Violas Wahnsinnslover
bis zum Anschlag in mir versank. Wir sahen uns in die Augen, rangen nach Atem, und sein Gesicht verzog sich vor schmerzlicher Lust. Ich spürte überall einen Teil von ihm. Auf meinen Brüsten. Auf meinem Hintern. In meinem Mund. In mir, wo er die letzte Kraft bündelte und mir sein Becken entgegenstemmte. Als uns der Orgasmus überrollte, schrien wir. Als gäbe es nur noch uns und niemanden sonst.
Ich verkrallte meine Hand mit seiner und drückte mich eng an seinen Leib, als wir einschliefen.
Als ich am Morgen aufwachte, war er bereits gegangen. Bis übermorgen, Sweetheart, hatte er auf einen Zettel geschrieben.
◊
»Bernd. Ausgerechnet Bernd!«, schimpfte Franzi. Vor ihr, Sonja und Vera hätte ich unser Verhältnis nicht lange verheimlichen können, also berichtete ich davon. Sie waren allesamt nicht begeistert, die eingefleischten Feministinnen, für die ein Mann wie Bernd das Feindbild überhaupt war. Das beste Studienobjekt.
»Der größte Macho von Bremen und Umgebung. Frag mal im Viertel, wie viele er schon genagelt hat und dann sitzen ließ«, entrüstete sich Vera.
»Und wenn das nur Gerüchte sind?«, zweifelte ich. Mein Geliebter war nicht weniger sanft als ein Softie, auch wenn er das nicht so offen zeigte. Er wirkte nur ruppig, in Wahrheit war er zärtlicher als je einer zuvor und überhaupt nicht an einem Quickie zwischen Tür und Angel interessiert. Ich gab zu, dass seine Hingabe nicht zu seinem Image passte. Ein anschmiegsamer Mann, der nach dem Fick nicht einschlief, sondern auf der Brust der Frau lag und sich streicheln ließ. Eine Position, die nicht unbedingt von einem Macho bevorzugt wurde, denn sie nahm ihm das Gefühl der Überlegenheit, welches er nach dem Sex auch gern beibehalten wollte. Nicht so Bernd.
Er bediente kein Klischee, und was andere über ihn dachten, war ihm egal. Nur deshalb wirkte er so überlegen.
»Bist du inzwischen erblindet? Du warst doch vorher kritischer in deiner Männerwahl«, warf Sonja mir vor. Sie konnte ihn nicht ausstehen und bezeichnete ihn als Holzpuppe, die dem Tod näher war als dem Leben.
Ich stritt überhaupt nicht ab, dass er steif und hölzern wirkte, aber nur beim ersten Eindruck und in der Öffentlichkeit.
»Der lässt dich auch mit einem Kind sitzen, genau wie Vivi«, sagte Franzi.
Vivi. Den Namen hatte ich gehört. Schon einmal zu oft. Er hatte mich nicht mit ihr verglichen, aber von ihr geredet. Von dem gemeinsamen Urlaub in Spanien. Von der Trennung, die noch an ihm nagte. Von den Büchern, die sie beide gelesen hatten. Ich hatte erfahren, dass sie rothaarig und klein war und geile Titten hatte. Ich musste mir anhören, wie scharf ihn ihr Schamlippenpiercing beim Sex gemacht hatte. Sofort hatte ich Eifersucht gespürt und mich wie zweite Wahl gefühlt.
Er hatte es gemerkt. »Ich habe doch nur soviel von ihr gesprochen, um dir zu erklären, wie sehr mich ihr Verhalten verletzte. Ich kann und will sie aus meinem Leben nicht entfernen. Sie gehört dazu. Daran musst du dich gewöhnen.«
Das fiel mir schwer, ich wollte für ihn die Einzige, die Beste und die Absoluteste sein, zweite Wahl war mir zu wenig.
»Ich möchte Offenheit zwischen uns. Deswegen«, hatte er noch gesagt.
»Wo ist er denn überhaupt, wenn er es so ernst mit dir meint?«, fragte Sonja.
»Wir müssen uns doch nicht jeden Tag sehen«, war mein mühsam gestammelter Versuch, ihn zu rechtfertigen. Ich wartete selbst auf eine Nachricht von ihm.
~ ◊ ~
Auf dem Weg zur Haltestelle auf dem Ostertorsteinweg sah ich Bernd draußen vorm Litfass sitzen. Vivis Hexenhaare leuchteten mich frech an, neben ihr stand ein Kinderwagen, und das Baby saß auf ihrem Schoß. Bernds Kind. Ich erschrak und erstarrte auf der Stelle. Wenigstens lief ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite und musste nicht wechseln. Ich konnte nicht an ihnen vorbeigehen. Nicht an ihm vorbei. Ich hätte seine Stimme nicht ertragen.
Worüber sie wohl gerade sprachen? Über ihre gemeinsame Zukunft? Für mich hatte er also keine Zeit, aber für sie.
Tatsächlich besaß dieser unverschämte Kerl auch noch die Frechheit, mir zuzuwinken.
Der Schmerz überwältigte mich, ich kam mir so betrogen vor, dass ich vor Wut weinte und sogar an der Haltestelle vorbei lief. Erst an der nächsten kam ich zur Besinnung.
Nach Hause wollte ich nicht. Nicht an diesem Abend. Nicht in dem Bett schlafen, wo mich alles an die vergangene Nacht erinnern würde. Ich wollte weder Franzi, Sonja noch Vera sehen. Die Genugtuung
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