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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Sekunden.
    Im Licht der Handlampen gingen sie einen düsteren Gang hinunter. Das Segment lag zufälligerweise richtig herum – die Türen waren an den Seiten und der rutschfeste Fußbodenbelag unten. Seltsames Gefühl, die vertraute Umgebung unter so dramatisch veränderten Umständen wiederzusehen. Seltsam, einen so ebenen Boden unter den Füßen zu spüren. Ob irgendeine Vorrichtung dieses Segment bei der Landung gesteuert hatte?, fragte sich Eliza.
    »Hier«, sagte Marek, »hier können wir den Kondensatriden anschließen.« Es war eine kleine Unterstation, von der aus sie eine Flucht von Zimmern zum Leben erweckten. Irgendwo erwachten summend Aggregate, Pumpen liefen an, Türen öffneten sich, chipgenerierte Stimmen verkündeten die Funktionsbereitschaft irgendwelcher Installationen in soundsoviel Sekunden und zählten rückwärts. Dieses Durcheinander wispernder Stimmen war gespenstisch und ließ die vier Eindringlinge verstummen. Erst als nach und nach die Beleuchtung ansprang und die Gänge und Zimmer in freundliche, dem irdischen Sonnenschein angeglichene Helligkeit tauchte, wurden Joern und der sommersprossige Kerl wieder gesprächig. Die fast vergessenen Kitschfarben, in denen das gesamte Innere der OOSTERBRIJK gehalten gewesen war, kamen ihnen fremd und vertraut zugleich vor. Es war ein bisschen wie eine Heimkehr. Fast fühlten sich die vier als Forscher, die nach tagelangem Herumirren in den widersinnig verschachtelten Gängen und Schächten des epsilonischen Raumschiffs endlich wieder in ihre Forschungsstation zurückgekehrt waren.
    Auch die rote Linie leuchtete auf. Marek stieß die Zentralierin an und nickte aufmunternd. Eliza zögerte, dachte an Lafayette, fürchtete sich vor dem, was sie vorfinden würde. Albernes Weib, sagte sie sich dann, genau deswegen bist du dabei. Sie kontaktierte die leuchtende rote Linie, ihr Bewusstsein strömte in das Netz – und spürte wenig mehr als Stumpfsinn. Sie hatten einen primitiven Klimaregulator zum Leben erweckt, der in Ermangelung weiterer Einheiten die Steuerung hier übernommen hatte. Verbindungen zu anderen Rechnern gab es nicht, von anderen Segmenten ganz zu schweigen. Die Blödigkeit dieses Rechners wirkte auf Eliza, als habe sie ihren Kopf in einen Eimer gesteckt. Der Unterschied zu der glitzernden Welt eines kompletten IN-Netzes hätte größer kaum sein können. Hier konnte sie ihren Geist weder schweben noch durch die Strukturen eines unfassbaren Verstandes schweifen lassen. Wahrscheinlich war allein die Elektronik in Elizas Arm intelligenter als diese Maschine. Eliza zog sich wieder zurück und streifte ihren Handschuh über. Sie sagte den anderen, dass es nur eine Verbindung mit einem ziemlich nutzlosen Rechner sei; sie erwähnte nichts von der stumpfen Enttäuschung der Maschine, die einige dutzendmal pro Zehntelsekunde versuchte, Kontakt zum zentralen Netz zu bekommen. Natürlich gelang das dem Rechner nicht, und dennoch verschwendete er einen erheblichen Teil seiner nicht gerade üppigen Reserven auf immer wieder neue Versuche. Eine Ratte im Labyrinth, die ständig gegen ein und dieselbe Wand rannte. Wäre es nicht ein so primitiver Apparat gewesen, hätte Eliza von Verzweiflung gesprochen.
    Joern und der Sommersprossige verschwanden nach unten, in die tieferen Gefilde des Segments, wo sie Geräte und Ersatzteile holen wollten. Da unten musste es Lager geben; Eliza hatte beschrieben, wo genau sie suchen sollten. Schutzmaskenbewehrt und luftflaschenbestückt marschierten die beiden davon, in den Brusttaschen mehrfach gefaltete Listen der benötigten Dinge, Wunschzettel aus dem Lager.
    »Ich fühle mich, als wäre nie etwas passiert«, sagte Marek, als sie zu zweit die lindgrünen und zartrosa Zimmer durchstreiften. Gut, es lagen ein paar Bücher herum und anderes Kleinzeug. Hier und da hatten Schubladen ihren Inhalt über den Fußboden ergossen. Aber es gab kein Chaos, keine Vernichtung, keine toten Körper. Hier war niemand gewesen, als die VILM VAN DER OOSTERBRIJK vom Himmel fiel. An den Wänden hingen in fast jedem Raum riesige Poster, die die zwar gutgemeinten, aber letzten Endes nervigen Farben des Interieurs verdecken sollten. Eine Luftaufnahme der cartagenischen Achterbahn bei Nacht, der merkwürdig plattgedrückte Globus von Karna, die geheimnisvoll gemusterte Oberfläche des epsilonischen Raumschiffs, der sonnenlichtübergossene Strand von Bahia de Janeiro auf Penta V, eine Landkarte der verschwundenen Doppelplaneten Orsini und Bomarzo,

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