Vierbeinige Freunde
Schreien, Aufregung, alles steigt auf die Stühle, die einen vor Angst, die anderen, um besser sehen zu können. Kinuli aber beachtet niemanden, klettert auf einen Diwan und macht es sich behaglich.
Nun ging das Licht aus, und der Apparat knatterte los. Bei dem ungewohnten Ton erschrak Kinuli, knurrte und spähte in Richtung des Geräusches. Da sah sie die Leinwand und darauf sich selber. Sie wurde ganz gespannte Aufmerksamkeit. Peri schaute zwar auch einmal hin, rollte sich aber gleich wieder zusammen und schlief. Kinuli aber durchlebte alles, was sie auf der Leinwand sah. Da gewahrte sie plötzlich ihren Ball! Das war zuviel; sie stürzte an die Leinwand und bemühte sich, den Ball mit den Pfoten zu erreichen … Nur mit äußerster Mühe gelang es mir, sie zu beruhigen. Den übrigen Teil des Filmes verfolgte sie aufmerksam bis ans Ende, ohne sich ablenken zu lassen. Als das Licht wieder aufflammte, schaute sie immer noch nach der Leinwand. Dann streckte sie sich und gähnte recht herzhaft.
An diesem Tage schlief sie besonders fest. Im Traum noch bewegte sie die Pfoten und zuckte immer wieder zusammen. Vielleicht träumte sie, daß es ihr doch noch gelungen war, den Ball zu ergreifen!
Kinuli wurde zusammen mit Tolja zur Kinder-Morgenfeier der Oktoberrevolution eingeladen.
Auch hierbei ging es nicht ohne Zwischenfälle ab. Als man gekommen war, um Kinuli abzuholen, hatte sie sich im Zimmer eingeschlossen. Beim Klang meiner Stimme hatte sie versucht, das Sicherheitsschloß mit der Pfote zu öffnen, dabei war sie wohl an die Sicherung gekommen, und diese war eingeschnappt. Wir waren gezwungen, die Tür aufzubrechen.
Kinuli wurde von den Kindern mit einem lauten „Hurra!“ begrüßt. Sie bekam einen Mordsschrecken, machte kehrt und wollte die Treppe hinunterrasen. Beinahe hätte sie mich mit umgerissen. Ich mußte meine ganze Kraft zusammennehmen, um sie wieder in den Festraum zu bringen. Die Kinder verhielten sich jetzt ganz still, und so beruhigte sich auch Kinuli wieder. Ich setzte mich auf einen Stuhl, Kinuli und Peri legten sich neben mich. Um uns herum gruppierten sich die Kinder. Sie betrachteten jedes einzelne Härchen des Junglöwen, seine Augen, seine kräftigen Pfoten, die halbrunden Ohren. Kinuli verhielt sich mustergültig. Sie ließ sich sogar von den Kindern anfassen. Die Kinder standen richtig „Schlange“, traten einzeln herzu und streichelten zärtlich-behutsam das flaumige Fell des Tieres.
Zur Belohnung für ihr gutes Benehmen fuhren wir am folgenden Tag Kinuli im Auto durch die Straßen Moskaus. Wir kamen durch die interessantesten Straßen und Plätze, zeigten ihr die festlich geschmückte Stadt und auch das Feuerwerk. Den ganzen Weg blickte Kinuli unverwandt durchs Fenster. Einmal wurden wir von einem anderen Wagen überholt. Darin saßen Ausländer. Als diese des Löwen ansichtig wurden, hielten sie sich lange an unserer Seite und versuchten, uns durch Zeichen verständlich zu machen, daß sie Kinuli kannten.
Erst spät kehrten wir nach Hause zurück. Die ganze letzte Strecke zeigte Kinuli eine wachsende Unruhe. Und kaum, daß der Wagen am Portal hielt, stieß sie auch schon die Tür mit der Pfote auf und stürmte die Treppe hinauf. Peri und ich vermochten ihr kaum zu folgen. Ich hatte den Eindruck, als wäre Peri über das Benehmen ihres Pflegekindes nicht minder erstaunt als ich. Unser Pflegling aber stürzte wie besessen in die Wohnung, rannte im Korridor beinahe eine Mieterin um, sprang in ihr Zimmer und … setzte sich in ihre Sandkiste.
Jetzt war uns die Sache klar. Kinuli war viel zu sauber, als daß sie es fertiggebracht hätte, den Wagen zu verunreinigen.
Krank
Im Herbst wurde Kinuli krank. Es wurde eine langwierige, schwere Krankheit. Sie lag da, ganz apathisch, fraß nichts, und wenn sie versuchte, sich aufzurichten, bekam sie einen Anfall. Sie fiel auf die Seite, wand sich in Krämpfen und brüllte laut vor Schmerzen. Nur die Wärme eines elektrischen Ofens brachte sie wieder zur Ruhe. Kinuli drehte bald die eine, bald die andere Seite dem Ofen zu, ja, sie brachte es sogar fertig, den Ofen mit der Pfote näher an sich heranzuziehen, ohne sich dabei zu verbrennen. Trotzdem verschlimmerte sich Kinulis Zustand von Tag zu Tag.
Wir holten einen Arzt. Lange konnte sich dieser nicht entschließen, das Zimmer zu betreten. Die Kranke war so unheimlich, war doch immerhin ein Raubtier, wer konnte es wissen, vielleicht ging sie doch auf einen los! Wir bauten im Zimmer eine Barriere
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