Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)
war, dass ein Helm auf dem Kopf die Afghanen erschreckt. Dieser wurde nur im Notfall aufgesetzt.
Nach einer kurzen Pause sagte Muli verbittert: Aber weil die deutsche Führung viel zu lange die Gefahr nicht erkannte, die sich hier im Norden langsam aufgebaut hat, haben wir viele gute Soldaten verloren.
Von allen Aufgaben, die wir zu erledigen hatten, waren die Fußpatrouillen am kraftraubendsten. Und sie machten mir am meisten Spaß. Zu Fuß in ein Dorf zu gehen, bot immer wieder neue Einblicke in den afghanischen Alltag. Keine Hüttensammlung glich der anderen, immer war es unvorhersehbar, wie die Bewohner auf uns reagieren würden. Kurzes Grüßen, Abwenden, offene Feindseligkeit. Ich war neugierig, grüßte die Männer, übersah die Frauen, genau wie Muli es mir geraten hatte. Das Verhalten der Menschen respektieren, auch wenn ich sie nicht verstand. Manchmal waren wir schnell von einer Schar Kinder umringt, manchmal wurde uns ganz offen für unsere Hilfe gedankt, manchmal wirkten die Gehöfte verlassen, fast geisterhaft. War es Furcht, die die Menschen bei unserer Annäherung vertrieb? Furcht vor Repressalien, wenn sie mit uns gesehen wurden, oder Furcht, erwischt zu werden, weil sie Waffen versteckten oder einsetzen wollten? Manchmal schienen die Menschen richtig erfreut zu sein, dass wir uns zeigten, den Kontakt zu ihnen suchten.
Immer war es unser Chef, der durch Gespräche Kontakte knüpfte und so versuchte, Ansprechpartner zu gewinnen, Informationen zu erhalten. Gesprächsaufklärung mit Hilfe der jungen Übersetzer, die uns begleiteten. Diese Männer waren im Englischen unterrichtet worden und hatten für afghanische Verhältnisse eine hochwertige Ausbildung erhalten. Sie waren sehr wichtig für uns. Und sie hatten sich freiwillig dazu entschieden. Sicherlich war der ordentliche Monatsverdienst von siebenhundert Dollar verlockend. Der afghanische Durchschnittslohn soll bei etwa fünfzig Dollar liegen. Aber sie waren auch Idealisten, hatten eine Vorstellung im Kopf. Das spürte ich jedes Mal, wenn ich sie sah. Sie waren begeistert bei der Arbeit, es machte ihnen sichtlich Spaß. Und das, obwohl sie sich wie wir hinter dicken Schutzwesten und einer Sonnenbrille verbargen. Einer trug trotz der Hitze immer einen Kapuzenpullover, tief in die Stirn gezogen.
Als ich eines Mittags im Polizeihauptquartier gegen die wackelige, weiße Plastiktür zum Raum der afghanischen Übersetzer klopfte, wurde ich freundlich hereingerufen. Nach meinem höflichen Salam aleikum kam ich sehr schnell mit den drei jungen Männern ins Gespräch. Sie waren unglaublich aufgeschlossen und gut gelaunt. Besonders ein junger Mann mit breiten Schultern, der sich mit dem Namen Shukoor vorstellte, grinste schelmisch und fing sofort an, Späße auf meine Kosten zu machen. Wir verstanden uns auf Anhieb.
Ich erzählte, zu welchem der vier Züge ich gehörte, und sie berichteten von ihrer Arbeit als Sprachmittler für die Bundeswehr. Ich hatte so viele Fragen zu diesem fremdartigen Land und wollte die Gelegenheit nutzen, mehr zu erfahren. Aber an diesem Abend wollte ich zuallererst mehr über diese eigenartige Sprache mit ihrem fremdartigen Klang erfahren, die ich noch niemals zuvor gehört hatte. Meine Hoffnung war, ein paar Brocken Dari aufschnappen zu können, um mich auf der Straße verständlich zu machen. Ich wollte wenige Schlüsselsätze, die ich als wichtig empfand, kennen und aussprechen lernen. Die drei waren von meiner Idee begeistert.
Ich zog ein Blatt Papier aus der Tasche und begann, ihnen auf Englisch zu erklären, was ich sagen wollte. Halt, Stehenbleiben! Wir sind Deutsche! Und zwei Sätze, die mir besonders wichtig erschienen: Keine Angst! Und: Wir sind Freunde!, empfand ich als guten Einstieg. Schließlich wollte ich noch wissen, auf welche Weise ich fragen könnte, ob sich in der Straße eine Bombe befand. Dass ich auf diese Frage jemals eine ehrliche Antwort erhalten würde, war unwahrscheinlich. Trotzdem wollte ich zumindest die Chance haben, es zu erfahren.
Shukoor und die anderen sprachen mir geduldig immer wieder die Sätze vor, und ich schrieb sie dem Klang nach mit deutschen Buchstaben auf das Blatt Papier, darunter die englische Bedeutung. Dies wurde mein kleines Projekt. Meine Art, mich dieser fremden Kultur zu nähern und mich in der freien Zeit zu beschäftigen. Als ich aufbrach, äußerten sie noch eine Bitte. Ob ich ihnen ein paar deutsche Notrationen besorgen könnte, in denen kein Schweinefleisch enthalten
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