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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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meinen Beruf, den ich als Berufung empfand. Aber vielleicht hatte ich einen verstellten Blick auf mein Umfeld, auf das, was dieser Beruf für die Menschen in meinem Leben mit sich brachte.
    Ich weiß doch, wie wichtig dir dieser Einsatz ist, sagte sie mit zärtlichem Ausdruck in der Stimme. Aber du hast mich allein gelassen.
    Dieser zweite Satz klang weniger zärtlich. Ich sie allein gelassen? Ich unterdrückte die aufkeimende Wut über das Gesagte und begann ihr etwas über die Notwendigkeit zu erzählen, solche Dinge zu tun, wenn man Soldat ist. Das Gleiche, was ich auch anderen erzählte, wenn ich auf den Einsatz angesprochen wurde. Sicherlich war es begründet und nicht falsch, was ich sagte. Aber es half ihr, half uns in dieser Situation keinen Zentimeter weiter. Sie mochte die Bundeswehr nicht. Sie sagte immer, dass sie meine Entscheidung respektiere, aber nicht gutheiße. Aber jetzt verhallten meine Argumente im Telefonhörer aus einem anderen Grund. Ich hörte auf, mich zu erklären. Sie sagte etwas, das mich stutzig machte.
    Du hast dich dazu entschieden, ohne dir den kleinsten Raum für eine andere Option zu lassen. Du hattest von Anfang an vor, mich nur darüber zu informieren, dass du in den Einsatz gehst. Weißt du, wie ich mich zu Beginn dabei gefühlt habe, als du es mir erzählt hast? Du hast sogar davon gesprochen, dass wir uns trennen, weil du deine Probleme nicht auf mich abwälzen wolltest. Das war die falsche Möglichkeit, diesen Weg zu gehen. In einer Beziehung gibt es nur gemeinsame Probleme.
    Ihre Stimme hatte viel weniger Schärfe, als man es von solch einer Ansprache vielleicht erwarten würde. Ich musste nicht darauf antworten. Wir beide wussten, dass ich mit der Situation überfordert gewesen war. Die Entscheidung, als Soldat in den Einsatz zu gehen, war mir unendlich leichter gefallen, als mit den privaten Konsequenzen umzugehen. Ihr vorzuschlagen, dass wir uns trennen, hatte sicherlich den größten Spalt zwischen uns aufgerissen. In einer Beziehung gibt es nur gemeinsame Probleme – ich betrachtete diesen Satz auf einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel. Ich musste erst fünftausend Kilometer weit weg sein, um zu verstehen, was sie so sehr belastete.
    Nach dem Telefonat saß ich noch lange in der stärker werdenden Dunkelheit. Die Luft kühlte sich langsam ab, und mein Kopf schien besser arbeiten zu können. Wie schwer musste es für all die Menschen sein, die zu Hause zurückgelassen wurden. All die Soldaten, Tausende von Familien, Beziehungen, Freundschaften.
    Sie hatten uns davor gewarnt, dass es problematisch sein könnte, wenn die Ehefrau alles Handwerkliche im Haus übernehmen musste oder sich um die Steuererklärung kümmerte. Der Ehemann könnte sich nach seiner Rückkehr nutzlos fühlen, hatten sie uns gesagt. Über dieses offensichtliche Klischee hinaus glaubte ich, dass es ein Problem gab, das schwerer wog als Werkzeugkästen und Steuerformulare. Es war die Tatsache, dass unser Beruf sich deutlich von dem anderer Menschen unterschied. Wir mussten in ein Land gehen, um dort Krieg zu führen. Und wir taten das, weil wir einen Eid geleistet hatten. Einen Eid auch gegenüber all den Menschen, die das ablehnten, was wir taten. Und die dabei vergaßen, dass wir es uns nicht aussuchen konnten, auf welche Art wir diesen Eid erfüllen. Dies war die Verpflichtung, die wir eingegangen waren. Eine Verpflichtung, die keinen Raum für Möglichkeiten oder Diskussionen übrig ließ. Auch nicht dem Partner gegenüber. Unsere Arbeit konnte uns jederzeit das Leben kosten. Ein Polizist hatte die staatliche Ordnung und das Gewaltmonopol notfalls gegen die Bürger durchzusetzen. Nur wir Soldaten taten unseren Dienst einzig und allein zum Schutz der Menschen vor physischer Gewalt. Ich wiederholte die bekannten Worte fast unbewusst: »… der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.«
    Ich dachte daran, dass gerade dieser Tatsache zu Hause keine Rechnung getragen wurde. Weder von mir selbst noch von meinem Umfeld. Meiner Freundin war sicher klar gewesen, dass ich als Soldat auch im Ausland eingesetzt werden konnte. Aber um zu begreifen, was das für den Partner bedeutete, war ich bisher zu egoistisch gewesen. Und auch jetzt, wo ich mir darüber im Klaren war, hatte ich immer noch keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Vielleicht war es ein Anfang und vielleicht würde uns diese Erkenntnis helfen, diese Zeit zu

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