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Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition)

Titel: Vier Tage im November: Mein Kampfeinsatz in Afghanistan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Clair
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wieder einmal vor der Kompanie. Berichtete über die Gesamtlage, sprach von weiteren Plänen. Von einem sprach er nicht: Wann genau es wieder nach Hause gehen würde. Wir standen in der Sonne und hörten zu:
    Ich bin sehr stolz auf unsere bisherige Leistung. Wir haben uns in unseren ersten Gefechten bewährt und vor allem behauptet. Natürlich gab es besonders am Anfang das, was schon Clausewitz als Friktionen bezeichnet hat. Aber das ist normal und ändert nichts an unserer guten Leistung. Auch unsere Präsenz abseits der Hauptstraßen trägt erste Früchte. Der Gegner hat versucht, uns zu treffen und zum Nachgeben zu zwingen. Das ist ihm nicht gelungen. Wir sind standhaft geblieben. Die Situation kehrt sich nun langsam um. Der Gegner gerät in die Defensive, tagsüber durch uns und nachts durch den Einsatz der Spezialkräfte. Und bald nehmen wir ihm nicht nur seine Ruhephasen, sondern auch seine Ruheräume. Dazu werden wir unseren Kontakt zu den Verantwortlichen in den Dörfern weiter intensivieren und ihnen Schritt für Schritt eine Alternative zu den Aufständischen zeigen. Eine realistische Alternative.
    Der Chef sprach noch eine Weile über dieses Thema, bis er uns schließlich noch einmal aufhorchen ließ.
    Wir waren bis zum heutigen Tag die erste von zwei Infanteriekompanien des Feldlagers, erklärte er. Nachdem die Kameraden unserer Schwesterkompanie nun ebenfalls in Kundus eingetroffen sind, werden wir ab Ende der Woche offiziell Teil des ersten aufgestellten Ausbildungs- und Schutzbataillons der Bundeswehr sein. Schon bald werden wir unsere Zusammenarbeit mit der afghanischen Armee intensivieren und Operationen im größeren Stil durchführen. Damit unterstehen wir nicht mehr dem Kommandeur des Feldlagers, sondern unserem eigenen Bataillonskommandeur, der direkt durch das deutsche Oberkommando in Mazar-e-Sharif geführt wird.
    Ich konnte mir im Moment nichts unter einem Ausbildungs- und Schutzbataillon vorstellen. Aber ich war gespannt darauf, was sich an unserem Alltag ändern würde. Schließlich sagte der Chef noch etwas Wichtiges.
    Ich weiß, fing er an, wie sehr es uns alle beschäftigt, wann es wieder nach Hause geht. Und es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen diese Information noch nicht geben kann. Ich kann Ihnen noch nicht einmal sagen, warum die übergeordnete Führung diese Information noch nicht hat. Aber ich halte diesbezüglich engen Kontakt mit unserem Bataillonskommandeur. Und ich verspreche Ihnen, alles Menschenmögliche dafür zu tun, damit wir vor Weihnachten wieder zu Hause sind.
    Das Letzte beruhigte uns sehr. Wir vertrauten unserem Chef und wussten, dass er es ehrlich meinte, auch wenn die Entscheidung letztendlich nicht bei ihm lag.
    Am Nachmittag besuchte ich die Bekleidungskammer. Herr Ajmal saß an einem kleinen Tisch, auf dem sich eine Nähmaschine befand. Er arbeitete direkt in der Bekleidungskammer, wo wir unsere defekte Ausrüstung umtauschten, damit kleinere Arbeiten gleich von ihm erledigt werden konnten.
    Salam aleikum, mein Freund, sagte ich höflich.
    Er lächelte und wollte wissen, wie er mir helfen könne.
    Sein Deutsch ist wirklich ausgezeichnet, dachte ich wie jedes Mal, wenn ich ihn traf. Dass er es sich selbst beigebracht hatte, beeindruckte mich dabei noch mehr. Ich erzählte ihm von meiner Idee.
    Ich habe hier einen Entwurf für ein Klettabzeichen und würde dich bitten, es anzufertigen, sagte ich und sah ihn erwartungsvoll an.
    Er betrachtete meine Zeichnung und nickte.
    Wie schnell brauchst du das?, fragte er mich und gab mir zu verstehen, dass er viel zu tun hatte.
    Wir sind jetzt erst mal eine Woche draußen, wenn du es bis danach schaffen könntest, wäre es toll, erklärte ich.
    Normalerweise nicht, aber für dich mach ich es, versprach er und lächelte.
    Abends saß ich noch mit Purzel in unserem Container. Wir sprachen angeregt über unsere Familien und die Herausforderungen, die sich aus dem Einsatz ergaben. Inzwischen schätzte ich die Gespräche mit ihm sehr. Er schaffte es auf wundervolle Art, mir ernsthaft zuzuhören und durch kleine Scherze trotzdem gute Laune zu verbreiten. Ich bereute es keine Sekunde, ihn als Wohnpartner zu haben.
    Das Beschissenste ist die Entfernung nach Hause, brummte ich. Einfach hier zu sitzen und nichts tun zu können, wenn was passiert.
    Stimmt, pflichtete er mir bei. Kruschka muss das mit seiner Tochter doppelt hart getroffen haben, meinte er.
    Für unsere nächste Raumverantwortung wurde der Golf Zug auf den Höhen

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