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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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und haben eine Verantwortung zu tragen. Und es hatte sogar Angriffe auf Deutschland gegeben. Die Kofferbomber von Köln, die Sauerlandgruppe, schließlich die Al-Qaida-Terroristen in Düsseldorf. Sie waren im afghanisch-pakistanischen Grenzland ausgebildet worden, um in Deutschland möglichst viele Menschen zu töten. Sie versteckten sich hier mit ihren Kalaschnikows und US-Dollars hinter der armen Bevölkerung. War es dann nicht unsere Pflicht, hierherzukommen, um die Basis für solche Anschläge zu zerstören? War es dann nicht unsere Pflicht, in dieses Land zu gehen und den Menschen hier eine bessere Zukunft zu bereiten, damit der Nährboden für die Verbrecher schwand?
    Als ich mich mit Jonny vor dem Einsatz einmal über das Töten von Menschen unterhalten hatte, wollte er wissen, ob ich Angst vor dem Tod hätte.
    Was meinst du?, fragte ich zurück. Meinen Tod oder den Tod eines Menschen, den ich umbringe?
    Fang erst mal mit deinem Tod an, sagte Jonny.
    Das ist für mich das Gleiche, sagte ich voller Überzeugung. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Aber ich habe Angst vor dem Sterben.

BOMBEN AUF DEM FRIEDHOF
    Der ständige Wechsel aus Hitze und Schatten, das hastige Anziehen während der Nacht kurz vor der Wache, die holprigen Fahrten während der Patrouillen bestimmten unseren Tagesablauf im Polizeihauptquartier. Dazu das Schwitzen. Die kleinen Klimaanlagen schafften es nicht, den großen Schlafraum des Golf Zuges komplett zu kühlen. Immer wieder brach Streit aus, wenn Golf zwei während unserer Wache die Klimaanlagen in Richtung ihrer Betten gedreht hatte und umgekehrt. Da wir nur die Fußpatrouillen gemeinsam durchführten, unterstützte der Wachplan die Spaltung, die sich zusehends in unserem Zug zeigte. Golf eins, von Muli geführt, Golf zwei von Brandy geführt. Und weil sich Mü bei der Wache oder den Patrouillenfahrten mit seinem Zugtrupp ausschließlich Golf zwei anschloss, kamen wir uns bald wie eine eigenständige, kleine Einheit vor. Eine Gemeinschaft aus dreizehn Männern, die von Muli geführt wurde.
    Ich war darüber nicht unglücklich, stand ich Mü doch kritisch gegenüber. Aber mir war trotzdem nicht sehr wohl dabei, denn im Kampfeinsatz konnte die Spaltung viel Schaden anrichten. Für den Moment jedenfalls schien der Zugführer nichts dafür zu tun, etwas an der Situation zu ändern. Der Einkauf der Getränkedosen wurde inzwischen auch nur noch von den einzelnen Gruppen und nicht mehr für den ganzen Zug gemacht. Ständig hatten wir uns gestritten, weil die einen der Meinung waren, die anderen hätten zu viel aus dem Kühlschrank im Schlafraum genommen. Unter normalen Umständen hätten wir vielleicht ein klärendes Gespräch geführt. Aber angesichts der ständigen Hitze, des Schlafmangels und der belastenden Aufgaben fehlte uns während der wenigen Freizeit einfach die Kraft dazu. Nach der Rückkehr in den Schlafraum sanken die meisten sofort ins Bett, wollten wenigstens für ein paar Stunden ihre Ruhe haben. Jedes kleine Wort konnte wie ein Funke ein Feuer entfachen.
    Solche Dinge führten dazu, dass der Teamgeist innerhalb der Gruppe Golf eins noch weiter gestärkt wurde. Je mehr wir uns von den anderen entfernten, umso enger schlossen wir uns zusammen.
    Seit ein paar Tagen begleitete uns ein junger Mann bei allen unseren Aufträgen. Er arbeitete als freier Fotograf und kam aus Holland. Joel war schon mehrfach in Afghanistan gewesen, um aus diesem Krisenland zu berichten. Über seiner Zivilkleidung trug er eine schwarze Schutzweste und einen schwarzen Helm und unterschied sich dadurch deutlich von den Soldaten, die ihn umgaben. Wir hatten ihm eindringlich erklärt, wie er sich verhalten sollte und wann er welche Dinge tun durfte, wenn wir unterwegs waren. Dies war sehr wichtig, um uns und ihn nicht in Gefahr zu bringen. Seine Anwesenheit war eine willkommene Abwechslung für uns, auch wenn wir uns nur auf Englisch mit ihm unterhalten konnten. Während einer Fahrzeugpatrouille erzählte er von einem seiner Afghanistan-Besuche.
    Wisst ihr eigentlich, dass die Bundeswehr vor einigen Jahren noch im offenen Geländewagen durch Kundus gefahren ist? Ungepanzert. Das hatte fast etwas von einer Spritztour mit dem Cabrio. Heute seid ihr hochgerüstet, bewegt euch nur noch mit Helm aus dem Fahrzeug. Das war echt ein anderes Gefühl, damals.
    Und fahrlässig gefährlich, ergänzte Muli und erklärte den Hintergrund. Früher musste das Barett getragen werden, weil die militärische Führung der Meinung

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