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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
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gefiel es ihr nicht, und sie machte es sich auf dem Balkon bequem. Immer wieder jagte ich sie weg, ich befürchtete, sie könne sich dort erkälten, aber Kinuli folgte nicht und beharrte auf ihren Lieblingsplatz.
    Kinuli stand sehr früh auf, viel früher als wir.
    Wir schliefen auf dem Balkon. Kaum hörte Kinuli morgens unsere Stimmen, so miaute sie, krallte sich an den Vorsprüngen der Tür fest, zog sich hoch und versuchte, zum Fenster hinauszuschauen. Sie wollte zu mir. Sie konnte sich nicht lange halten, denn ihre Krallen waren noch weich, und so plumpste sie immer wieder herunter.
    Doch wußte sie sich bald zu helfen. Sie rückte sich einen Sessel an die Tür. Der Sessel war sehr schwer, ich selber bewegte ihn nur mit Mühe vom Fleck, doch Kinuli war erfinderisch. Sie nahm Anlauf und sprang so lange immer wieder gegen den Sessel, bis dieser dicht an der Tür war. Dann kletterte sie hinein und hatte es nun äußerst bequem, zu mir aufzuschauen.
    Vor Schura hatte Kinuli Scheu. Wenn er auf dem Bett lag, kam sie nicht hinauf, lag ich aber darauf, kam sie sofort zu mir. Sie rieb sich an meinem Kopf, schmeichelte und forderte mich zum Spielen auf.
    Wie oft versuchte ich, mich schlafend zu stellen, nur um länger liegenbleiben zu können. Ich schloß die Augen und tat ganz, als schliefe ich – es half mir alles nichts.
    Sie ließ einem gar nicht richtig Zeit, sich zu verstellen, im Handumdrehen war sie da und zerrte einen vom Bett. Eine richtige Plage war das!
    Wenn der Balkon am Tage von der Sonne beschienen war, schritt Peri hinaus, um ihre alterssteifen Glieder zu erwärmen, Kinuli aber, um die Passanten zu beobachten oder ein Sonnenbad zu nehmen. Sie legte sich in die pralle Sonne, unbedingt mit dem Bauch nach oben, nur den Kopf verbarg sie im Schatten.
    Je nachdem der Sonnenstand sich verschob, wechselte Kinuli ihren Lagerort. So verbrachte sie einige Stunden, und ich war sehr froh darüber, denn die Sonne ist für Tierkinder ebenso heilsam wie für Menschenkinder.
    Ich ging jetzt wieder regelmäßig zum Dienst und kam nur in den Pausen nach Hause, um Kinuli zu füttern.
    Schon wenn ich den Schlüssel ins Schlüsselloch steckte, hörte mich Kinuli. Sie kam mir entgegen, sprang umher, schmeichelte und rieb ihren Kopf an mir. Manchmal legte sie sich mir zu Füßen, umfaßte sie mit den Pfoten und beleckte sie. Sie war eifersüchtig auf Peri, ließ sie nicht an mich heran und gab auch nicht zu, daß ich sie streichelte. Ich brauchte bloß die Hand nach Peri auszustrecken – schon war Kinuli zwischen uns! Peri war ein sehr beherrschter, kluger Hund und gab immer nach. Sie wedelte freundlich mit dem Schwanz und machte sich dann still davon. Kinuli war das strikte Gegenteil. Sie fraß nicht einmal, wenn man sie nicht streichelte. Wie oft war die Zeit knapp, meine Arbeitspause zu Ende, ich mußte zum Dienst zurück, aber nein, erst mußte ich schmeicheln und sie streicheln. Nach einiger Zeit entschloß ich mich, mit meiner Nachbarin, Xenia Stepanowna, zu verhandeln, ob sie nicht in meiner Abwesenheit auf Kinuli achtgeben wolle.
    Xenia Stepanowna war schon sechsundsiebzig Jahre alt. Alle sagten „Großmutter“ zu ihr, und auch ich nannte sie so. Es war eine ruhige, gütige alte Frau, allen half sie, jedem tat sie einen Gefallen. Kein Wunder, daß sie von allen geliebt wurde. Auch Kinuli war ihr bald zugetan. Schon am zweiten Tage, als die Großmutter sich auf einen Stuhl gesetzt hatte, kletterte Kinuli ihr auf den Schoß und versuchte, mit ihr zu spielen. Bei solchen Gelegenheiten kam es wohl auch vor, daß der Strumpf oder die Schürze der Großmutter einen Riß davontrugen, aber sie war nicht böse darüber. Im Gegenteil, sie suchte es vor mir zu verbergen, damit ihr Liebling ja nicht gescholten wurde. Sie hatte Kinuli sehr liebgewonnen, gab ihr, was sie an Milch übrig hatte, und hielt ihr Geschirr sehr sauber.
    Und doch war ich immer aufgeregt, wenn ich zum Dienst ging. Kinuli wird doch nicht etwas Schweres auf sich herunterreißen oder die Tür aufmachen, auf den Balkon hinauslaufen und hinunterstürzen! Die Stäbe des Balkongeländers sind nicht sehr dicht, wenn sie sich nun durchzwängt? Immer wieder vergewisserte ich mich beim Fortgehen, ob die Tür auch wirklich verschlossen war. Ich kann mich noch gut entsinnen, welche Angst ich einmal ausstand: Ich komme ins Zimmer – Kinuli ist nicht da, die Tür nach dem Balkon steht offen. Mir zitterten Hände und Füße, und ich konnte nicht den Mut aufbringen

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