Violett ist nicht das Ende
und kein Fall von Wir-entern-das-Bad-und-gucken-was-unsere-Neulesben-so-treiben. Wie schön.
Keuchend hing Jule an ihrer bebenden Liebsten. »Hei-heißt das, falscher A-Alarm, Süße?«
»Jule …«, kam kaum verständlich zurück.
»Scheiße, ey, entweder hab ich Schaum im Ohr oder Hallus oder Verfolgungswahn, aber ich dachte wirklich, das wäre deine Mutter mit dem Kleinen und …«
»Jule«, flüsterte Ewa, während draußen das nächste Liedchen angestimmt wurde.
»Boah, ne, die spinnen doch. Komplett! Wir …«
»Jule …«
»Äh … ja?« Sie hob den Kopf.
»Halt mich, bitte.«
Ein aufgewühltes Flehen lag in Ewas Stimme. Jule zog ihre Süße sofort an sich heran und bettete deren glühende Wange an ihren Hals. Behutsam streichelte sie Ewa über den Kopf, die nassen Fransen, küsste zärtlich ihre Stirn. In welchen Sphären Ewa auch immer hing, jetzt, in diesem Moment, mit geschlossenen Augen – die Erde hatte sie noch nicht wieder. Ewas Atem ging schwer. Ihr Herz wummerte. Jule schloss ihren Zwerg noch enger in die beruhigende Umarmung. So lange, bis sich auch das letzte Lustwölkchen verflüchtigt hatte und sie beide zur Ruhe kamen.
Tja. Eine lüsterne Aktion, ein erotischer Höhenflug mit vorzeitigem Absturz. War es ein Fehler gewesen? Konnte sie Ewa das fragen? In Anbetracht der verkackten Sex-Situation, wie bewerten wir das Ganze nun sinnvoll, Frau Bogacz?
Himmel, nein, das konnte sie nicht bringen. Nur: Was war die Alternative? So tun, als wäre nichts gewesen, wäre auch irgendwie unsexy. Mühsam räusperte sich Jule, holte Luft, nahm geistig Anlauf und … schubste die rote Quietsche-Ente ins Wasser und griff sich einen Teletubby. »Meinst du, das Shampoo ist hier drin, in dem grünen? Oder eher im gelben? In diesem … boah, wie heißen die pummeligen Antennen-Viecher, weißt du das? Einer war schwul, oder war das ein Gerücht? Dieser Tinki-Blinki oder Winki-Stinki oder …«
»Jule …«
»Wie dem auch sei.« Sie atmete laut aus. »Bei der Tucke tippe ich auf lila. Wobei, der grüne hier mit seiner geraden Antenne, der wirkt auch verdammt versaut, findest du nicht? Ach egal. Mir total wumpe, welcher der vier Eierköpfe im Strampelanzug da mit wem in den Hügeln vö-öh, Versteck spielt. Gut, Alicja kennt sich bestimmt besser aus und …«
»Jule … hey.« Ewa nahm ihr den Shampoospender ab und schloss Jules Gesicht in beide Hände. »Was ist denn los?«
»Ewa, ich …« Sie schielte hinüber zu Tom und Jerry.
»Jule, es ist alles in Ordnung.«
»Si-Sicher?«
»Sicher.«
»Ich meine nur …« Jule suchte nach Worten. »Vielleicht bereust du’s. War ja irgendwie wieder nichts, obwohl es mega war. Aber als erstes Mal sollte es nicht zählen. Also natürlich zählt es, weil alles zählt mit dir, nur eben nicht so richtig. Mit einem Kerl würde das BRAVO-mäßig unter Petting fallen, doch unter Frauen ist Fummeln eventuell schon Sex. Warum auch nicht? Es war geil, irre geil, aber letztendlich hattest du ja keinen Or… Oh. Oder doch? Ne, Quatsch, das hätte ich bemerkt, glaub ich, und wenn du deshalb enttäuscht bist, könnte ich das verstehen, und wenn du erst einmal die Schnauze voll hast von allem, von mir und … humpf.« Ewas Lippen legten sich auf ihre.
Noch Fragen? Ne Menge, aber akut – äh, nein. Ewas gefühlvoller Kuss drängte alle Schweitzer’schen Bedenken nach hinten. Und als der Zwerg sie dann noch mit einem herrlich schiefen, bezaubernden Hundeblick anguckte und bis über beide Ohren grinste – tja, was konnte man dazu noch sagen? Außer …
»Ewa …«
»Jule …«
»Ich …«
»Du …«
»Wir …«
»Ssscht …« Und wieder ein phänomenaler Ewa-Kuss.
Wenn Worte Grenzen hatten, so wie jetzt, wenn etwas geschehen war, das schön war und trotz Teelichter nicht perfekt, keine Premiere und doch ein Highlight, das in keine Schublade passte und eigentlich überhaupt in gar keine sollte – was konnte frau da tun?
Noch ne Runde knutschen, klar und …
Ein Lächeln schlich sich in Jules Mundwinkel, als sie Ewas Summen identifizierte, dann ihr leises Pfeifen. Jule stimmte mit ein und strahlte ihre Süße erleichtert an, die ihr nun einen Klecks Shampoo ins Haar klatschte und in ihrer Mähne wuschelte.
Jule tat es ihr gleich, und schließlich gab es kein Halten mehr. Sie schmetterten los, vereinten ihre Stimmen zu einem wundervollen Ganzen, veredelt von der bezaubernden Badezimmer-Akustik. Angefixt genoss Jule jeden einzelnen Ton, fühlte jede Silbe und die
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