag wie jeder andere auch. Ich stimmte mich langsam auf meinen nahenden fünfundzwanzigsten Geburtstag ein und verbrachte den Morgen auf der Laufstrecke. Als ich schwitzend und keuchend zu den Containern zurückkehrte, fiel mir Muli auf, der ein merkwürdiges Gesicht machte und nervös vor den Containern auf und ab ging.
    Hol mal bitte die anderen, sagte er mit ernster Miene und ohne mich zu begrüßen.
    Ich beeilte mich.
    Nach wenigen Augenblicken standen alle aus der Gruppe, die ich auf die Schnelle finden konnte, versammelt vor ihm.
    Hört zu, Jungs, begann Muli langsam zu sprechen. Es gibt schlechte Nachrichten. Ich hab es gerade mitbekommen, bevor sie das Handynetz abgestellt haben, damit nichts zu früh nach Deutschland durchsickert.
    Muli musterte jeden Einzelnen von uns. Ich hatte das Gefühl, dass er mir besonders lang in die Augen schaute. So als ob er mir zu verstehen geben wollte, nicht zu wissen, wie er das Folgende sagen sollte. Seine Lippen zitterten, als er den Mund öffnete.
    Gerade eben … Er hielt inne.
    Alle Augenpaare waren auf ihn gerichtet, niemand bewegte sich. Jeder schien die bedrückende Spannung zu spüren, die in der Luft lag. Langsam fing Muli wieder an zu sprechen.
    Gerade eben ist an der kleinen Brücke in Baghlan, wo die anderen Züge noch vor kurzem waren, Florian Pauli gefallen.
    Mir stockte der Atem. Für einen kurzen Moment spürte ich einen stechenden Schmerz im Bauch. Dann fühlte ich nichts mehr. Taub und benommen stand ich da. Niemand sprach ein Wort. Einige schauten sich fassungslos und geschockt an, andere sahen betreten auf den Boden.
    Florian war mehr als nur unser Kamerad gewesen. Er war ein Freund. Als Sanitäter hatte er fast alle von uns in der Versorgung von Verwundeten ausgebildet. Die ersten Monate in

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