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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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Festung. Als das Gemurmel verebbte, richtete er sich mühsam auf.
    Folgende Lage, begann er die Befehlsausgabe. In Baghlan, sechzig Kilometer südlich von uns, sind Kameraden der Task Force aus Mazar-e-Sharif in schwere Kämpfe verwickelt worden. Angeblich wurden an einem Vorposten ein Haufen einheimischer Milizen massakriert. Wir sollen sofort dorthin, um unsere Jungs zu unterstützen. In einer Stunde sind alle marschbereit. Wir brauchen Verpflegung und Wasser für drei Tage. Wegtreten.
    Während wir die Fahrzeuge beluden, war immer noch Raketenalarm. Als wir zum Haupttor hinausfuhren, wirkte das Lager wie ausgestorben. Die Zurückgebliebenen saßen in den Schutzräumen. Ich habe das Lager nie wieder so gespenstisch erlebt.
    Nach kurzer Zeit waren wir auf dem Weg nach Baghlan. Der deutsche Außenposten dort wurde OP North genannt. Dieser Observationspunkt befand sich auf einem verlassenen sowjetischen Militärgelände, mehr wussten wir darüber nicht. Die Kompanie bildete auf der asphaltierten Straße eine lange Schlange. Weil wir mit allen vier Zügen losfuhren, konnte unsere Schwesterkompanie in der Raumverantwortung im Chahar Darrah nicht mehr von uns verstärkt werden, solange wir in Baghlan waren. Wir waren hinter Foxtrott der zweite Zug in der Kolonne.
    Kurz nachdem wir die Provinzgrenze hinter uns gelassen hatten, änderte sich die Landschaft schlagartig. Die weiten Wüstenebenen verschwanden und wichen engen Tälern, deren grüne Felder bis zu den schroffen Berghängen reichten. In der Mitte rauschte ein klarer Fluss dahin und begleitete die schmale Straße, die sich an die steilen Berge schmiegte. Sie verlief oberhalb der Täler, weshalb es auf der einen Seite steil nach oben und auf der anderen Seite steil nach unten führte. Ich saß rechts und fühlte mich unwohl, als ich aus dem Fenster schaute.
    Immer wieder passierten wir Militärposten der afghanischen Armee. Zwei oder drei Soldaten, die in einer kleinen Hütte und umgeben von Sandsäcken ihren Dienst verrichteten. Ich stellte mir vor, wie sie ohne Funk und Fahrzeuge hier draußen wachten. Davor hatte ich Hochachtung. Ab und zu überholten wir ein Auto oder einen Lastwagen, manchmal kam uns ein vollbesetzter Bus entgegen und es wurde ziemlich eng auf der Straße. Einmal fuhren wir an einem nagelneuen BMW vorbei und schauten ungläubig aus dem Fenster.
    Seht euch diese geile Landschaft an, verkündete ich, als ich mich endlich an den Anblick der steilen Abhänge gewöhnt hatte.
    Na ja, geht so, maulte Hardy, der links nur ein paar Felswände betrachten konnte.
    Stellt euch mal vor, ich würde hier ein Hotel aufmachen und Trekking anbieten, schwärmte ich beim Anblick der malerischen Täler.
    Genau, sagte Mica verschmitzt. Und das nennst du dann: Zum tanzenden Taliban!
    Oder noch besser, mischte Muli sich lachend ein, Eselmotel – Taliban bevorzugt.
    Wir waren guter Stimmung, als uns ein Funkspruch erreichte.
    Hier Mü. Der Chef hat gerade bekanntgegeben, dass es eine Anschlagswarnung für unsere Strecke gibt. Angeblich sind einhundertzwanzig Aufständische in Stellung gegangen und warten auf uns. Es gibt im Moment keine Luftunterstützung, weil alle Flugzeuge in ganz Afghanistan im Einsatz sind. Ende.
    Die ham sich ja den passenden Tag ausgesucht, verkündete Muli.
    Na ja, für mich ergibt das Sinn, bemerkte ich nachdenklich. Ich denke, die wollen uns gar nicht in eine große Schlacht verwickeln. Aber wenn überall ein bisschen geschossen wird, überlegen sich die Leute zweimal, zur Wahlurne zu gehen.
    Plötzlich tauchte ein paar Meter vor uns ein schmaler Pfad zwischen den Felsen auf. Ich konnte im Augenwinkel noch den Kopf einer Kuh sehen, als TJ schon das Lenkrad herumriss und der unhandliche Dingo ins Schleudern geriet. Nach rechts hatten wir höchstens zwei oder drei Meter Platz, bevor es steil in den Abgrund ging. Schon hoben sich die linken Räder ein Stück und ich spürte, wie das schwerfällige Fahrzeug zu kippen begann. Ich stemmte meine rechte Hand gegen die Tür und hielt den Atem an. Mein Helm schlug gegen die Scheibe und mein Bein verlor den Kontakt zum Boden. Mica fiel auf mich und lag auf meinem Gesicht, während sich der Dingo weiter neigte.
    Wir sind viel zu schnell, schoss es mir durch den Kopf.
    Der Dingo kippte immer mehr, die Reifen hatten auf der linken Seite nun komplett die Bodenhaftung verloren. Auf einmal wurden wir in die entgegengesetzte Richtung geschleudert und mein Kopf stieß unsanft mit Mica zusammen. Der Dingo

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