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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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Verhältnismäßig. Das Barpersonal wuselte um ihre ausgestreckten Füße, hantierte über ihren Köpfen mit Drinks und Gläsern, aber das ließ sich ignorieren.
    »Was zum Henker machen wir hier unten, Jule?«
    »Wir reden. Bierchen?« Als hätten sie auf einer WG-Party einen chilligen Sit-in in der Küche, linste Jule in den fremden Kühlschrank und angelte daraus zwei Flaschen. Suchend guckte sie sich um, rückte an ihrer Brille, erspähte in Griffnähe ein Feuerzeug, und flopp, hebelte sie damit die Kronenkorken ab.
    »Bitteschön.« Sie reichte Ewa eine Flasche. »Prost.«
    Ewas Augen weiteten sich. »Du-du hast mit einem Feuerzeug …«
    »Ein Bier geöffnet. Kinderkacke. Kann jeder.«
    »Nein, ich meine … krass. Geil! Kannst du mir den Trick mal zeigen? Ich hab das echt schon so oft probiert, aber irgendwie …«
    »Wenn wir vorher Klartext reden – gern. Denn ganz ehrlich? Nach deinem Theater könnte ich ausrasten gerade.« Jule kochte. »Natürlich hätte ich mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen sollen. Sei sauer, brüll mich an, okay. Aber weißt du was? Ich würde es jederzeit wieder tun, denn du bist meine Freundin. Also komm mir nie wieder mit Verpiss-dich, sonst scheppert’s, Bogacz!«
    Ewa zog den Kopf ein. »Tut mir leid.«
    »Gut. Denn deine Ansagen waren unter aller Sau. Als ob meine Gefühle vom Kontostand abhängen, ey, für wen hältst du mich?«
    »Aber du hast gesagt …«
    »Dass es eine Rolle spielt, ob du flüssig oder blank bist. Ja. Solche Infos schuldest du mir in einer Beziehung. Weil ich dir sonst nicht helfen kann, kapiert? Das will ich und das werde ich. Selbst wenn du gerade sechsstellige Scheiße an den Haken hättest.«
    Ewas Blick wurde ernst. »Ich will kein Geld von dir, Jule.«
    »Ich weiß.«
    »Und ich werde es nicht annehmen, niemals. Also lassen wir dieses Thema. Ist alles geregelt.«
    »Darum geht es auch nicht.«
    »Worum dann?«
    »Ich will keine Heimlichkeiten. Sonst haben wir als Paar nämlich keine Chance im Alltag. Und bevor du Panik schiebst: Ich mach dir nicht den Sugar Daddy, der dich überall großkotzig einlädt und jede Rechnung zahlt. Ich könnte es. Ich würde es, keine Frage. Aber so läuft das nicht. Weil du Stolz hast und das ist gut und den respektiere ich, hörst du?«
    »Ich komm klar.«
    »Aber falschen Stolz werde ich nicht akzeptieren. Nicht in einer Beziehung. Als Partner wuppt man Situationen zusammen, vor allem die beknackten. Das war deine Ansage vorhin in der Limo und die gilt für uns beide. Also lass mich dir helfen, bitte. Und sag mir offen, was dir bei der Geschichte hilft, Ewa. Denn ich trag das mit. Darauf hast du mein Wort.« Satz reihte sich an Satz, wie selbstverständlich, und ihre Entschlossenheit überraschte Jule selbst. Oder auch nicht. Als hätte ihr jemand die Schlieren von der Brille poliert, sah sie auf einmal klar. Ewa. Ihre Beziehung. Das war ein wichtiger Moment, in dem sie Weichen stellen musste. Jetzt.
    Unsicher sah Ewa sie an. »Wie meinst du das?«
    »Du lebst mit Schulden, und ich lebe ab jetzt mit dir. Deine Situation wird unsere. Es ist okay, wenn wir uns die erste Zeit einschränken müssen. Statt Nobelfutter ALDI-Nudeln pur, schnurz. So lange, bis wir uns wieder was leisten können. Wir beide. Ich muss nur wissen, was Sache ist, verstehst du?«, schärfte Jule ihr ein. »Weil es für mich nämlich auch okay geht, wenn ich uns mal eine komplette Reise sponsere. Ich zahl ein Wochenende in Paris und du die Croissants zum Frühstück. Für mich macht es keinen Unterschied, wer wie viel beisteuert.«
    »Für mich schon«, kam kleinlaut von Ewa.
    »Ich weiß.« Jule seufzte. »Und genau deshalb musst du mit mir reden. Sonst hab ich keine Ahnung, was gerade für uns beide drin ist. Und wie ich dich unterstützen kann und überhaupt darf, ohne dir auf den Schlips zu treten. Aber momentan klammerst du mich aus.«
    Ewa fixierte die Bierflasche in ihren Händen. »Jule, das ist alles nicht so leicht für mich.«
    »Trotzdem musst du dich entscheiden. Stoß mich weg oder lass mich zu. Es liegt an dir.«
    Gong. Jules Puls hämmerte los. Der Kampf ging in die entscheidende Runde. Aktuell im Ring: Ewa, und die trat an gegen … äh, sich selbst. Schritt nach vorne oder doch besser zurück? Deckung halten oder Risiko eingehen? Jule sah es in ihren Augen, aber auch in jeder noch so kleinen Regung. Wie Ewa an dem Etikett ihrer Bierflasche rumzupfte, ihrem wartenden Blick auswich und stattdessen bunten Spirituosen im

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