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Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Lippen geschrumpft, die Gebisse in schwarzem Zahnfleisch gebleckt. Die Augäpfel vertrocknet, grauenvolle schwarze Murmeln, von ledrigen Lidern kaum bedeckt. Ein Raum voller Selbstmörder, die Köpfe von Werferentladungen zerschossen. Nur einer hatte die Waffe noch in der Faust. Die Leute hatten das Ding herumgehen lassen ... Eliza spürte, wie sich die aufdringliche Freundlichkeit dieser nett gefärbten Gänge verfinsterte. Ein unsichtbares und leider wirkliches Gespenst warf einen grimmigen Schatten; es stand hinter ihr und schaute ihr über die Schulter. Ein Stilleben: Taschenlampe, Eisspray, Injektionsspritzen. Leere Ampullen, tödliche Substanzen. Glückliches Lächeln auf verrunzelten Gesichtern. Ewiger Drogentraum. Eine verkrampfte Hand auf einer Rechnertastatur. Eliza legte das Foto mit der Hand beiseite und sah sich, die Zähne zusammengebissen, den Rest der Bilder an. Es waren noch schlimmere Aufnahmen dabei. Marek ging den Flur hinunter, betrat das am weitesten entfernte Zimmer und kotzte.
    Später, als die Lichter matt geworden waren und sie das Segment schweigend verließen, fragte Joern, warum sie ausgerechnet das Foto mit dieser Hand auf dem Manual behalten habe.
    »Es ist ein Beweis«, sagte Eliza und dachte an den dummen Rechner, der jetzt, da der Kondensatride sich erschöpft hatte, zum zweiten Mal einen elektronischen Tod starb und nicht mehr einige dutzendmal pro Zehntelsekunde versuchte, Kontakt zum zentralen Netz zu bekommen. Die Ratte im Labyrinth hörte auf, immer wieder gegen ein und dieselbe Wand zu rennen. Das unsichtbare Gespenst war entkommen und tanzte gefährlich und tödlich irgendwo da draußen herum.
    »Es ist ein Beweis?«, fragte Joern verständnislos zurück. »Ein Beweis wofür?«
    Eliza atmete tief durch und beobachtete, wie Marek und der Sommersprossige das Schott provisorisch verschlossen, so sorgfältig, als sei es ein Grab. »Der Strom ist hier nicht beim Absturz weggeblieben«, sagte sie. »Das Segment ist abgeschaltet worden. Später.«
    »Wer sollte so etwas tun, um Himmels willen?«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ist es auf dem Foto zu sehen?«
    Eliza zeigte es ihnen. Zeigte ihnen, dass da der Kennzahlenschlüssel eingesteckt und herumgedreht worden war, im Schloss für das SOS-Regime, das nur zugänglich wurde, wenn über die Tastatur der Befehl dazu eingegeben wurde. Es war SOS gemeldet worden, über die Dringlichkeitsleitung vermutlich und allen Regeln entsprechend. Und als Antwort auf den Notruf war der Strom versiegt. Die Männer starrten die hagere große Frau an, als wäre sie ein außerirdisches Monstrum mit wirren blonden Haaren, das vor ihren Augen aus einem unglaublichen Raumschiff gestiegen war. Jetzt, dachte Eliza, können sie das Gespenst auch sehen.
    Um zum Lager zurückzukehren, mussten sich die vier außen an dem unglückseligen Segment abseilen und alle Gedanken daran verdrängen, was hinter der unbeteiligt aufragenden Wand geschehen war. Schweigend trotteten sie zurück zum Lager, schwer beladen mit Rucksäcken voller Medikamente. Sie fanden keine Spuren der zweiten Gruppe, sie achteten auch nicht darauf. Ihre Gedanken suchten nach einer plausiblen Erklärung. Eliza war wie betäubt. Sie konnte sich eine Erklärung denken, aber sie sträubte sich gegen diese Möglichkeit.
    Als die vier den letzten Grat überschritten, der das innere Gebirge gegen die Ebene hin abschloss, drehte sich Eliza um. Auf dem Gipfel der Trümmer bewegte sich etwas.
    »Komm doch!«, rief Joern.
    Eliza starrte zurück, gelähmt vor Entsetzen. Dort oben sah sie eine Bewegung, etwas Großes regte sich da. Die Luft war, abgesehen von dem üblichen Nieselregen, ungewöhnlich klar; das war keine Täuschung, was sie da sah. Eine panische Sekunde lang glaubte sie, das beinerne faulende Gesicht des Herrn der Fliegen zu erkennen, ehe ihr Verstand siegte und ihr eine Reihe logischer Erklärungen lieferte. Immer noch klamm vor Angst, stieg sie den anderen hinterher. Sie hatte es nicht gesehen, aber es war da. Sie wusste es.

7. Karambolage
    Lafayette hatte schon einiges erlebt, so etwas noch nicht. Der Weltenkreuzer VILM VAN DER OOSTERBRIJK benahm sich seltsam. Irgendetwas stimmte nicht, etwas Dramatisches. Kontrollen flackerten und erloschen, Alarmsignale übertönten einander, ganze Segmente des Riesenraumschiffes verschwanden für Sekunden aus den Statistiken und tauchten wieder auf. So etwas konnte im Grunde genommen überhaupt nicht vorkommen. Lafayette versuchte, sich ins Netz

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