Vierbeinige Freunde
aus Stühlen, der Arzt trat ein und versteckte sich schnell hinter dem Schrank. Kinuli aber lag schwerkrank da und beachtete niemanden. Sie schlug nicht einmal die Augen auf, lag auf der Seite und atmete schwer und röchelnd. Der Arzt sah sie vorsichtig an und riet uns, ihr Rizinus zu geben. Er verzichtete sogar auf sein Honorar und entfernte sich eiligst.
Wir holten noch andere Ärzte. Jeder riet etwas anderes, nur in einem Punkt waren sie sich einig: Kinuli würde sowieso nicht mit dem Leben davonkommen.
Von Kinulis Krankheit berichtete sogar die Presse. Und was bekam ich nicht alles für Briefe, Anfragen sowohl als Ratschläge! Die meisten waren von Kindern: „Wie geht es Kinuli?“ – „Ist sie auf dem Wege der Besserung?“ – „Was sagen die Ärzte?“ … Viele kamen auch in die Wohnung, um sich nach Kinuli zu erkundigen. Ganz fremde Menschen teilten unsere Sorge um ihr Leben. Sogar die Kinder im Hofe verhielten sich ruhiger. Oft konnten wir hören, wie ein Kind ein anderes, das beim Spielen zu laut geworden war, zur Ruhe mahnte. Alle Augenblicke kamen einige von ihnen heraufgesprungen und fragten, wie es Kinuli gehe. Es kam so weit, daß ich jeden Morgen vom Balkon aus über das Befinden der Kranken Bericht erstattete.
Was unternahmen wir nicht alles, um das Löwenkind zu retten! Ständig wachte einer von uns am Krankenlager. Ich hatte ganz vergessen, was Schlafen ist. Vor Müdigkeit schwindelte mir der Kopf, und doch konnte ich mich nicht entschließen, die Kranke zu verlassen. Wenn ich mich nur in der Richtung zur Tür bewegte, streckte sich Kinuli zu mir hin und miaute kläglich, als riefe sie: „Ma-a-ma!“ Und jedesmal kehrte ich um. Endlos lang waren die Nächte, und nur das Ticken der Uhr und die unregelmäßigen Atemzüge Kinulis belebten die Stille im Zimmer.
Ganze drei Wochen war Kinuli krank. Drei Wochen lang rang sie mit dem Tode. Drei Wochen lang konnte man sie nur mit Gewalt dazu bringen, etwas Futter zu sich zu nehmen. Welche Mühe machte es doch, ihr ein Stückchen Fleisch zwischen die Zähne zu schieben und sie zum Schlucken zu bewegen! Kinuli wollte nun einmal nicht fressen. Sie drehte den Kopf weg und spuckte das Fleisch immer wieder aus. Wir redeten ihr zu und bettelten alle im Verein, Wassja, Schura und auch der kleine Tolja.
„Friß doch, Kätzchen“, flehten wir im Chor. „Nur dies eine kleine Stückchen!“
Und Tolik fügte flüsternd hinzu: „Ein ganz, ganz kleines! Was kostet es dich schon, es zu verschlucken?“
War es nun das Zureden, oder wurde ihr unsere Zudringlichkeit lästig, ich weiß es nicht, jedenfalls fraß sie auf diese Weise ab und zu eine Kleinigkeit. Da kam uns unverhofft eine Fliege zu Hilfe. Es war eine ganz gewöhnliche Zimmerfliege. Sie war wohl von der Wärme erwacht, war fett und träge. Die Fliege nährte sich von Kinulis Futter und wärmte sich an ihrem elektrischen Ofen, dabei kroch sie ganz unverschämt dicht vor Kinulis Schnauze umher.
Kinuli haßte diese Fliege. Sie knurrte wütend, wenn die Fliege auf der Bildfläche erschien, schlug mit der Pfote nach ihr, ja, sie fing sogar an, die Fleischstückchen zu verschlingen, nur um sie der Verhaßten wegzunehmen. Es ist klar, daß wir unsere Helferin schätzten und pflegten, wir stellten ihr sogar Futter hin!
Schließlich ging es Kinuli wieder besser. Zwar erholte sie sich nur sehr, sehr langsam und fraß immer noch sehr schlecht, konnte sich auch nicht aufrichten, aber sie versuchte doch wieder zu spielen, mit einem großen Holzlöffel oder mit einem Ball. Den Ball rollte sie mit der Schnauze, den Holzlöffel klemmte sie zwischen die Pfoten und hielt ihn, auf dem Rücken liegend, lange über sich. Es ist schwer zu sagen, warum sie sich gerade diese beiden Sachen zum Spielen auserkor.
Man brauchte bloß das Wort „Ball“ zu sagen, so funkelten schon ihre Augen, und sagte man „Löffel“, legte sie sich sofort auf den Rücken.
Peri stellte als erste eine Besserung in Kinulis Zustand fest. Als die Löwin ihre Anfälle bekam, war die Hündin scheu vor ihr zurückgewichen, hatte sich unter dem Tisch versteckt und war ihr nicht zu nahe gekommen. Nun aber legte sie sich zum Schlafen wieder an ihre Seite, suchte ihr sorgfältig die Flöhe ab und leckte ihr die Schnauze.
Als dann eines schönen Tages Wassja zu uns ins Zimmer gelaufen kam und berichtete, Kinuli habe seine neue Hose und eine auf dem Tisch liegengebliebene Zeichnung zerrissen, da war unser aller Freude groß – nun wußten wir,
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