Violet - Verletzt & Versprochen & Erinnert (German Edition)
Sträuchern.
„Wir nennen diese Dörfer nur die Vitaminkapseln. Die Böden der Vulkane sind die fruchtbarsten. Die Wärme ist selbst nach tausend Jahren noch zu spüren. Du gräbst drei Meter tief und kannst dir in dem Loch einen Tee kochen. Hier wachsen die süßesten Früchte und hier reift der beste Wein.“
Der Helikopter fliegt einen Bogen und ich habe die Möglichkeit mehr zu sehen von dem Bergdorf, das unter uns liegt. So überschaubar, friedlich und geschützt. Der alte Kirchturm überragt alles andere. Er ist das unangefochtene Zentrum des Dorfgeschehens. Frauen in schwarzen Roben stehen dort auf dem Kirchplatz und schauen zu uns empor. Kinder winken uns fröhlich vom daneben liegenden Schulhof zu. Niemand scheint hier vor irgendetwas Angst zu haben.
Plötzlich werden die Fenster des Helikopters undurchsichtig, wie das vom Wasserdampf beschlagene Glas unter der Dusche in meinem Skygate. Meine Dusche, mein geheimer Zufluchtsort.
Was soll das? Jetzt fühle ich mich wie eine Gefangene. Vielleicht bin ich das ja auch. Eine Gefangene, und der Helikopter ist der Gefangenentransport. Und er? Er ist der Aufseher, mein Wächter, der Aufpasser, damit ich nicht flüchte. Was totaler Quatsch ist. Wie sollte ich das anstellen?
„Eine reine Sicherheitsmaßnahme“, sagt er. Meint er die Glasscheibe? Er hat sich mir gegenüber in seinen Sitz geschnallt und sieht mich von unten bis oben an. Seine Blicke sind mir unangenehm.
Ja, ich fühle mich tiefer und tiefer wie eine Gefangene, seine Gefangene oder wie ein erworbener Besitz. Sein Besitz. Ich schließe meine Augen. Vielleicht hilft es mir dabei meine desolate Lage auszublenden? Ich versuche ein wenig zu schlafen.
Alles bewegt sich. Ich weiß nicht wie lange ich weg war. Mir kommt es vor wie ein paar Sekunden, aber vor den undurchsichtigen Scheiben ist es schon Dunkel. Der ganze Helikopter und seine Passagiere (mich eingeschlossen), werden von heftigen Turbulenzen durchgeschüttelt.
Reine Sicherheitsmaßnahme , geht es mir durch den Kopf und ich blicke durch den schmalen Spalt meiner fast geschlossenen Lider, und ich sehe wie er sich mit seinen Fingern an seinem Sitz festkrallt und seine Gesichtsmuskeln angespannt sind.
Gerne würde ich eine fiese Bemerkung fallen lassen, aber die Turbulenzen rütteln mich durch und ich spüre meine Verletzung wiedererwachen und sie zwingt mich in die Defensive. Es tut höllisch weh!
Ich will den Schmerz einfach runterschlucken, aber es geht nicht. Er ist zu heftig. Ich schließe meine Augen, beiße mir fast die Unterlippe entzwei und der Schmerz, er verbrennt mich, meinen Bauch, als habe jemand Säure darauf geschüttet, die durch meine Haut sickert und mein Inneres auffrisst.
Ich bin es gewohnt Schmerzen zu ertragen, aber die Schmerzskala von eins bis zehn, schlägt zu weit nach oben aus.
Ich beiße auf die Zähne, schone meine Lippen, presse meine Fäuste so fest zusammen, bis sich meine Fingernägel tief in meine Haut bohren. Jetzt nur nicht losbrüllen, nicht schreien, bloß keine Schwäche zeigen. 7. Gebot! Himmel! Oh Gott hilf mir das zu ertragen.
Und plötzlich, als habe er mich tatsächlich empfangen, fällt der Zeiger um zwei, drei Schmerzpunkte und ich habe Zeit zu verschnaufen, mich zu erholen. Meine Klamotten (beziehungsweise das was von ihnen übrig ist) sind schweißnass. Zum Glück ist es Schweiß und kein Blut. Die Naht hält. Asha hat wieder einmal einen guten Job gemacht. Ich muss an sie denken und der Schmerz in meinem Herz, sie im Stich zu lassen, ist fast schlimmer als der der Wunde.
Ich wünsche mir jetzt zum ersten Mal, dass wir bald dort sind. Wo auch immer dort ist. Sind wir noch über den Vulkanen? Ich wünsche mir, dass sie sich um mich kümmern, wer auch immer sie sind. Nicht damit ich überlebe. Zumindest nicht nur deshalb, sondern weil ich es Asha versprochen habe, und ich nicht weiß wie lange ich das hier noch durchhalte. Gott bitte hilf mir!
Wie eine Flut bricht der Schmerz erneut über mir zusammen.
Er kommt und geht wie Wellen. Das ist das einzig Positive. Ich weiß wann es wieder soweit ist. Ich zähle die Minuten, bis zur nächsten Explosion. Sieben, Sechs, Fünf, gleich geht es wieder los. Sie kommen etwa alle zehn Minuten, aber die Abstände zwischen den Schmerzwellen werden von Mal zu Mal kürzer. Ich halte den Atem an. Zählen, zählen, atmen, dann geht es vorüber und so ist es auch, bis zur nächsten Welle.
Er beobachtet mich, aber ich gestatte ihm keine Schwäche zu
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