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Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Vierter Stock Herbsthaus (German Edition)

Titel: Vierter Stock Herbsthaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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zehn Jahre als Pfleger.
    Durch den stillen Krankenhausflur – diese Flure sehen für mich immer irgendwie nach Horrorfilm aus, Ich denke immer, dass gleich eine Tür auffliegt und etwas Monströses auf mich zu stürmt – gehe ich an den Beobachtungszimmern vorbei Richtung Toilette. Dort merke ich, dass ich gar nicht muss, außerdem sind Krankenhausklos nachts noch unheimlicher als Krankenhausflure. Ich gehe ins Treppenhaus und öffne eines der großen, schweren Fenster. Ich lehne mich nach draußen, höre entferntes Katzengeschrei und ziehe die kalte, klare Luft ein. Ich mache die Augen zu.
    Einige Minuten stehe ich so da, der Wind weht mir das Haar in die Stirn. Ich stelle mir vor, dass ein großer, schwarzer Vogel kommt, mich an den Schultern packt, mich davonträgt und zu Hause absetzt, direkt in mein Bett … die Decke ist zurückgeschlagen, das Kissen aufgeschüttelt, alles bereit für mich. Als kein Vogel kommt, da ziehe ich das Handy aus der Tasche meiner Jeans: Keine E-Mail, keine SMS, kein Garnichts. Vielleicht sollte ich mir doch mal was zum Lesen mitbringen. Auch morgen und übermorgen habe ich diese blöde Nachtwache. Hoffentlich ist Alex auch da, hoffentlich bin ich nicht alleine … ich werde ihn mal fragen. Ist das wirklich rechtlich so, dass ich nachts hier nicht alleine sein darf?
    Langsam aber sicher wird es unbequem am Fenster. Mit meinen 1,63 muss ich mich auf die Zehenspitzen stellen, um meine Arme auf den hohen Sims zu legen. Ich mache das Fenster zu und mich auf den Rückweg. Als ich eine der schweren Glastüren öffne, höre ich ein langgezogenes Stöhnen aus einem der Krankenzimmer. Ich stelle mich an die Tür, lege mein Ohr an das kühle, stumpfe Plastik und lausche. Jemand hustet, stöhnt noch einmal, und sagt etwas, das wie „Herrjemine” klingt. Ich klopfe an und frage, ob alles okay ist. Ja, es ist alles okay. So sagt es mir der Mann in dem Zimmer. Aber er sieht überhaupt nicht okay aus … er sieht aus, als hätte er nicht mehr viel Zeit.
    „Soll ich jemanden rufen?”
    „Nein, junge Frau. Geht schon wieder.”
    Ich lächle dem alten Mann zu und wünsche ihm eine gute Nacht. Dann verlasse ich das Zimmer und gehe Richtung Schlaflabor … durch den menschenleeren Flur, vorbei an den vielen Zimmern mit den mehr oder weniger kranken, mehr oder weniger sterbenden Menschen.
     
    ***
     
    Alex liegt fast auf dem Drehstuhl, wenn er nicht aufpasst, dann rutscht er unter den Tisch. Er starrt auf die Monitore, dreht sich nicht zu mir um.
    „Was ist mit dem Typ, der auf der Bettkante gesessen hat?”, frage ich ihn.
    „Hat sich wieder hingelegt.”
    „Soll ich übernehmen?”
    „Ja, gerne. Ich hab sowieso noch Papierkram zu erledigen.”
    Alex rollt mit dem kleinen Drehstuhl in die Mitte des Raumes, steht auf und schiebt mir das Ding hin. Dazu macht er eine angedeutete Verbeugung, die ein bisschen linkisch aussieht, irgendwie verkrampft. Er hat schon wieder diese dicken, neongelben Turnschuhe an. Bestimmt ärgert er sich, dass ich sie noch nicht bemerkt/kommentiert/gelobt habe.
    „Nette Schuhe übrigens.”
    Ich setze mich.
    „Danke. Sind ganz neu.”
    Manchmal klingt er fast schwul. Ich drehe mich Richtung Monitore und Alex schiebt mich hin. Ja, Georg Schlechter hat sich wieder hingelegt. Es kommt mir vor, als hätte er die Augen geöffnet, aber das ist auf dem kleinen Röhrenmonitor nicht richtig zu erkennen. Von wann sind diese Bildschirme? Aus den Achtzigern?
    „Kann man da irgendwie ran zoomen?”, frage ich Alex, der hinter mir mit Papier raschelt.
    „Nee, das geht nicht. Das würde ja Lärm machen.”
    „Wieso würde das Lärm machen?”
    „Na weil die Linsen in dem Objektiv sich dann bewegen und das gibt so ein surrendes Geräusch.”
    „Es gibt bestimmt auch leise Linsen”, sage ich, und schaue weiter Herrn Schlechter an. Ich bin mir fast sicher, dass er die Augen offen hat.
    Alex stöhnt leise auf. Er stöhnt auf, weil er denkt, ich hätte keine Ahnung von Objektiven und den Geräuschen, die Objektive beim Zoomen so machen. Gleich kommt sein Spruch … er holt schon Luft.
    „Sag jetzt bitte nichts von wegen Frauen und Technik … und dass das nicht zusammenpasst. Wenn ich das noch einmal höre, dann gehe ich hier raus und fahr' nach Hause.”
    Alex hält die Klappe und ich habe ein ganz klein wenig ein schlechtes Gewissen … es ist auszuhalten. Wie ein bitterer Geschmack im Mund, von dem man weiß, dass er nicht lange anhält.
    „Ist eben nicht jeder so originell wie

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