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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wera Tschaplina
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Schon war Kinuli zur Stelle. Sie rückte den Sessel herzu, stieg auf den Tisch und schob mit der Pfote den Apparat vom Tisch herunter. Wassja kam zurück und fand sein Radio zerschlagen am Boden liegen.
    Eine ganze Anzahl Sachen verdarb Kinuli auf diese Weise. Nichts konnte man hängen lassen. Mäntel, Gardinen, alles zerriß sie. Wassja wird an den Fernsprecher gerufen, er kommt und schleppt seine Betten mit. Die Mieter lachen: „Was ist los, Wassja? Hat Ihre Einquartierung Sie hinausgeworfen?“ Doch Wassja ist seiner Einquartierung nicht böse. Er behandelt den kleinen Löwen mit Geduld und versucht, ihn mit Liebkosungen zu zähmen. Vom ersten Tage an hatte er den kleinen Bösewicht liebgewonnen. Vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken, versucht er immer wieder, ihn zu streicheln.
    Ich besuchte Kinuli absichtlich nur selten in dieser Zeit. Wassja versorgte sie ganz allein, gab ihr auch zu fressen. Nach ungefähr vierzehn Tagen fing Kinuli an, sich an ihn zu gewöhnen, und erlaubte ihm, sie anzufassen. Sie selber schmeichelte zwar noch nicht, doch knurrte sie ihn auch nicht mehr an. Mit Schmeicheln begann sie erst viel später. Vorerst kam sie zu ihm heran, legte sich nieder und rieb, wie aus Versehen, den Kopf an seinen Füßen.
    Da kam Wassja eines Abends nicht nach Hause. Kinuli war sehr aufgeregt, sie lief durch die Zimmer, miaute und lauschte angespannt. Erst am Morgen kam Wassja heim. Kinuli hörte seine Schritte im Vorzimmer, machte die Tür auf und stürzte ihm entgegen: Sie umfaßte mit den Pfoten seine Beine und schmeichelte lange und zärtlich. Kinuli und Wassja waren von nun an unzertrennliche Freunde. Wassja vernachlässigte sogar seine Bekannten. Seine ganze Freizeit verbrachte er zu Hause. Was tat er nicht alles, um Kinuli zu zerstreuen! Er spielte Ball mit ihr und Versteck. In Ermangelung von Verstecken machte Wassja die Schranktür auf, kroch in den Schrank und rief: „Kinuli, wo bin ich denn?“ Kinuli geht herum, horcht auf sein Rufen, oder sie versteckt sich selber und wartet ihrerseits. Wassja steckt den Kopf zum Schrank heraus – und schon ist Kinuli da. Sie springt zu ihm hin, packt ihn mit den Pfoten und schmeichelt. Wassja fährt sie auf dem Sessel spazieren: Kinuli setzt sich in den Sessel, drückt sich fest an die Lehne und läßt sich so von Wassja durch das Zimmer fahren, sie sitzt ganz vornehm da und schaut erhaben um sich.
    Zu der Zeit arbeitete Wassja in der Fabrik. Er mußte früh um sieben aufstehen. Kinuli weckte ihn täglich. Vorsichtig, die Krallen eingezogen, schüttelte sie ihn mit den Pfoten, leckte ihm das Haar, das Gesicht. Ihre Zunge war rauh wie ein Reibeisen, und dort, wo sie damit auf der Haut entlang fuhr, hinterließ sie einen roten Streifen. Und dennoch duldete es Wassja und vergaß auch nie vor dem Fortgehen, Kinuli zu liebkosen.
    Und so hatte sich die anfängliche Feindschaft der beiden in Freundschaft gewandelt.
    Der Löwe auf der Straße
    Den ganzen September über war schlechtes Wetter. Es regnete dauernd, und kam wirklich einmal die Sonne durch, so war es nur für einige kurze Minuten. Kinuli wurde nicht mehr ausgeführt. Sie saß zu Hause und langweilte sich. Sie hatte niemanden zu Spiel und Kurzweil. Peri lag ja doch den ganzen Tag über unterm Tisch. Und kam sie wirklich einmal heraus, und Kinuli machte sich an sie heran, um zu spielen, so verkroch sie sich sofort wieder unter ihren Tisch. Endlich kamen die lang ersehnten Sonnentage. Wir beschlossen, Kinuli im Freien filmen zu lassen.
    Wir waren an diesem Tage alle sehr früh aufgestanden. Ich war ziemlich aufgeregt, und meine Aufgeregtheit übertrug sich auf Kinuli. Sie nahm kein Fleisch, war unruhig und miaute. Um zehn Uhr waren alle versammelt, auch der Regisseur und der Kameramann waren da. Es wurde beschlossen, daß Wassja, Kinuli, Peri und ich mit dem Auto zum Ort der Aufnahme fahren sollten, die übrigen mit der U-Bahn.
    Eine Taxe erwartete uns im Hof. Der Fahrer stieg aus dem Wagen und half dem Kameramann, den Apparat zu verstauen, da kam ich mit dem Löwenjungen heran. Der Fahrer war nicht vorbereitet worden, er war zwar auf alles gefaßt, nur nicht auf einen solchen Fahrgast. Er schrie auf, sprang in den Wagen und schlug die Tür hinter sich zu. Wassja ließ ihm nicht Zeit zur Besinnung, er riß die andere Tür auf, half mir mit dem Löwen und Peri hinein und sprang selber auf den Sitz neben dem Fahrer. Der Fahrer, schreckensbleich, leistete gar keinen Widerstand. Er saß ganz zusammengekrümmt

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