Vierbeinige Freunde
außer sich, er wollte um keinen Preis ohne Naja nach Hause. Er lief immer am Ufer umher und suchte nach ihm.
Es ging schon auf den Abend zu. Weiteres Warten schien hoffnungslos, wir hatten uns schon für den Heimweg fertiggemacht, als irgendwo in der Ferne, flußabwärts der durchdringende, gellende Pfiff Najas erscholl.
„Naja, Naja, Naja!“ schrien wir voller Freude.
Das Pfeifen kam näher und näher, und plötzlich, an einer Flußbiegung, erblickten wir Naja, wie er pfeilschnell, das Wasser zerteilend, auf uns zuschwamm. Er schwamm so schnell, daß es aussah, als flöge er über dem Wasser dahin. Von Zeit zu Zeit sprang er ganz eigenartig aus dem Wasser hoch, wandte den Kopf bald nach der einen, bald nach der anderen Seite und ließ dazu seinen schrillen Pfiff ertönen.
Noch im Laufen seine Kleider abwerfend, stürzte Tolja dem Otter entgegen und sprang ins Wasser. Kaum hatte der Tolja erblickt, als er auch schon auf ihn zukam. Naja wußte sich vor Freude nicht zu lassen. Man muß gesehen haben, wie er Tolja bald auf die Schultern kroch, bald unter ihm weg tauchte, dann wieder mit einem zärtlichen Knurrton sich an seinem Gesicht rieb! Zugleich mit Tolja sprang er ans Ufer und warf sich auf die im Grase verstreuten Kleidungsstücke. Er wälzte sich auf Toljas neuem Anzug und hinterließ darauf seine nassen, schmutzigen Spuren; niemandem aber fiel es ein, ihm darum böse zu sein.
Von dem Tage an nahmen wir Naja immer mit zum Baden, und keiner von uns hatte mehr Angst, er könnte uns davonschwimmen.
Im Zoo
Vorüber waren die warmen Sommertage. Der Herbst kam. Wir zogen wieder nach Moskau und nahmen auch Naja mit. Nach dem freien Landleben fiel es dem Fischotter schwer, sich in der engen Stadtwohnung einzuleben. Er wußte keinen geeigneten Platz für sich zu finden. Aus dem Zimmer verlangte er in den Korridor und aus dem Korridor zurück ins Zimmer. Er suchte die verlorene Freiheit. Baden mußte er jetzt im Waschtrog. Nach dem Baden sprang Naja auf Betten und Sessel, um sich trockenzuwälzen. Zudem mußte Tolja zur Schule, und es war niemand da, der sich mit Naja hätte abgeben können. So waren wir gezwungen, Naja dem Zoologischen Garten zu übergeben. Ich fuhr mit Naja allein in den Zoo, ohne Tolja. Der Otter bekam einen geräumigen Käfig mit einem großen, tiefen Wasserbehälter. Naja war von der neuen Umgebung durchaus nicht eingeschüchtert. Er sprang sofort ins Wasser, tauchte, schlug Purzelbäume und schwamm umher. Ich schlich aus dem Käfig und machte die Tür hinter mir zu. Wie sehr ich mich auch bemüht hatte, leise zu sein, Naja hatte mich doch gehört. Er sprang sofort aus dem Wasser und stürzte mir nach. Erst versuchte er, zwischen den Stäben hindurchzuschlüpfen, dann verbiß er sich mit den Zähnen darin, schließlich drückte er sich mit seinem ganzen Körperchen an die kalten Eisenstäbe und verfiel in ein eigentümliches, hohes, schrilles Schreien.
Viele Tage lang hörten die Wärter dieses jammervolle Schreien. In diesen Tagen gingen weder ich noch Tolja in den Zoo. Die Trennung fiel uns sehr schwer, und nur die Gewißheit, daß es Naja im Zoo viel besser hatte als bei uns zu Hause, tröstete uns. Tolja litt so sehr unter der Trennung, daß er sich noch zwei Monate später weigerte, mit mir den Zoo zu besuchen.
„Besser, ich bleibe hier, ich muß ja doch weinen, wenn ich ihn sehe.“
Und so ging ich denn allein.
Im Zoo angekommen, war mein erster Weg zu Najas Käfig. Ich stellte mich so davor, daß Naja mich nicht sehen konnte. Gerade war der Wärter zu ihm hineingegangen. Naja war zu ihm hingelaufen, hatte sich auf den Hinterbeinchen aufgerichtet und bettelte um Futter. Der Wärter nahm einen großen Fisch aus dem Eimer und warf ihn ins Wasser. Im Nu hatte Naja ihn gepackt und herausgezogen und machte sich daran, ihn zu verzehren. Da rief ich seinen Namen, so leise, daß ich ihn selber kaum hören konnte.
Ich hatte den Namen kaum ausgesprochen, als Naja auch schon stutzte, leicht das Köpfchen hob und anscheinend nur noch Gehör war. Ich schwieg. Naja stieß einen schrillen Schrei aus und verstummte sofort wieder, als wartete er auf Antwort. Nur seine Äuglein liefen unruhig über die Besucher hin, von denen sich mittlerweile eine ganze Anzahl eingefunden hatte. Ich konnte nicht mehr an mich halten und trat dicht an den Käfig heran. Naja kam schon auf mich zugelaufen, streckte seine Pfötchen durch die Stäbe und versuchte, meine Hände zu erreichen. Von da ab besuchte ich ihn
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