Violet - Verletzt & Versprochen & Erinnert (German Edition)
sehen, aber der Schweiß auf meiner Haut ist ein mieser Verräter. Vier, drei, zwei, jetzt geht es wieder los. Jetzt schon? Ich kann nicht mehr! Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, seit dem ich versuche stark zu sein.
ICH KANN NICHT MEHR!
Ich kann nicht mehr stark sein. Ich schreie mir die Seele aus dem Leib, bis meine Stimme keine Stimme mehr ist, sondern nur noch ein Wimmern.
Die Schmerzskala von Eins bis Zehn reicht nicht mehr aus. Er sagt irgendwas zu mir, aber die Worte schaffen es nicht bis zu meinem Gehirn. Ich sehe ihn kaum, er sieht verzweifelt aus. Sein Gesicht, seine Worte werden fortgerissen von der nächsten Schmerzwelle, die an mir bricht wie gezündetes Dynamit.
Ich bekomme es gar nicht mit, als der Helikopter landet, bemerke nur in der kleinen, kurzen Verschnaufpause wie still es plötzlich ist und dass ich ganz alleine bin. Er ist hinausgestürmt, nur der Schmerz ist noch bei mir und ich erwarte die nächste Welle, bevor er zurückkommt und sie mich endlich von diesen Qualen befreien werden. Ich spüre wie sich meine Gedärme zusammenziehen, auf die nächste Attacke vorbereiten, und ich werde schreien, so laut ich noch kann, weil das das Einzige ist, das ich tun kann.
Oh Gott, dieses Mal ist es anders gewaltiger. Keine Welle! Schlimmer! Ich schreie… schreie… schreie. Wünsche mir dass es aufhört. Fluche. Bitte um Gnade. So wie die vielen Male zuvor. Bitte, es soll einfach aufhören.
Und dann ist es vorbei?
Plötzlich!?
Es fühlt sich so viel anders an.
Irgendwie? Mir fehlt das richtige Wort.
Befreiend?!
Ein Teil von mir ist gestorben um zu leben. Genauso fühlt es sich an.
Die Schmerzen sind noch da, aber sie fließen langsam ab. Ich schaue unter mein Shirt, will meine Wunde sehen und bin sprachlos.
Ich habe ein neues Tattoo und seine Konturen leuchten weiß, als hat jemand in mir ein Licht angezündet. Ich lege meine Hand darauf. Draußen höre ich Stimmen. Seine Stimme ist dabei und die von anderen. Der Helfer, Mediziner, der Unbekannten. Hoffentlich keine Vollstrecker.
Ich spüre eine Bewegung unter meiner Hand, auf meiner Verletzung und meinem neuen Tattoo. Es bewegt sich! Das Tattoo bewegt sich! Himmel!
Haben mich die Schmerzen jetzt doch in den Wahnsinn getrieben. Und die Wunde? Sie blutet wieder, aber jetzt werde ich es überleben. Asha, ich werde es schaffen, weil ich hier gelandet bin, in Sektion 0, und weil ich es dir versprochen habe zurückzukehren.
Gleich kommen sie zu mir in den Helikopter. Die Schmerzen, sie lassen mich nicht ganz allein, sind noch immer da, aber sie belästigen mich kaum noch. Mich beflügelt ein Glücksgefühl, das hier nicht her passt. Sterbe ich jetzt doch noch? Ich blicke an mir hinab und betrachte das Tattoo der Bestie auf meiner Haut, wie es sich zusammenkringelt. Fast so als würde es sich schlafen legen.
Es ist da, es lebt auf seine Weise und es ist jetzt ein Teil von mir. Und dann hört es auf zu leuchten und liegt ganz ruhig da. Nicht zu spät damit es mein Geheimnis bleibt, denn jetzt ist er zurück um mich zu holen.
Kapitel 3
Ich sehe nichts. Die Nacht hat ihre Flügel schon lange über der Sektion ausgebreitet und der Himmel ist schwarz, sternenlos. Wie lange hat die Reise gedauert?
Ich liege auf dem Rücken, auf einer Trage mit Rädern und Ärzte in weißen Kitteln, so wie Asha nur älter, rollen mit mir davon. Meine Hand ruht auf meinem Bauch, meinem neuen lebendigen Tattoo.
Die Lichter des Helikopters verschwinden aus meinem Blickfeld und er, der so gut riecht, mein Besitzer ist neben der Trage und befiehlt Befehle. Und es, mein lebendes Tattoo verhält sich ganz ruhig, aber mir kommt es vor, als könne ich seinen Atem in mir spüren.
Die Luft ist kalt, kälter als in Sektion 13. Die Trage rüttelt mich ganz schön durch, bis sie mich über eine Schwelle schieben. Eine Schwelle, von kalt zu warm, von finster zu blendend hell, von natürlich zu künstlich, medizinisch rein.
Die Wände scheinen aus purem Licht zu bestehen, sind nicht linear, nicht massiv. Einer der Menschen in weiß, eine Frau mit blauen Haaren, die leuchten und sich bewegen wie blaues Feuer, beugt sich über mich.
„Du wirst nichts spüren, das ist mein Versprechen.“ Sie schießt mir mit einer medizinischen Pistole in den Oberarm. Sie hat recht, es tut kaum weh. Auf der Schmerzskala irgendwo im Nullkommanullnulleins Bereich. Die Nacht des Narkosemittels greift mit ihren Schwingen um sich und hüllt meine Sinne ein. Er hatte recht. Asha hat keine
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