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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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wussten. Einer der Jungen hatte die ganze Zeit über nichts gesagt. Er war fast der Kleinste und stand schüchtern etwas hinter den anderen. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und ging in die Hocke, um ihn nicht einzuschüchtern. Dann streckte ich den Arm mit dem Ball aus und lächelte freundlich. Sofort wollte einer der größeren nach dem Ball greifen, aber ich hielt ihn zurück und gab ihn dem kleinen Jungen. Als sie ihn alle friedlich lachend umringten und die Geschenke bestaunten, zog ich mich zurück und nickte Muli zu, dass wir aufbrechen konnten.
    Als wir losfuhren, blieben die Jungen noch einen Moment an der Straße stehen und winkten uns hinterher. Die Zusammenkunft berührte mich, und ich kam mir etwas komisch vor, dabei die ganze Zeit mein Gewehr in der Hand gehabt zu haben.
    Muli befahl TJ, sehr langsam durch die Dörfer zu fahren, damit wir mit dem aufgewirbelten Staub nicht die Menschen verärgerten. Es war ein Balanceakt, der zwischen unserer Gefährdung auf der einen und dem Gewinnen der Bevölkerung auf der anderen Seite hin und her wogte. Je langsamer wir fuhren, umso mehr machten wir uns zur Zielscheibe, umso mehr mussten wir die Augen offen halten. Aber die Menschen konnten uns dadurch auch wahrnehmen. Konnten sehen, dass in den großen, bewaffneten Ungetümen, die an ihnen vorbeifuhren, ebenfalls Menschen saßen.
    Die Rückkehr ins Polizeihauptquartier verlief ohne Zwischenfälle. Beim Absitzen sagte ich scherzhaft zu Joel, dessen Zeit bei uns sich dem Ende zuneigte: Wir freuen uns natürlich, dass wir nicht kämpfen müssen, aber für dich ist es schon irgendwie blöd, weil du ja hinter spektakulären Bildern her bist.
    Er lachte kurz über meinen Scherz. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst. Aber spektakuläre Bilder bedeuten in der Regel, dass es Verwundete und Tote gibt, sagte er und schaute mich an.
    Ich sagte nichts. Was hätte ich auch sagen sollen? Das Ganze schien mir sehr weit weg zu sein.
    Nach einer Nacht Schlaf gab es Alarm. Mal wieder. Blick auf die Uhr, kurz nach fünf. Ich blendete den Lärm der anderen um mich herum aus und arbeitete mich mit ruhigen Bewegungen aus meinem Schlafsack. Aufrichten, Blick durch den Raum. Die einen schon in hektischer Betriebsamkeit, die anderen noch verschlafen.
    Hose an, Gürtel mit Pistole umschnallen. Schutzweste, Helm, Gewehr, alles griffbereit.
    Joel schnappte seine Kamera-Ausrüstung und folgte uns zügig in den Innenhof, wo Muli uns bereits erwartete und in die Lage einwies.
    Der Hotel Zug wurde angesprengt, oben auf der Westplatte, direkt hinter der Zufahrt zum Plateau. Wir müssen da so schnell wie möglich zur Verstärkung hin, alles aufsitzen!
    Wir stürzten zum Fahrzeug. Alles ging schnell, niemand war nervös. Fahrzeug fertigmachen, Plane von der Waffenanlage nehmen, Auffahren der Fahrzeuge im Innenhof, alles lief ab wie automatisch. Letzte Befehle per Funk. Dann fuhren Golf eins, Mü und sein Zugtrupp los, gefolgt von Jammer, Sanitäter und dem Chef mit seinem Fahrzeug. Die Sonne über dem Horizont hatte den neuen Tag bereits eingeleitet. Wir hatten kaum Zeit, ihr glühendes Gelb zu betrachten.
    Gab es Verwundete?, fragte Mica.
    Leichtverwundete, antwortete Muli knapp. Er drehte sich zu uns um, blickte uns an, als würde er etwas spüren. Treue um Treue!, brüllte er.
    Aauuh!, brüllten wir zurück.
    Ich will, dass ihr nach dem Anhalten sofort absitzt und die Umgebung nach Sprengsätzen absucht, befahl Muli, seid gründlich.
    Wo steht das angesprengte Fahrzeug?, war meine erste Frage.
    Auf dem Friedhof, der direkt neben der Straße ist, auf der rechten Seite.
    Gab’s da nicht ’ne Anschlagswarnung?, fragte ich verwundert.
    Ja, fuhr Muli fort. Nachdem wir zur Beobachtung immer auf das Friedhofsgelände gefahren sind, hat ein Anwohner uns mitgeteilt, dass etwas passiert, wenn wir das weiterhin tun.
    Ich wurde stutzig. Das besagte Gelände war von einem ordentlichen, fein geharkten deutschen Friedhof Lichtjahre entfernt. Es lag mitten auf der Westplatte, direkt neben der Zufahrt zum Plateau. Ein winziges blaues Gebäude mit rundem Dach befand sich in der Mitte des Gräberfeldes. Von den Patrouillen in die kargen Dörfer her wussten wir, dass die meisten Gebäude mit bunter Farbe religiöse Orte waren. Meistens die Moschee. Ein paar einfache Stöcke mit bunten Tüchern waren das Einzige, was auf der Westplatte eindeutig auf einen Friedhof hindeutete. Sie steckten locker im Boden, neben Mulden oder winzigen Erdhaufen. Die Gräber waren

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