Vierbeinige Freunde
Wenn nun Loska stolperte, stürzte und sich ein Bein brach!
„Loska, Loska!“ schrie ich auf und sprang aus meinem Versteck. Beim ersten Ton meiner Stimme blieb Loska wie angewurzelt stehen, kehrte zu mir zurück und drückte sich den restlichen Teil des Weges ängstlich an mich, er fürchtete wohl, mich nochmals zu verlieren.
In der Rolle des Beschützers
Schon im Sommer fing ich an, Zweige für Loska auf Wintervorrat zu sammeln. Ich suchte im Lager die besten heraus und verbarg sie in Loskas Häuschen. Er war schon dermaßen gewachsen, daß er kaum noch hineinpaßte.
Fremden gegenüber verhielt sich Loska mißtrauisch, ließ sich auch nicht von ihnen anfassen. Dafür aber konnte ich mit ihm tun und lassen, was ich nur irgend wollte. Als er sich einmal einen Nagel eingetreten hatte, durfte ihm niemand außer mir die Wunde auswaschen. Und mit welcher Vorsicht legte er sich in seinem engen Häuschen neben mich, wenn ich mich einmal für ein Weilchen zu ihm setzte! Lange fühlte er mit seinem Fuß nach einem freien Platz, bevor er auftrat. Er zitterte förmlich vor Anstrengung und infolge der unbequemen Lage.
Als er noch ganz klein war, versuchte er schon, mich zu verteidigen; er legte die Ohren zurück, schielte drollig und stampfte mit den dünnen Beinchen. Das machte mir solchen Spaß, daß ich meine Mitarbeiter bat, mich doch anzuschreien oder nach mir auszuholen. Anfangs taten sie es alle gern, als aber aus dem kleinen gelben Kälbchen Loska ein halbwüchsiger Elch geworden war, fanden sich immer weniger Liebhaber für diesen Spaß. Schließlich kam es so weit, daß man in seiner Gegenwart Angst haben mußte, sich mir zu nähern. Und das war begreiflich.
Auf einem unserer Spaziergänge begegnete uns einmal ein Wächter. Es war ein neuer Wächter, der erst vor kurzem seinen Dienst angetreten hatte. Er wußte noch nicht, daß es Loska erlaubt war, Zweige abzufressen. Er schimpfte, daß ich dem Tier erlaubte, Bäume zu beschädigen. Ich versuchte mehrere Male, ihm zu erklären, daß bei Loska eine Ausnahme gemacht würde. Aber der Wächter schrie dermaßen, daß es ihm gar nicht möglich war, selber etwas zu hören. Als Loska das Schreien hörte, stellte er sofort das Fressen ein. Lange besah er sich aufmerksam den mit den Armen fuchtelnden Wächter, legte dann die Ohren zurück und schritt, die Vorderbeine steil hochhebend, langsam auf den Wächter zu. Loska sah furchterregend aus. Selbst ich war in diesem Augenblick erschrocken. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Fell gesträubt, wodurch er ungewöhnlich groß aussah. Auch der Wächter erschrak.
Nicht weit von uns entfernt war das Affenhaus. Der Wächter rannte dahin und hatte kaum die Tür hinter sich zugeschlagen, als Loska sich auch schon auf die Hinterbeine erhoben hatte und zwei scharfe Hufe eine tiefe Spur auf der Tür hinterlassen hatten. Kein Wunder, daß sich von nun an alle noch mehr vor ihm fürchteten.
Eifersucht
Loska war sehr eifersüchtig. Wenn ich in seiner Gegenwart irgendein Tier streichelte, wurde er böse und versuchte, seinen Rivalen mit dem Huf zu schlagen. Ich hatte im Zoo viele vierbeinige Freunde. Wenn ich mit Loska spazierenging, besuchte ich diese, um sie einmal zu streicheln. So besuchte ich auch meinen zahmen Wolf. Nach der Geschichte im Löwenzwinger fürchtete sich Loska zwar vor den Raubtieren, die Eifersucht aber war stärker.
Er stürzte sich immer wieder auf den Käfig, stieg auf die Hinterbeine und schlug mit den Vorderhufen gegen das Gitter. So versuchten alle beide, von der einen Seite der Wolf, von der anderen der Elch, einander beizukommen.
Im Herbst wurde ein zweiter junger Elch in den Zoo gebracht. Er hieß Waska. Waska war zahm, und damit er keine Langweile haben sollte, kam er zu Loska ins Gehege.
Jedoch weder am ersten noch an einem der nächsten Tage schlossen die beiden Freundschaft miteinander. Sie fraßen aus verschiedenen Raufen und hielten sich, jeder für sich, in verschiedenen Teilen des Geheges auf. Man konnte glauben, die Elche hätten irgendeinen Teilungsstrich durch das Gehege gezogen, so genau hielt sich jeder in seiner Hälfte. Alles das war Loskas Werk, und alles nur, weil ich mich mehr mit Waska abgab. Früher hatte ich Loska ganz allein geliebkost, jetzt hatte er einen Rivalen, und das ärgerte ihn merklich.
Immer wieder versuchte Waska, Freundschaft mit Loska zu schließen. Er kam näher und streckte ihm freundschaftlich seine Schnauze entgegen, doch Loska wich ihm hartnäckig aus,
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