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Violett ist erst der Anfang

Violett ist erst der Anfang

Titel: Violett ist erst der Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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wäre Jule darauf programmiert, schenkte sie dem schnuffigen Wicht mit der zerstrubbelten Mähne ganz automatisch ihr süßestes Grübchengrinsen. »Hey, ich lauf dir ja nicht weg. Jetzt hopp, ab ins Bad.«
    Ewa nickte und doch schien es Ewigkeiten zu dauern, bis sie beide ihre Blicke voneinander lösen konnten. War einfach zu faszinierend, das Ganze.
    Kaum war Jule allein, buddelte sie sich wieder tief in die Kissen und zog die Decke bis zum Kinn. Nur mühsam widerstand sie der Versuchung, die Augen zuzudrücken und wenigstens noch ein paar Minuten … Hach, half alles nix. Die Nacht war vorbei, Tag war Tag, für manche armen, schauspielernden Erdenbürger eben schon um – Jule warf einen Blick auf ihr Handy – 5 Uhr 12? Boah Bogacz, wer hat dich denn verdorben? Jule schluckte. Bitte sei kein Frühaufsteher, Ewa! Himmel, das konnte ja noch heiter werden. Eine Lerche, eine Eule, das ergab zusammen … tja. Auf jeden Fall verdammt heiße Küsse. Prompt tauchten die Bilder der letzten Nacht vor Jules Auge auf. Wer hätte jemals geahnt, dass in Frau B. so viel Gefühl, Wärme und, yes, Ausdauer schlummerten? Die Frau sollte ein Warnschild tragen. Vorsicht, bissig! Und süß natürlich, faszinierend, umwerfend, bezaubernd, verflixt, zu viel Text, passt nicht aufs Schild. Seufzend schob Jule die Decke beiseite.
    Angriff. In dieser Messie-WG gab es sicherlich irgendwo eine kooperative Kaffeemaschine. Barfuß tapste Jule auf den Flur, rammte im Halbdunkel erst den Grill, dann das Mountainbike, stolperte, streckte rumpelnd den Lattenrost nieder, wich zurück, zertrat knirschend eine Pfandflasche, verhedderte sich in einer Sporttasche und … rums, Kniefall. Jaul! Ihre Augen tränten, als sie sich das von gestern ohnehin schon angeschlagene Gelenk massierte. Top-Bilanz bisher. Ewa ein touchiertes Nasenbein, sie ein ramponiertes Knie, beide wunde Lippen vom Knutschmarathon, aber hey, dafür ausnahmsweise keinen Katerschädel. Und jede weitere Nacht verbringen wir bei mir, keine Diskussion. Missmutig humpelte Jule in die Küche, machte sich auf das nächste Chaos gefasst und … stutzte. Na aber Hallo, schöne Morgensonne!
    V erzückt rückte Jule an ihrer Brille für einen Schnell-Check. Geschätzte 1,85, dunkle Wuschellocken, der Rest? Paradiesisch. Der leicht gebräunte Teint zog sich ebenmäßig von den kantigen Schultern über muskulöse Oberarme und die trainierte Brust. Kaum Haare am Leib, dafür eine blau-karierte Boxershort, mehr nicht, und was sich darunter abzeichnete, hui, das war bemerkenswert. Wie angewurzelt verharrte Jule in der Tür, staunend wie eine Dreijährige auf einer Pferdekoppel und löste ihre Aufmerksamkeit erst vom Schritt, ups, als Lockenkopf aufsah. Ein melancholisch-lauernder Blick, schräg von unten aus stahlblauen Augen, und ein diebisches Lächeln umspielte seinen sinnlichen Mund, wie entzückend, dazu Dreitagebart, markantes Kinn, Jule wurde heiß, und …
    »Oh. Hallo«, sagte er.
    Raue Brummbärstimme, ja Wahnsinn. »Hi!«, erwiderte Jule mit ungeplant hellem Tonfall und grinste, während Lockenkopf weiter an der Kaffeemaschine hantierte.
    »Du musst Ewa sein, richtig?«
    »Ne. Also ne jetzt.« Sie schob sich eine Strähne hinters Ohr. »Ich bin … die Jule.«
    »Jule?«
    »Eine Kollegin. Äh, Quatsch. Auch, ja. Aber eigentlich mehr …« Jule zögerte. Na Schweitzer, violett oder nicht? »Eine Freundin. Gewissermaßen die Freundin, wollte ich sagen. Von Ewa.« Uff, Outing-Premiere. Ich hab’s getan.
    Lockenkopf grinste. »Schon kapiert. Freundin eben.«
    »Richtig.« Jule strahlte. Krass. Das ging ja einfach. Und kein feindseliger Kommentar dazu, hach, die Menschen im 21. Jahrhundert waren tolerant und entspannt. Pfff, Diskriminierung von Minderheiten, von wegen.
    Lockenkopf zwinkerte ihr zu, kraulte sich kurz über die Brust und fischte sich eine Tasse aus dem Wandschrank über dem Herd, auf dem sich Töpfe und verkrustete Pfannen stapelten. »Cooles Shirt.«
    »Oh, äh … dankeschön«, säuselte Jule zurück. Na wer sagt’s denn. Komplimente. Läuft doch wieder, Schweitzer. Geschmeichelt und eine Spur verlegen rückte Jule an ihrer Brille, lächelte, senkte den Blick, Biene Maja lächelte zurück und … Ey du Pfosten, willst du mich verarschen? Wie zum Protest zuppelte Jule die Klamotte bis zum nackten Knie und verschränkte die Arme.
    »Ich bin übrigens Marcello.«
    Mar-aaah-oh-Mist. Schon hatte Jule Tanjas wüstes Gestöhne im Ohr. Oooooh und aaaaah und adieu, du nettes

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