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Villa Oma

Villa Oma

Titel: Villa Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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schnell hinter sich bringen wollte, drückte auf den Klingelknopf am Tor. Es schnarrte, ohne daß sich jemand zeigte. Das Tor öffnete sich, ebenfalls die Haustür, und Jan verschwand.

    Peter und Brigitte sahen sich an.
    „Ob sie ihn doll verhaut?“ fragte Peter mit bebender Stimme.
    Sie zankten sich zwar oft, sorgten sich aber umeinander, wenn einer von ihnen in der Patsche saß. Lange Zeit starrten sie das Haus an, das geschlossene Eisentor, die Fenster, hinter denen niemand zu sehen war, die grauen Wände mit den Zinnen und Türmchen. Alles wirkte abweisend und unheimlich. Dort drinnen war ihr Bruder, und niemand von ihnen wußte, was ihm geschah. Niemand konnte ihm helfen.
    „Weißt du“, sagte Brigitte zu Rolf, „wenn die dicke Dame hinter Jan herrennt und uns auch verhauen will, dann fängst du an zu weinen.“
    Rolf sah Brigitte entsetzt an und nickte.
    Endlich öffnete sich die Haustür, und Jan erschien, hinter ihm die dicke Dame, ihre Hand auf seiner Schulter. Brigitte und Peter stießen sich an. Wollte sie ihn wieder ins Gefängnis bringen?
    „Los, heule, schnell!“ flüsterte Brigitte Rolf zu, und Rolf ließ große Tränen aus seinen Augen stürzen. Sie rannen über seine schmalen Wangen und machten im Nu sein Kittelchen naß. Er verzog den Mund und schluchzte, daß es einen Stein erweichen konnte. Nein, aus Stein schien das Herz der dicken Dame nicht zu sein.
    „Aber was ist denn, Herzchen?“ rief sie entsetzt und beugte sich zu Rolf hinunter. Dann verschwand er in ihren Armen und lag an ihrer großen, weichen Brust. Doch weil er seinem Bruder helfen wollte, schluchzte er immer noch, als sie ihn wieder freiließ.
    „Hör auf zu heulen!“ rief Jan, „es ist nicht nötig!“
    Sofort erschien ein strahlendes Lächeln auf Rolfs Gesicht. Dieses Lächeln unter Tränen war so rührend, daß die dicke Dame hastig in den Taschen des Kleides zu kramen begann und schließlich ein paar Bonbons fand und sie Rolf in den Mund schob.
    „Wir sollen mit reinkommen“, sagte Jan. „Sie hat eine Torte gebacken, nur so zum Spaß, und nun freut sie sich, daß jemand kommt und sie aufißt .“
    „Aber“, flüsterte Peter, als sie sich durch die Tür drängelten, „hat sie dich nicht verkloppt?“
    Jan sah ihn von oben herab an. „Mich, warum denn? Wenn man sich anständig entschuldigt, verkloppt einen doch keiner. Außerdem ist sie gar nicht so schlimm, wie wir immer gedacht haben. Sie ist ganz nett.“
    Einigermaßen beruhigt liefen Peter und Brigitte hinter der Dame her, die Rolf an der Hand hielt, welcher unbefangen und fröhlich mit ihr plauderte. Sie gingen einen langen Gang entlang und kamen an seinem Ende in eine riesige Küche, strahlend weiß gekachelt, mit blitzenden Herden und Geräten und Borden, auf denen auf Hochglanz polierte Töpfe und Tiegel standen. Überall an den Wänden hingen Sprüche: „Eigener Herd ist Goldes wert“ und „Wer gut kocht, hat ein gutes Herz“ und andere. Die Sprüche waren in Kreuzstich auf weiße Tücher gestickt. Unter dem Fenster stand ein mit rosa Kissen gepolstertes Körbchen, in dem der kleine Hund lag und sie feindlich anblickte. Auch über ihm hing ein Kreuzstichspruch: „Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.“ Frau Hubermeier nahm aus dem Kühlschrank eine Torte heraus, eine so schöne Torte, wie die Kinder sie noch nie gesehen hatten. Sie war mit Schokoladencreme gefüllt und verziert. In einem Kranz von kandierten Früchten war mit Schlagsahne „Guten Appetit“ daraufgespritzt.
    „Selbst gebacken“, sagte sie, „aber nun kommt, wir wollen sie probieren“, und sie stellte die Torte auf den Tisch.

    Mit einem breiten Messer schnitt sie schonungslos in die schöne Verzierung hinein, und bald hatte jedes Kind ein großes Stück Torte auf dem Teller. Sie aßen schweigend. Die Torte war so gut, daß sie sich ganz darauf konzentrieren mußten und erst einmal gar nichts sagen konnten. Schließlich aber brachte Jan mühsam ein „toll“ heraus. Nun war der Bann gebrochen.
    „ Mh , ist das gut!“ rief Peter, und Brigitte: „Ganz, ganz prima!“ Und der winzige Rolf starrte traurig auf seinen schon leeren Teller und piepste:
    „Darf ich noch ein Stück haben?“
    Frau Hubermeier lächelte: „Aber ja, mein Kleiner. Es freut mich, daß es euch schmeckt. Schon mein seliger Rudolf sagte immer: ‚Antonie, du bist eine Künstlerin !‘ Als er gestorben war, hatte ich niemanden mehr, der meine Kochkünste bewunderte. Da zog ich fort aus der Stadt,

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