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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
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»Du zahlst natürlich Miete. Halbe-halbe, auch bei den Nebenkosten. Wir legen eine Haushaltskasse an, für Klo-Papier, Meister Propper und Nudeln und …«
    »Hast du dir das gut überlegt?«
    »Nein.« Das war eine ehrliche Antwort von Jule.
    »Oh.«
    »Wie denn? Wann denn? Ist doch alles noch so frisch mit uns.«
    »Eben! Seit gestern sind wir erst zusammen, Jule. Mensch, wir haben noch nicht mal miteinander geschlafen.«
    Wohl wahr, da war was. Jule drehte die Flasche in ihren Händen und hirnte über eine schlaue Antwort. »Aber es fühlt sich … gut an. Die Vorstellung, wie wir beide uns in meiner Bude was aufbauen. Auf einmal sind da diese Bilder, ehrlich jetzt. Wie wir nach der Arbeit zusammen nach Hause gehen. In unser Zuhause. Du kochst oder ich bestell Sushi, und wir verziehen uns auf die Couch und teilen uns eine Wolldecke. Oder wir klimpern einen Flohwalzer oder üben neue Songs. Am Wochenende schmeißen wir den Haushalt und geben Partys. Oder wir sitzen mit Wein und Bier auf dem Balkon und suchen oben den großen Wagen oder wir lernen Text, spielen Violett oder wir …«
    Ein leises Auflachen. »Du vergisst den Punkt, Jule.«
    »Ja Scheiße, ey!« Jule stöhnte. »Das puzzelt sich gerade in meinem Hirn zusammen. Für dich klingt das bestimmt brutal spießig und stinklangweilig, aber es wäre Alltag und es sind … schöne Bilder, Ewa. Für mich. Und ich hab sie ausgesprochen und jetzt … na ja, jetzt wünsche ich sie mir. Verstehst du?«
    »Das ist total krank.«
    »Ich weiß.« Jule zupfte am Etikett ihrer Bierflasche. Himmel, warum nur hatte sie dieses Thema angeschnitten? Wieso hatte sie nicht gewartet, bis …
    »Ich würde gerne bei dir einziehen.«
    Jule hob den Kopf. »Ehrlich? Obwohl wir erst so kurz …«
    »Vielleicht deshalb.« Ewa zuckte mit den Schultern. »Es fühlt sich tatsächlich irgendwie … gut an. Wann?«
    »So schnell wie möglich, wenn du willst. Dann könnten wir auch … äh, shit.« Jule schluckte. »Wie heißt Struppi eigentlich?«
    »Wer?«
    »Timmy, dein Hund.«
    »Jule, willst du mich verarschen?«
    »Nein, aber … die Stelle mit Pluto hab ich verpasst.«
    Ewa riss die Augen auf. »Hörst du mir nie zu?«
    »Doch, na klar. Aber du sagst immer nur mein Kleiner und …«
    »Treffer!«
    »Bitte?« Jule verrutschte die Tonlage. »Der heißt so? Ey, hast du den im Schubrrr-Suff getauft?«
    »Jule!«
    »Ja, sorry. Hunde nennt man Hasso, Rex, Waldi, Oskar, Lassie, Fiffi, Beethoven oder …«
    »Du kennst ihn doch. ›Mein Kleiner‹ passt perfekt.«
    »Und wenn der wächst?«
    »Tut er nicht mehr. Die Phase ist durch.«
    »Aber sage ich dann Ewas Kleiner oder auch mein Kleiner oder nur Kleiner, wenn ich dem morgens das Futter in den Napf schütte?«
    Mit einem Mal wurde Ewa blass. »Hei-heißt das, du-du willst …«
    »Logisch. Dein Kleiner gehört doch zu dir, somit jetzt zu uns. Bei meiner Wohnung, also bei unserer Wohnung, da ist gleich dieser Park. Der gefällt ihm sicher, jede Wette. Voll viele alte Bäume zum Beschnüffeln und Anbellen und Gegenpinkeln und …«
    »Verfluchte Scheiße!« Stürmisch schlang Ewa die Arme um sie.
    Jule rang nach Atem, so fest war das Gedrücke. Ihre Brille beschlug und ihre Sprache war ohnehin futsch, weil sich einfach alles so überwältigend anfühlte. Wie sich Ewas Kopf an ihren Hals schmiegte, ihr herrlicher Meer-Duft, ihre Nähe, ihre Wärme, so beruhigend, so vertraut, so feucht und … oh.
    »Süße, hey …« Besorgt sah Jule ihre Freundin an, die sich kullernden Tränen von den Wangen wischte. »Wieso weinst du denn?«
    »Jule …«, kam schniefend zurück. »Ich … liebe dich.«
    »So schlimm?«
    »Schlimmer.«
    »Heißt das – Deal, wir ziehen zusammen? Und du findest es okay, wenn wir deinen Kleinen, äh, unseren Kleinen mitnehmen?«
    »Jule, wenn du wüsstest, wie viel … es mir … bedeutet, ihn wieder … bei mir … bei uns … wir …«
    »Ssscht, Süße. Ich weiß«, flüsterte Jule und schloss den stammelnden Zwerg beschützend in die Arme.
    Dämme brachen und es war gut. Ewa schluchzte sich eine alte Last von der Seele, während Jule dabei sanft ihren Rücken streichelte, sie hielt und sie gewähren ließ, so lange, bis auch die letzte unterdrückte Tęsknota-Träne geweint war.
    Ewa putzte sich die Nase, Jule polierte sich die Brille.
    »Du meinst wirklich, das funktioniert, Jule? Ein Hund …«
    »Ist kein Stofftier, sondern ein Lebewesen, für das man die Verantwortung trägt, rund um die Uhr. O-Ton meiner Mutter.

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