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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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nicht?«
    »Weil wir …« Ewa senkte den Kopf. »Violett sind.«
    Wie bedröppelt der Zwerg gucken konnte, och, und Jule streichelte mal kurz die blonden Fransen und grinste. »Genau deshalb, Ewa. In einer Grauzone können wir tun und lassen, was wir wollen. Oder es eben lassen und nichts tun, weil wir das nicht wollen, was wir tun oder auch lassen können. Verstehst du?«
    »Nein«, kam kleinlaut von Ewa. »Aber es klingt ungefährlich.« Sie krabbelte wieder auf die Matratze, löschte das Licht, schlang die Arme um Jule und schmiegte sich von hinten an sie wie ein Klammeräffchen.
    Mein lieber Schwan, das fetzt. Im Ernst, aktuell konnte sich Jule nichts Schöneres vorstellen. Wärme strahlte angenehm von Ewas Körper ab und vertrauter Ewa-Meer-Duft vernebelte Jule die Sinne. Ihre Hände fanden sich, verwoben sich zu einem festen Knäul vor Jules Brust und ruhten friedlich ineinander. So war es gut, jetzt, in diesem Moment, wo alles noch unwirklich und frisch war. Jule spürte deutlich das Pochen ihrer Herzen, gleichmäßig, wie von selbst im Takt. Wie wundervoll sich das anfühlte. Wie beruhigend es sich anhörte. Wie … äh, Moment. Anhörte? Tock-Tocktock-To-Tocktooock. Stopp! Das wäre ja mal ein verdammt fieser Herzfehler. »Ewa, hörst du das auch?«
    »Ähm, ja.«
    »Was ist das denn?« Jule hob den Kopf. Die leisen Klopfgeräusche wurden zunehmend lauter. Auch rhythmischer irgendwie, als würde jemand mit etwas andauernd über den Fußboden rutschen, einen Stuhl, ein Bett oder so. »Ey, ich fasse es nicht! Rückt deine Mitbewohnerin allen Ernstes Möbel? Um diese Zeit?«
    »Jule, ich glaube, es ist eher …«
    »Oooh, jaaaAAAAaaaa, aaaaAAAhhhhh, oh, jaaaa-Aaaah.« Stöhnen drang aus dem Nebenzimmer.
    Wusch! Blitzschnell fuhren Jule und Ewa auseinander, wie beim Boxkampf, Gong, Runde beendet, ab in die neutrale Ecke. Da bebten sie nun, jede an einem Rand des großen Bettes, während lüsterne Laute immer deutlicher zu ihnen herüberschwappten.
    »Hat Tanja Besuch von ihrem Freund?«
    »Keine Ahnung!« Ewas Stimme klang extrem gepresst. »Kann ich durch Wände gucken?«
    Wäre in diesem Moment sicherlich keine wünschenswerte Superkraft. Allein war Tanja dort drüber nicht, da rödelten und rumorten zwei Personen, soviel stand fest. Spaß schienen beide zu haben, das war nicht zu überhören. Wobei? Das konnte man sich bei diesem akustischen Gerammel auch mühelos zusammenfantasieren. Außerdem war Tanja mitteilungsbedürftig, verdammte Axt, und wie!
    »JaaaAAAah, so ist es gut, weiter, jaaaaaa, höher, höher, genau, bleib so … ahhh, fester … Mar-aaaAAAh-o, jaaaa …«
    Schön, wir kommen voran. »Tippe auf Marco oder Mario. Und du?«
    »Mir scheißegal«, zischte Ewa. »Kenn ich nicht!«
    Parallel röhrte Tanja, so tief und laut, dass sich jeder Hirsch vor Furcht und Neid verpisst hätte. Jule schluckte. Gänsehaut zog sich über ihren gesamten Körper. Diese erotischen Schallwellen waren geradezu mörderisch. Boah, ein gefakter Orgasmus geht auch leiser, du rollige Kuh!
    Wie versteinert lagen sie beide auf der Matratze und schwiegen. Aus dem Augenwinkel schielte Jule zu Ewa. Deren Brust hob und senkte sich viel zu hektisch, erst recht, als im Nebenzimmer noch eine Schippe draufgepackt wurde. Donnerlittchen-äh-Flittchen, Jule traute ihren Ohren nicht. Wie konnte eine Frau nur so stöhnen, lustvoll wimmern, in dieser Tonlage?
    Zaghaft räusperte sich Ewa. »Jule, warum werde ich das Gefühl nicht los, das wir beide uns dermaßen bescheuert anstellen? Schon den ganzen Abend? Und dass wir …«
    »Was verpassen? Jetzt, in diesem Moment?«
    »Ja. Und dass wir irgendwie das tun sollten, was die da drüben so … machen. Augen zu und durch, nicht warten, nicht diskutieren, nicht zögern, Kopf aus, Shirts aus und …«
    »Sehe ich genauso, absolut! Aber …« Jule brach ab.
    Ewa hob den Kopf. »Was – aber?«
    »Aber …«
    »Was?«
    »Fuck! Ich kann das nicht!« Jule setzte sich auf und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Ver-verstehe.« Ewa robbte heran und schlang einen Arm um sie. »Es liegt an mir, richtig?«
    »Was?«
    »Weil ich … nun ja … kein Mann, sondern eine Frau …«
    »Bullshit!«, unterbrach Jule hitzig. »Dieses Frau-Frau-Ding krieg ich schon irgendwie hin, grundsätzlich, vor allem mit dir, weil du toll bist, Ewa, ehrlich, aber …«
    »Aber?«
    Jule schluckte. »Aber …«
    »Aber was, verdammt?« Ewa klang auf einmal ungehalten. »Was klemmt denn bei dir?«
    Nach kurzem Zögern

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