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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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kaum zu erahnen, denn die gesamte Westplatte war von Bodenwellen überzogen.
    Wir hatten unsere Gründe, weshalb wir genau hier an den Rand des Plateaus fuhren: Nur von dieser Stelle aus, an der die Westplatte einen natürlichen Vorsprung hatte, konnten wir das ganze Tal überblicken. Es gab auch andere Orte mit guter Sichtweite, aber sie waren für uns unerreichbar, weil sie in feindlichem Gebiet lagen. Wir wussten, wer die Warnung ausgesprochen hatte. Trotzdem hatten wir keine Handhabe gegen ihn. Aufgrund mangelnder Beweise entlassen, hätte man in Deutschland gesagt. Es war kompliziert, eine Zwickmühle, wir wussten das. Und bedeutete Lebensgefahr für uns. Mü hatte Muli und Brandy befohlen, nicht mehr auf den Friedhof zu fahren. Offenbar hatte der Hotel Zug es weiterhin getan.
    Nach kurzer Zeit sahen wir die Zufahrt zum Plateau in der Morgensonne vor uns liegen. Zwei Fahrzeuge der ersten Gruppe des Hotel Zuges waren am Straßenrand zu erkennen, ein paar Männer liefen dazwischen herum.
    Während wir über die kleine Brücke vor der Zufahrt zur Westplatte rumpelten, sahen wir das dritte Fahrzeug. Ein Dingo. Seine Front ragte steil nach oben, als wäre er mit den vorderen Rädern auf eine Rampe gefahren. Wir fuhren die Auffahrt hinauf und wurden noch langsamer. TJ lenkte unseren Dingo genau zwischen die beiden Fahrzeuge des Hotel Zuges, die mit einigem Abstand zu uns auf der Straße standen.
    Ich hatte keine Zeit, beim Absitzen auf die Kameraden zu achten, die gerade von einer Straßenbombe in die Luft gesprengt worden waren. Es gab nur eine schmale Durchfahrt zu der etwa hundertfünfzig Meter entfernten Stelle, wo der angesprengte Dingo mit dem Heck tief in einen Krater versunken da lag. Die Türen waren aufgerissen, ansonsten war nichts zu sehen.
    Nachdem ich den Straßenrand abgesucht hatte, stellte ich mich auf die Zufahrt zum Friedhof. Genau dort waren die Kameraden mit dem Dingo durchgefahren. Der weiche Sand ließ meine Stiefel einsinken. Ich trampelte ein paar Mal locker auf den Boden, einerseits um den Sand loszuwerden, andererseits, um den Boden zu prüfen. Nichts Auffälliges.
    Inzwischen hatten auch die übrigen Fahrzeuge unsere Position erreicht und verteilten sich in einem weiten Bogen rechts und links. Rundumsicherung. Der Chef war bereits zu sehen und beriet mit Mü und einem belgischen Kampfmittelbeseitiger das weitere Vorgehen. Nach wenigen Minuten war der Auftrag klar. Muli kam, um uns einzuweisen. Zwei Belgier würden mit dem Metalldetektor den Weg zum Dingo absuchen, um eine eventuelle Gefährdung auszuschließen. Muli, Hardy und ich sollten dicht in ihrer Nähe bleiben, um sie im Falle eines Angriffes zu verteidigen. Sie hatten zwar ihre Gewehre dabei, waren aber durch die Metalldetektoren behindert. Sobald der Weg von ihnen freigegeben wäre, könne die Bergung des Dingos beginnen.
    Zwischenzeitlich mussten die Verwundeten versorgt werden. Am schlimmsten hatte es ausgerechnet den Zugführer des Hotel Zuges erwischt. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass er von den Sanitätern auf eine Trage gelegt worden war. Dort behandelten sie ihn weiter.
    Es ist offenbar nichts Lebensbedrohliches, aber der Rücken vom Zugführer macht den Sanis Sorgen, erklärte Muli, vorsichtshalber hat der Chef einen Medevac-Hubschrauber angefordert, um ihn abholen zu lassen. Und dann fügte Muli noch leise hinzu: Der Chef hat gesagt, wenn er einen Hubschrauber anfordert, gibt er über Funk im Feldlager die höchste Verletzungskategorie an, damit wir auf der sicheren Seite sind, falls es doch schlimmer ist als zunächst erkennbar. Und damit sie gleich kommen.
    Ich verstand sofort und nickte zustimmend. Gott sei Dank hatte dieser Anschlag keine schlimmeren Auswirkungen gehabt.
    Hardy und ich standen auf der Zufahrt zum Friedhof, scharrten mit unseren Stiefeln im weichen Boden herum und warteten auf den Befehl zum Losgehen. Ich hatte den Horizont im Blick, schaute ab und zu durch mein Zielfernrohr und suchte auffällige Geländepunkte ab. Es war nichts zu sehen.
    Was meinst du, was das für ’ne Bombe war?, fragte Hardy.
    Ich überlegte kurz. Ich schätze eine mit Druckplatte. Wenn es eine ferngezündete gewesen wäre, egal ob per Draht oder per Handy, darf der Attentäter nicht sehr weit weg gewesen sein, und hier gibts wenig Verstecke.
    Hardy nickte.
    Eine Bombe mit Druckplatte funktionierte so: Durch ein Gewicht wurden zwei Metallplatten aneinandergedrückt. Bei deren Berührung wurde ein elektrischer Kontakt

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