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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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in die Luft und hatte dann eine Störung an der Waffe. Heilfroh, wieder in die scheinbare Sicherheit der Mauer flüchten zu können, sank ich in mir zusammen und überprüfte mein Gewehr. Der Verschluss klemmte ein wenig.
    Während ich noch an der Waffe herumbastelte, wurde beim Foxtrott Zug wieder geschossen. Der Beschuss schien schlimm zu sein, es war ein fernes Grollen und Donnern, das erst nach Minuten wieder abflaute. Dann erreichte uns ein Funkspruch.
    Wir haben einen Verwundeten.
    Die Nachricht traf mich bis ins Mark. Ohne die Einzelheiten zu kennen, wurde mir schlagartig bewusst, dass dieser Tag anders war als die vorherigen. Ein Verwundeter, ein Verwundeter. Dieser Gedanke kreiste immer wieder durch meinen Kopf. Unsere Kompanie hatte so viel Glück gehabt. So viele Sprengstoffanschläge waren glimpflich verlaufen. Was war denn auf einmal los?, fragte ich mich. Erst Florian und jetzt das!
    Unser erster Verwundeter durch einen Gewehrtreffer. Nach und nach kamen über Funk immer mehr Informationen. Bald wussten Muli und ich auch, um wen es sich handelte. Es war einer der Mannschaftsdienstgrade, der genau wie Pello direkt vor uns schon vier Monate Einsatz absolviert hatte und in einer Spezialverwendung gewesen war. Freiwillig hatte er seinen Aufenthalt verlängert, um uns zu verstärken. Er war einer der Besten in der Kompanie. Hatte sich eine vertrauensvolle Position erarbeitet. Dies war seine letzte Raumverantwortung vor dem Rückflug nach Deutschland.
    Er ist schwer verletzt, schwebt in Lebensgefahr. Gleich kommt ein Hubschrauber rein, gab Muli erregt an mich weiter. Er wird so schnell wie möglich ausgeflogen.
    Sofort informierte ich den Rest der Gruppe. Und bereute gleich darauf meine Entscheidung. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie nicht gewusst hätten, um wen es sich handelte und wie schwer er verletzt war. Es konnte sie ihre Konzentration kosten. Dann dachte ich daran, wie wenig ich selbst gerade bei der Sache war, und sah ein, dass es vermutlich keinen Unterschied machte.
    Als die beiden Hubschrauber schließlich über uns kreisten, ging der Beschuss wieder mit unverminderter Stärke los. Einer der Helis sollte landen, der andere in der Luft sichern. Aber die Aufständischen versuchten nun mit allen Mitteln, ihn am Landen zu hindern. Schlagartig fiel mir der Karfreitag ein. Der Rettungshubschrauber war trotz des heftigen Beschusses gelandet und mit Glück nur leicht beschädigt worden.
    Der erste Landeversuch schlug fehl. Die beiden Hubschrauber gingen wieder auf Abstand und kreisten in einiger Entfernung. Als einer der Hubschrauber unter starkem Deckungsfeuer des Foxtrott und India Zuges schließlich landen konnte, waren wir alle erleichtert, dass unser verwundeter Kamerad endlich ausgeflogen werden konnte. Die amerikanischen Hubschrauber drehten ab. Ich wagte es nicht, darüber nachzudenken, was wir ohne sie gemacht hätten. Was unserem Kameraden ohne sie passiert wäre.
    Der Chef hat Artilleriefeuer angefordert!, rief Muli mit dem Funkgerät am Ohr.
    Wir jubelten. Die Freude, in solch einer Situation wirkungsvolle Unterstützung zu bekommen, war unbeschreiblich. Als die mächtige Panzerhaubitze im Feldlager abgefeuert wurde, blieben uns nur wenige Sekunden, um zu hoffen, dass sie an die richtige Stelle schoss. Denn immerhin mussten die Kameraden im Lager über unsere Stellung hinwegschießen, um vor dem Foxtrott Zug den Feind zu treffen. Wir hörten die Geschosse heranfliegen. Und konnten sie am Himmel über uns sehen. Ein ohrenbetäubendes Heulen und Pfeifen begleitete ihren Flug. In einem großen Bogen zogen die beiden Granaten am Himmel ihre Bahn. Das Schauspiel war in seiner Gewaltigkeit schrecklich und wunderschön zugleich. Ehrfürchtig starrten wir nach oben.
    Der Aufschlag war dumpf und unspektakulär. Der Feind sollte nur eingenebelt werden, weshalb die Granaten keine Sprengladung enthielten. Eine gewaltige, zwanzig Meter hohe Nebelwand erschien über den Baumwipfeln. Vor den Stellungen des Foxtrott Zuges wurde dem Feind komplett die Orientierung genommen. Und auch bei uns hörte der Beschuss schlagartig auf. Muli setzte sich neben mich.
    Hör mal, sagte er mit gedämpfter Stimme, so dass ich meinen Gehörschutz ein Stück herausziehen musste. Ich hab grad ’ne Meldung über Funk bekommen. Unser Kamerad lag auf einem Hausdach, als es ihn erwischt hat. Wahrscheinlich ein feindlicher Scharfschütze. Unsere Leute sind dabei, den Funkverkehr von denen abzuhören. Es wird vermutet,

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