Vietnam
nicht, wenn nach Tet einige Bäume an den Pagoden gerupft und verstümmelt aussehen, denn die als Glücksbringer vom Baum geholten Zweige schützen nach altem Volksglauben vor Geistern.
Ahnenkult
Besondere Ehre wird an diesem Fest den Ahnen der Familie zuteil. Deren Geisterseelen stellen die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten dar. Daher werden die Ahnen eingeladen, um eine Brücke zwischen den Generationen zu schlagen. Einen Tag vor Neujahr nimmt sich die Familie Zeit, um die Gräber der Verstorbenen zu pflegen. Und an den Feierlichkeiten werden den Ahnen zahlreiche Gaben auf dem Ahnenaltar dargebracht. Ãblicherweise verspeist nachher die gesamte Familie die Opfergaben. Die Jugend wünscht den GroÃeltern alles Gute und Gesundheit und erhält dafür in rote (die Farbe des Glücks) Umschläge verpackte kleine Geldgeschenke, die im Süden
li xi
und im Norden
mung tuoi
(âGlücksgeldâ) genannt werden.
Festessen und Feuerwerk
Das Wichtigste an Tet ist eine ausgiebige Mahlzeit. Sogar die Ãrmsten haben sich schon immer an Tet vollgegessen, selbst wenn dies einen hohen Schuldenberg bedeutete. Obwohl von Staatsseite in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit zur Sparsamkeit gemahnt wurde: An Tet lassen sich die Vietnamesen nicht hineinreden, und das Festmahl ist ihnen dabei besonders wichtig. Das dazugehörige Sprichwort lautet: âDas ganze Jahr über hungrig, aber an Tet drei Tage voll.â
Mehr Einsicht zeigten sie, als 1995 das Zünden von Raketen in der Neujahrsnacht
(dem giao thua)
verboten wurde, um Todesfälle und Verletzungen zu vermeiden. Obwohl diese Tradition schon lange vor Erfindung des Pulvers zelebriert wurde (einst brannte man Bambus ab, der beim Brand Funken sprüht und laut âfauchtâ), nahmen die Vietnamesen die Warnung ernst. Heute gibt es in allen gröÃeren Städten ein offizielles Feuerwerk ohne Sicherheitsrisiko. Und auch dies dient â wie einst das private Feuerwerk â der Vertreibung böser Geister. Diese werden abgeschreckt und verzichten darauf, die Menschen ins neue Jahr zu begleiten. Und weil der eine oder andere nicht auf die private Knallerei verzichten will, spielt er das Getöse vom Tonband ab. Wer selber fackelt, riskiert heute hohe Geldstrafen.
(Un)gern gesehene Gäste
Ist das neue Jahr angebrochen, beglückwünschen sich alle Familienmitglieder mit den Worten
chuc mung nam moi
(gutes neues Jahr), und die folgenden Tage werden Freunde und Verwandte besucht. Der erste Besucher im eigenen Haus hat dabei eine besondere Bedeutung: Sein Status ist entscheidend für das Glück oder Unglück der Familie. Ist er wohlhabend, angesehen und lebt in einer intakten Familie, dann beschert er Glück. Ist er arm, ein Pechvogel oder krank, bringt dies Pech für das ganze Jahr. Seltsamerweise gelten Schwangere als schlechtes Omen.
Feuerwerksfest in Dong Ky : An einem Tag zwischen dem 3. und dem 7. Tag des ersten Mondmonats feiert das Dorf Dong Ky in der Provinz Ha Bac ein Feuerwerksfest. Traditionell wurden die Feuerwerkskörper zu Ehren der Schutzheiligen des Dorfes abgebrannt. Der Gott des Ackerbaus und der Wassergott wurden um Regen und eine erfolgreiche Ernte gebeten. In der heutigen Zeit hat sich das Fest mehr und mehr in einen Wettbewerb verwandelt, bei dem sich zeigen soll, welche Familie den besten, den schönsten und den gröÃten Feuerwerkskörper zu bauen vermag. Raketen bis zu einem Durchmesser von 1,50 m und einer Höhe von bis zu 15 m oder Raketenschlangen, die bis zu 100 m lang sein können, treten zum Wettstreit an. Daneben unterhaltenBootsrennen, Ring- und Hahnenkämpfe die Festbesucher. Zudem werden riesige Klebereiskuchen gegessen.
Die Legende von herdgott Ong Tao
Das Ong-Tao-Fest geht auf eine uralte Ãberlieferung zurück: Die Ehe des Holzfällers Tao Quan und seiner Frau stand unter keinem guten Stern: Sie blieb nicht nur kinderlos, sondern der Mann begann auch zu trinken und seine Frau schlecht zu behandeln. So erlosch ihre Liebe, woraufhin sich die Frau einen anderen Mann, einen Jäger, nahm. Der erste Mann ging schuldbewusst auf die Suche nach seiner Frau. In zerschlissenen Kleidern, gezeichnet von den erlittenen Entbehrungen, stand er eines Tages vor ihrer Tür. Die Frau erkannte ihn und versteckte ihn im Heu, um Missverständnisse zu vermeiden und um zu überlegen, wie sie weiter verfahren sollte. Am Abend kam ihr neuer Mann heim, und
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