Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition)

Titel: Vilm 01. Der Regenplanet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
Francescos Bastelei, die er mit einer wilden Handbewegung vom Tisch gefegt hatte.

13. Heimkehr der Regendrachen
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es Regendrachen tatsächlich gibt«, sagte Will, noch ehe sie am Rundgestrolch ankamen. Sdevan machte »pscht«, und Marja verdrehte die Augen; dass manche Leute nie den Mund halten konnten, wenn es darauf ankam. Will war manchmal so. Manchmal hatte er etwas von den Erwachsenen an sich, die immer so taten, als seien sie nur Gäste und würden irgendwann abgeholt. Womöglich war es nur die Einarmige Eliza, der Will etwas besser zuhörte, als gut war. »Ich bin ja still«, murmelte Will, und Tom kicherte. Tom war der jüngste unter ihnen. Dennoch war er genauso groß wie Will, wenn auch bei Weitem schlanker. Die vier Kinder trabten, während sie sich hin und wieder ein paar Worte zuwarfen, durch den in feinen Schleiern niederstiebenden Regen. Heute konnten sich Vilms Wolken nicht so recht entscheiden, ob sie richtigen Niederschlag auf die feuchte Welt fallen lassen wollten oder nur alles in einen dicken Nebel einhüllen, der jeden Gegenstand, den er berührte, genauso gut gründlich durchfeuchtete wie ein prasselnder Guss.
    Will, Marja, Sdevan und Tom war das schnurzegal. Ihre Füße patschten flink durch den aufgeweichten Boden, und sie zogen wie Perlen an einer Schnur ihre Bahn um die Gestrolche, die wie düstere Jurten aus Buschwerk in der Gegend verteilt waren. Längst waren alle Kleidungsstücke der Kinder durchnässt. Carl Carlos würde einen Schreikrampf kriegen, wenn er sie so sähe, wusste Will, und die Frau, die er seit einiger Zeit nicht mehr seine Mutter nannte, würde sich abhetzen, irgendwelche Vorsorgemaßnahmen gegen gefährliche Krankheiten zu treffen, die sie mit so nebulösen Ausdrücken beschrieb wie »sich den Arsch abfrieren«, »du wirst dich erkälten«, »meine Güte, ihr werdet euch alle den Tod holen« oder »wenn es hier Grippe gäbe, wärt ihr allesamt längst unter der Erde«. Will konnte sich nicht erinnern, dass er jemals am eigenen Leib kennengelernt hatte, was die von seiner, nun ja, Mutter so gefürchteten Husten und Schnupfen waren. War es der Schutz der Regendrachen, der sie alle vor solchen Gebrechen bewahrte? Hatte sein großer Bruder Carl junior recht, wenn er hämisch behauptete, es sei allein Wills Speckschicht, die ihn zuverlässig vom nasskalten Wetter dieser Welt isoliere und vor Krankheit bewahre? Die Kinder wussten, dass diese Theorie Unsinn war. Auch Sdevan und Marja kannten das Geschnupfe und Gehuste nicht, und was Tom betraf, so war der in der glücklichen Lage, ebenso wie die vilmgeborenen Kinder niemals in seinem Leben überhaupt krank gewesen zu sein. Nicht mal die Pseudo-Diphtherie musste er durchmachen, zumindest hatte niemand etwas davon bemerkt. Dafür war der Bengel mit knapp acht Jahren kaum von Sdevan und Marja zu unterscheiden, und die waren dreizehn und hatten Will, der vierzehn war, längst eingeholt, was die Körpergröße betraf. Das lag an den Gestrolchfrüchten, die sie in Mengen futterten, meistens gleich von der Pflanze herunter, da konnte die Einarmige Eliza noch so wettern und vor Bauchschmerzen und Durchfall warnen.
    Inzwischen kannten die Kinder die wohlschmeckenden Sorten recht gut. Sie kannten die zahlreichen verschiedenen Arten der auf Vilm heimischen Blattwürmer, die sich mit ihren zwei gierigen Mäulern in rasender Geschwindigkeit durch ein Gestrolch fressen konnten, bis sie als dicke Beutel an den kahlen Ästen hingen. Marja hatte eine Zeitlang Schreilen gezüchtet, weil die hässlichen Tiere sich mit Vorliebe über diese Kokons hermachten, ehe die jungen Blattwürmer schlüpfen konnten. Inzwischen züchtete sie die unauffälligeren und weniger Krach schlagenden Astwürger und hatte mit diesen kleinen, schlangenähnlichen Wesen die Blattwürmer in den Gestrolchen um das Lager deutlich dezimiert.
    Tom setzte zu einem Zwischenspurt an, überholte die anderen, Schlamm verspritzend, und beschleunigte rasant den nächsten kleinen Hügel hinauf. Sdevan pfiff gellend, fast so laut wie eine Schreile, weil er wusste, was jetzt kam. Marja lachte, während sie weitertrabte. Tom stieß sich oben auf dem Hügel ab wie von einer Sprungschanze, drehte sich in der Luft, den Körper langgestreckt, und klatschte dann wie ein Brett in den Tümpel, den er vor Monaten entdeckt und zu seinem Lieblingsspielplatz gemacht hatte. Schmutziges Wasser spritzte auf und sprenkelte die Blätter und Äste der umliegenden

Weitere Kostenlose Bücher