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Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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hinauslief – Ausschau hielt. Hin und wieder knallte er Rehschweine ab, die in Panik vorbeistürmten.
    Der Hochmeister stapfte minutenlang durch das nun immer aufgebrachtere, kniehoch aufschäumende Wesengewimmel und dachte darüber nach, wie er all das mit seinem Glauben an eine tiefere, verborgene Ordnung des Universums in Übereinstimmung bringen sollte, ehe ihn ein seltsames Geräusch innehalten ließ.
    Irgendetwas kreischte. Ein heller, animalischer Laut.
    Wollte er das wissen?
    Noch ehe der Hochmeister diese Frage entschieden hatte, drehte er sich um.
    Das Kampfschwein quiekte in höchster Not.
    Anthrax, der sich vielleicht ein bisschen zu weit von seinen Schutzpersonen entfernt hatte, befand sich in einem Wirbel aus umherpeitschenden Keimen, die sich weiß, bleich und kraftvoll um seine Füße und auch sonst um all seine muskelbepackten Körperteile geschlungen hatten. Sie hielten seine kräftigen Arme aber nur fest, um ihnen die Waffen zu entwinden. Die aufständische Sämlingslinse pflückte Anthrax’ High-Tech-Equipment von seinem Leib, so wie ein Kind die Flügel von einem eingefangenen Käfer zupft. Die furchteinflößende Waffe, die man von Hohlgeschossen auf Explosionsprojektile und auf weiß der Teufel was noch alles umschalten konnte, segelte in hohem Bogen davon. Der Schießprügel berührte die Decke der riesigen Halle ... und fiel nicht wieder herunter.
    Das Dickicht hatte ihn eingezogen.
    Ebola zögerte keinen Sekundenbruchteil, gab ihren Kameraden auf und kümmerte sich um ihre Schutzpersonen. In der Linken hatte sie plötzlich wieder den Höllenwerfer, in der Rechten eine kurze, mehrläufige Waffe.
    »Raus hier!«, schrie sie mit überschnappender Stimme. »Lauft, was ihr könnt!«
    Während weiter hinten die wild umherschlagenden Keimlinge Anthrax immer dichter umfingen, hatten endlich Lyssa und Pertussis begriffen, was vor sich ging. Sie steckten ihre Probensammler weg und gingen zur Flucht über.
    Aber die Sämlingslinse hatte verstanden.
    Ihre gelehrigen Kinder rissen nicht nur Anthrax die Waffen und Kleider vom Leib. Wie aus dem Nichts tauchten ein paar wild dahinspringende Rehschweine auf und überrannten Ebolas kleine Gestalt, noch ehe die Leibwächterin eine ihrer Kanonen einsetzen konnte. Ohne Feuer auszuatmen, verschwand der Flammenwerfer im grünen Gestrudel des lebendigen Untergrundes. Das andere, mit einer ganzen Reihe von Schusskanälen versehene Ding wurde Ebola ebenso aus der Hand gerissen und flog durch die Luft, eine Reihe greller Energieblitze verspritzend. Wo sie einschlugen, sah der Basileus nicht.
    Er starrte auf Lyssa und Pertussis, die ihre eigenen Waffen gezogen hatten und aus Leibeskräften zum Eingang der Sämlingslinse sprinteten.
    Sie hatten keine Chance.
    Pertussis’ Pistole – ein klobiges, gefährlich aussehendes Trumm – wurde ihm von einem Schwarm Wolkentaucher aus der Hand gerissen, der seine rennende Gestalt umwarf wie ein plötzlicher Orkanstoß aus kleinen, schwarzen Flatterkörpern. Lyssa feuerte noch auf ein paar vorüberhüpfende Tiere, die der Hochmeister in dem Durcheinander nicht genau erkennen konnte, ehe auch sie ihre Waffe verlor. Wenn Mornastan es richtig gesehen hatte, waren es aus dem Boden emporschnellende Ranken gewesen, die ihr das Ding einfach aus der Hand schlugen.
    Es kam ihm keine Sekunde lang in den Sinn, den vieren zu helfen. Er wich weiter zurück, in Richtung des freien Geländes unten vor dem Dickicht. Der Hochmeister bewegte sich gemessen und vorsichtig. Er war ja auch bewaffnet, und er rechnete sich keine großen Chancen aus, heil wieder wegzukommen, wenn er sich mit bloßen Händen zum Landepunkt durchschlagen müsste.
    Natürlich zog er seine Waffe nicht.
    Nicht hier drin.
    Die stämmige Gestalt Anthrax’ tauchte hinten wieder aus dem Gewühl auf und wankte in Richtung Ausgang. Der Söldner humpelte. Er trug nur noch seinen linken Stiefel, das durchlöcherte Unterhemd und ein schwarzes Lederband um den rechten Bizeps. Mit den bloßen Fäusten riss er sich immer wieder die Keimlinge vom Leib, die ihn nach Waffen abtasteten.
    Das solltest du besser bleibenlassen, dachte Mornastan.
    Er setzte seinen vorsichtigen Rückzug fort und wurde Zeuge, wie Anthrax schließlich zu schreien begann. Woher sollten die wütenden Boten des Dickichts auch wissen, ob ein Bizepsband eine Waffe oder bloß Schmuck war? Konnte man es ihnen verdenken, wenn sie beim Entfernen vermeintlich gefährlicher Gegenstände ein wenig zu gründlich

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