Vierbeinige Freunde
großem Lärm und Geschrei nach allen vier Himmelsrichtungen auseinanderstoben. Naja wollte schon umkehren, da stürzten sich die Schwäne auf ihn. Der eine von ihnen schlug mit einer solchen Kraft mit seinen Flügeln nach ihm, daß er wie ein Spielball zur Seite flog. Und nun fielen auch die anderen Schwäne über ihn her. Alle schlugen auf ihn ein, Naja flog wie ein Fußball von einem Schwan zum anderen.
Ich versuchte, ihm beizuspringen, doch konnte ich nichts ausrichten. Die wütenden Vögel hätten ihm sicher den Garaus gemacht, wenn er nicht zufällig von den Schlägen des einen ins Wasser gerollt wäre.
Einige Male versuchte er, zu mir herauszuspringen. Doch jedesmal, wenn Najas Kopf im Wasser sichtbar wurde, stürzten sich die Schwäne wieder auf ihn.
Mit großer Mühe war es mir endlich gelungen, die Schwäne zu vertreiben und Naja dadurch zu befreien; die Spaziergänge jedoch mußten daraufhin unterbleiben.
Naja entbehrte die Spaziergänge sehr. Wenn ich an seinem Käfig vorbeiging, lief er mir längs des Gitters nach und schrie kläglich. Um Naja nicht zu beunruhigen, mußte ich einen anderen Weg gehen.
Die Flucht
Nun waren bereits der Winter und das Frühjahr vergangen, und es kamen warme, sonnige Tage. Naja war jetzt ein völlig ausgewachsener, schöner Fischotter. Als man einmal einen Fischotter für eine Filmaufnahme brauchte, fiel die Wahl auf Naja. Es war ein Tierfilm, der gedreht wurde. Es sollte gezeigt werden, wie ein Otter schwimmt und wie er unter Wasser Fische fängt. Zu diesem Zweck war Naja ohne Zweifel das geeignetste Exemplar. Er hatte keine Angst vor Menschen, kannte genau seinen Namen, und, was die Hauptsache war, er ließ sich nicht im geringsten durch das Geräusch des Filmapparates stören. Die wilden Tiere erschrecken oft vor diesem ihnen so unbekannten Geräusch, laufen davon und verstecken sich. Von einem solchen Tier kann man nur sehr schwer Aufnahmen machen. Naja dagegen schenkte dem Apparat keinerlei Beachtung.
Alle Vorbereitungen zur Aufnahme wurden getroffen. Um den Otter unter Wasser zu fotografieren, wurde ein besonderes Aquarium bestellt. Das war so groß, daß zwölf Mann es nur mit Mühe vom Auto heben und an den dafür bestimmten Platz befördern konnten. Auf den Boden des Aquariums kamen Flußsand, Muscheln und Wasserpflanzen. Scheinwerfer und zwei Kinoapparate wurden aufgestellt, damit man die Aufnahmen gleich von zwei Seiten machen konnte. Als ich einen Blick durch das Objektiv tat, hatte ich den Eindruck, als sähe ich in einen richtigen Fluß, und ich hätte nie geglaubt, daß es nur ein Aquarium war.
Schließlich war alles fertig. Der Wärter brachte Naja in einem kleinen Käfig herbei und ließ ihn ins Wasser. Ich hatte schon oft gesehen, wie ein Otter schwimmt, doch noch nie hatte ich gesehen, wie er dies unter Wasser tut. Ich hatte keine Ahnung davon, wie weich und ruhig seine Bewegungen dabei sind. Ganz langgezogen, preßte er die Vorderpfoten dicht an den Körper und streckte die Hinterpfoten den Schwanz entlang. Einer Schlange ähnlich, huschte er wie ein langer Schatten zwischen den Wasserpflanzen dahin. Seine sonst immer in Bewegung befindlichen Nasenlöcher waren fest geschlossen und ließen kein Wasser ein, nur die kleinen, wie Perlen aussehenden Äuglein hatten ihren üblichen Glanz. Jetzt wurden Fische ins Aquarium gesetzt. Nichts verriet an dem Otter, daß er die Fische gesehen hatte. Seine Bewegungen blieben ruhig wie zuvor, ja sie wurden noch langsamer. Nun war er neben einen Fisch gekommen, da fuhr er mit einer plötzlichen, scharfen Wendung seitwärts und packte ihn. Der Fisch war groß und stark. Er schlug mit dem Schwanz und versuchte sich loszureißen. Doch die scharfen, gebogenen Zähne des Otters hielten das Opfer fest gepackt.
Nach der Unterwasseraufnahme sollte noch der Moment gefilmt werden, wenn der Otter ins Wasser geht. Zu diesem Zweck wurde auf dem neuen Gelände des Zoo ein besonderes Gehege gebaut. In diesem Gehege wurde ein künstlicher Fluß angelegt mit einem Pflanzenwuchs, ähnlich demjenigen, in dem der Otter in der Freiheit lebt. Das Ufer des kleinen Flusses entlang wurden Binsen und allerlei Gebüsch eingepflanzt, sogar ein alter, hohler Baum wurde ans Ufer gelegt, als hätte ihn der Sturm entwurzelt. Es war ein malerischer, wild-romantischer Winkel zustande gekommen. Nicht einmal das Gitter war mehr zu sehen, es war ganz mit Grün getarnt. Mit einem Wort, es war alles getan, um dieses Fleckchen Erde im Zoo der Natur
Weitere Kostenlose Bücher