Vierbeinige Freunde
kränker, wollte aber nichts einnehmen. Man wickelte ihm die Medizin in Brotkügelchen, löste sie in Milch, doch der Elch hat eine sehr feine Nase, und die Täuschung gelang nicht. Da übernahm ich es, ihm die Medizin mit dem Futter zu geben. Ich versteckte sie nicht, versuchte auch nicht, ihren Geruch zu vertreiben, ich goß sie einfach auf Brot und redete Loska zu, doch das Brot zu fressen. Lange sträubte sich Loska, schnupperte, prustete, drehte sich weg, nahm es einige Male in das Maul und spuckte es wieder aus … und fraß es dann doch noch. Aus fremder Hand nahm er nicht einmal das ihm zukommende Futter. Es ist möglich, daß es daher kam, daß ich ihm das Futter immer selbst bereitete. Ich wählte für ihn alles nach seinem Geschmack. Diesen aber kannte nicht jeder. Als ganz junges Kälbchen fraß er Zwieback und Möhren. Als er dann herangewachsen war, fraß er Hafer, Kleie und Brot. Heu rührte er überhaupt nicht an, nur getrocknete Espen— und Eichenzweige. Gegen Ende des Winters wurden diese meist knapp, für Loska aber hatte ich stets welche auf Vorrat.
Das bestrafte Leckermaul
Loska war ein großes Leckermaul. Legte man ihm das Futter vor, so suchte er sich das Schmackhafteste heraus und warf das übrige zu Boden. Wie oft hatte ich ihn schon deswegen gescholten! Darf man denn so wählerisch sein? Niemand ist doch schuld daran, daß die Eichel bitter ist, dafür ist sie aber gut für den Magen.
Zur Strafe nahm ich ihn nicht zum Spazierengehen mit. Und Loska ging so gern mit mir aus! Er war bereit alles zu fressen, auch das Bitterste und Schlechteste, wenn er nur mitdurfte. Wir machten unsere Spaziergänge ganz früh am Morgen, wenn noch kein Publikum da war. Wir gingen durch den ganzen Zoologischen Garten. Wir holten Futtermittel aus den Lagerräumen, besuchten die Wirtschaftsabteilung und sogar das Büfett. Loska hatte seine Lieblingsstellen, vor anderen wieder hatte er Angst und machte einen Bogen um sie herum. Für gewöhnlich hing das mit irgendwelchen Erlebnissen zusammen. Zum Beispiel hatten ihn die Tiere im Löwenzwinger erschreckt.
Loska war zufällig in den Zwinger geraten. Er sah eine Tür offenstehen und ging einfach hinein. Sein Erscheinen verursachte einen ungeheuren Lärm und eine unbeschreibliche Aufregung. Die Leoparden warfen sich gegen das Gitter, brüllend liefen die Löwen hin und her, der wildeste Tiger, Radschi mit Namen, duckte sich in die Ecke und wartete einen günstigen Moment für den Angriff ab.
Armer Loska! Er war so erschrocken, daß er, den Ausgang suchend, zu einer anderen Tür hinauswollte als der, durch die er hereingekommen war. Ich kam ihm zu Hilfe. Er drückte sich an mich und zitterte am ganzen Leibe.
Den Löwenzwinger hatte sich Loska gut gemerkt, und wenn wir daran vorbeikamen, legte er verängstigt die Ohren zurück und schielte mißtrauisch hinüber. Da war ja das Büfett eine ganz andere Sache! Am Büfett ging Loska nicht vorüber. Er wußte genau, was ihn dort erwartete. Stolz schritt er zwischen den Tischen hindurch bis zum Schanktisch. Die Verkäuferin kannte ihn schon und verabfolgte ihm auf meine Rechnung irgendwelche Leckereien, tat wohl auch manches von sich aus hinzu, und Loska schritt ebenso wichtig wieder von dannen.
Dennoch war sein liebster Ort der Weg um den großen Teich. Dort konnte man so schön ausgreifen, sich so schön tummeln, und, was die Hauptsache war, man konnte dort Weidenzweige naschen! Loska liebte diese über alles, mehr als Möhren oder Zwieback, ja sogar noch mehr als Zucker!
Loska war so mit den Weidenzweigen beschäftigt, daß er, der sonst immer so Gehorsame, hier glaubte, mein Rufen überhören zu dürfen. Nicht umsonst galt er als Leckermaul. Die ersten Male beachtete ich das nicht. Als es sich dann aber zu oft wiederholte, beschloß ich, ihm eine Lehre zu erteilen. Ich benutzte hierzu gleich den nächsten Spaziergang am Teich.
Loska hatte sich gerade wieder an seine Weidenzweige herangemacht, da ging ich vorsichtig, daß er es nicht merkte, zur Seite und versteckte mich im Gebüsch. So, dachte ich, nun such mich mal und merk es dir, das kommt vom Ungehorsam! Ich saß da und wartete, was nun kommen würde.
Loska bemerkte meine Abwesenheit nicht sogleich. Aber wie erschrocken war er, als er sich allein sah! Mit einem blökenden Laut, wie ihn die Elchkälber ausstoßen, wenn sie ihre Mutter suchen, stob er davon. Es schien, daß nichts imstande sein würde, seinen tollen Lauf aufzuhalten. Ich erschrak furchtbar.
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