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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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in die Hand und ergänzte augenzwinkernd: Wir wissen ja, wie sehr ihr da draußen zu kämpfen habt. Da sollt ihr hier drin nicht auch noch den ganzen Tag mit dem Papier kämpfen.
    Auf dem Rückweg besuchte ich das Geschäftszimmer der Kompanie in dem Containerbau, in dem auch das Büro des Kompaniechefs lag. Ich versuchte immer, Informationen aufzuschnappen und über alles auf dem Laufenden zu bleiben. Mir war einfach wohler, wenn ich wusste, was wann auf mich zukam. Ich glaube, dass dieser Wunsch nach Sicherheit eine urmenschliche Eigenschaft ist. Noch dazu war ich sehr neugierig. Im Geschäftszimmer waren außerdem zwei Computer aufgestellt, über die wir kostenlos das Internet nutzen durften. Eine große Erleichterung, angesichts der Preise für Telefon und Internet, die wir in der Betreuungseinrichtung des Feldlagers bezahlen mussten. Eigentlich durften wir im Geschäftszimmer nur E-Mails lesen und verschicken. Aber sehr schnell hatten alle Soldaten der Kompanie ihre Chance zu nutzen verstanden, wenn man im Geschäftszimmer ungestört war, und waren nicht nur für das Kontrollieren von Mails im Internet unterwegs. Ich erwischte einen günstigen Moment. Während ich in einer Ecke des Raumes am Computer saß, kamen der Zugführer und ein Feldwebel des Hotel Zuges herein.
    Ich spitzte die Ohren, als der Zugführer zu dem Feldwebel sagte, die Kompanie würde übermorgen zur ersten Raumverantwortung aufbrechen. Dies war eine wichtige und brandneue Information. Ich beeilte mich, zurück zu den Containern zu kommen.
    Natürlich wollte ich nicht alles, was ich irgendwo aufschnappte, gleich an jeden weitergeben. Ich war keine Tratschtante und empfand das schlechte Gerede über andere hinter deren Rücken als nervig und feige und hielt mich davon bewusst fern. Aber ich fand es in Ordnung, Informationen gezielt weiterzugeben, wenn es den anderen im Zug nutzen konnte.
    Der Erste, den ich auf dem dunklen Flur zwischen den Containern traf, war Jonny.
    Ist bisher nur ’n Gerücht, aber übermorgen gehts wahrscheinlich los, hab ich grad vom Zugführer von Hotel erfahren, erste Raumverantwortung.
    Danke für die Info, entgegnete Jonny dankbar und sagte dann noch: Ich glaube, du kannst irgendwelche Pakete von der Post abholen, hab ich vorhin mitgekriegt.
    Ich hatte mir kurz vor Einsatzbeginn noch in Deutschland in einem Online-Shop zusätzliche Ausrüstung bestellt und wegen des bevorstehenden Abflugs direkt ins Feldlager liefern lassen. Ich setzte den Magnet in der Zeile »Joe« in die Spalte »Poststelle«, machte mich auf den Weg und kam kurze Zeit später schwitzend und keuchend mit zwei schweren Paketen unter dem Arm zurück. Ich war an einem Außenthermometer vorbeigekommen.
    Siebenundvierzig Grad, die spinnen doch, schimpfte ich.
    Ich konnte es kaum erwarten, den Container von Butch und Dolli zu erreichen – nicht nur, um die Last loszuwerden und der Sonne zu entfliehen. Wenn ich mir etwas bestellte, war ich wie ein kleines Kind, das sich auf ein Geburtstagsgeschenk freute und das Auspacken kaum erwarten konnte. Mit meinem Messer trennte ich das Klebeband von der Verpackung und klappte erwartungsvoll den Deckel zur Seite. Endlich war mein neuer Helm angekommen.
    Eigentlich war es verboten, im Einsatz nicht dienstlich gestellte Ausrüstung zu tragen.
    Die Bundeswehr will sich damit schützen, hatte Muli mir erklärt. Wenn einem Soldaten etwas passiert und er dabei keine durch den Dienstherrn geprüfte Ausrüstung trägt, gibt es keinen Versicherungsschutz, sagte er.
    Trotzdem wurde das Tragen solcher Ausrüstung geduldet, es oblag der Entscheidung des Kompaniechefs, der es vor unserem Bataillonskommandeur zu vertreten hatte. Unser Chef hatte die Tatsache erkannt, dass nicht alles, was die Bundeswehr lieferte, ausreichend war. Und so ließ er uns in bestimmten Bereichen Handlungsfreiheit. Ich hatte lange über das Problem der Ausrüstung in der Bundeswehr nachgedacht und konnte verstehen, dass die Bundeswehr aus Versicherungsgründen nicht alles genehmigen konnte, wenn es nicht geprüft war. Und dass es viel zu teuer wäre, immer das Allerneueste und Beste zu beschaffen. Was ich nicht verstand, war die Haltung der meisten Offiziere, die das Tragen selbstbeschaffter Ausrüstung grundsätzlich mit der Begründung untersagten, dass es der Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes widersprach. Das wirkte auf mich unflexibel und nicht bedarfsgerecht.
    Die dienstlich gestellte Ausrüstung war nicht schlecht. Man konnte mit ihr

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