Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
des unglaublichsten Gewächses war, das es auf dieser Welt gab. Wie üblich sicherte Ebola das Ende der Gruppe.
Was für ein Haufen, dachte der Hochmeister. Ein schießwütiges Pärchen, das gegen Geld anderen Leuten den Arsch rettet, und ein Paar gefühlskalter Karrieristen, die für ihr Fortkommen in den kriminellen Organisationen auf Atibon Legba die eigene Großmutter auf kleiner Flamme rösten würden. Und ich habe ihnen hierher geholfen – nur weil sie dem Orden diese immense Summe Geldes gespendet und versprochen haben, künftig den Dienstag zu heiligen. Er gab in Gedanken sich selbst eine symbolische Ohrfeige. Als ob die jemals irgendwas heiligen würden.
Bereue ich es, ihnen zu helfen?, fragte er sich.
Aber ja.
Es war nicht mehr zu ändern. Er war hier, lief dem stiernackigen Anthrax nach, vor sich dieses skurrile Paar aus Lyssa und Pertussis, im Schlepptau diese Ebola, die ihn an ein gespanntes Tellereisen erinnerte und kaum weniger gefährlich war. Vielleicht schafften sie es ja, einige der Tierarten des Regenplaneten en passant auszurotten.
Das letzte Stück der monströsen Wurzel war steil, und sie mussten einander mit Seilen sichern; das war ein wenig ermüdend, weil Ebola und Anthrax darauf bestanden, jederzeit feuerbereit zu bleiben.
Die Sämlingslinse selbst war eine weite, in hunderten Grüntönen schimmernde Ebene, die keine Besucher einlassen wollte. Eine Art halbdurchsichtiges, sehr dorniges Geflecht schützte sie vor allem, was von draußen kam. Das war wieder eine dieser merkwürdigen Fast-Pflanzen, die durchaus tierische Reaktionen zeigte. Eine bewegliche Mauer. Als Anthrax versuchshalber mit seiner Waffe in dem Gespinst herumstocherte, krampften sich die stachelübersäten Quasi-Äste zusammen und schnappten mit Tausenden Nadeln nach ihm und seiner Kanone. Und sie hätten ihm das Ding einfach aus der Hand gerissen, wenn der Leibwächter nicht aufgepasst hätte und zurückgesprungen wäre. Welle auf Welle brandete durch die seltsame Hecke, und die miteinander verflochtenen Zweige streckten sich begehrlich in Richtung der Eindringlinge.
Eine Hecke, die zupacken kann, dachte der Hochmeister. In den Berichten über die andere Seite des Riesengestrolchs kommt so etwas gar nicht vor. Die südliche Hälfte des Planeten scheint wirklich etwas gefährlicher zu sein, wenn solche Sicherheitsmaßnahmen notwendig waren, um eine simple Sämlingslinse vor den Tieren der Ebene zu schützen.
Dabei war dieses Pflanze-Tier-Wesen nicht einmal massiv. Es bestand nur aus diesen schmalen, mit kleinen und großen Schlangenzähnen übersäten Ranken, meistens dünn wie Babyfinger. Sie sahen zwar heillos ineinander verhakt aus, waren aber durchaus in der Lage, jedem Angreifer ernsthaft zuzusetzen.
Nun wogten neuen Wellen durch die Barriere, und Anthrax musste zwei Schritte zurücktreten, wenn er nicht von den Ranken ergriffen werden wollte.
»Ebola«, sagte er, »das ist dann deine Sache.«
Die kleine Leibwächterin sagte kein Wort, sondern tauschte den Platz mit dem bulligen Kollegen und holte mit einer fließenden Bewegung ein längliches Gerät aus ihrem Rucksack.
»Bitte ein wenig zurücktreten«, sagte sie in einem Tonfall, der alles andere als eine Bitte war.
Dann ließ sie Ströme aus gleißendem Feuer in das Gespinst schießen. Dieser Flammenwerfer arbeitete mit einer sehr, sehr heißen Flamme. Die Verteidigungshecke wurde nicht nur verbrannt, sondern geradezu eingeäschert. Ein erstickender Gestank nach verkohltem Holz und verbranntem Fleisch breitete sich aus. Lyssa hielt sich die Nase zu.
Das Geflecht hatte dem höllischen Feuer nichts entgegenzusetzen. Es krampfte sich zusammen und warf immer neue Bestandteile seiner filigranen Masse in die entstehende Lücke. Aber Ebola bestrich systematisch einen etwa fünfzehn Meter breiten Bereich mit ihrer Waffe, bis ein breiter Durchgang entstanden war. Dann äscherte sie die aufgeregt fuchtelnden Reste der Hecke links und rechts davon ein.
»Tja, mit Feuer haben die Lebewesen des Regenplaneten noch wenig Erfahrung«, sagte Lyssa. »Wie sollten sie auch, wenn es immer regnet.«
Ebola und Anthrax wechselten einen Blick, in dem eine gewisse Geringschätzung ihrer Auftraggeber lag. Der Basileus hatte es gesehen, ganz im Gegensatz zu Pertussis und Lyssa, die es gar nicht erwarten konnten, den verkohlten Streifen zu überqueren, der von der Hecke übrig geblieben war.
Aber immerhin warteten sie brav, bis Anthrax wieder die Vorhut übernahm und vorsichtig
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